Schweine in ökologischer Haltung

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

"Man muss ein Schwein sein auf dieser Welt" – ein Lied von den Prinzen, aus meiner Sicht schon Urzeiten her. Vermutlich meinten sie damit aber keineswegs die Tiere, die in unserem Leben oft nur als Schnitzel oder Braten vorkommen. Ein Leben, das vornehmlich aus "Dickwerden" – auch Mästen genannt – besteht und letztlich im Schlachthof endet – erscheint nicht besonders erfüllt. Auch die Haltungsbedingungen geraten oft in die Kritik. Und außerdem: welchen Tieren geht es denn nun besser? Denen aus ökologischer Haltung oder denen aus konventioneller Haltung? Und ist der augenscheinlich logisch wirkende Punkt richtig, dass traditionelle Haustier-Rassen für eine Ökohaltung besser geeignet sind als jene, die für die konventionelle Haltung optimiert wurden?

Ökologische Schweinehaltung unterscheidet sich sehr in den verschiedenen Ländern Europas und hängt teilweise stark von den Bedingungen ab, unter denen ihre Artgenossen der konventionellen Haltung gezüchtet werden. So leben Schweine in Spanien in so genannten Dehesa-Systemen. Dehesa ist die spanische Bezeichnung für bewaldete Eichenhaine, die vor allem im Südwesten Spaniens ausgedehnte Flächen einnehmen. Ähnlich ist es in England, wo sich die Außenanlagen recht leicht an die Normen ökologischer Haltung anpassen ließen. In anderen Teilen West-Europas und Skandinaviens werden dagegen vermehrt intensive Haltungssysteme für den ökologischen Betrieb umgewandelt und verwendet. In Deutschland werden Schweine überwiegend in Ställen innerhalb einzelner Boxen gehalten mit der Möglichkeit einen Hof oder eine Weide als Auslauf zu nutzen. Dagegen ist schwedischen Schlachtschweinen aus ökologischer Haltung – vermutlich ähnlich wie in Spanien – ein permanentes Leben unter freiem Himmel vergönnt.

Aber welche Bedingungen müssen denn für die ökologische Haltung erfüllt sein?

Vorraussetzungen ökologischer Schweinehaltung

Der erste Punkt wird vermutlich niemanden wirklich überraschen: ein Außengehege ist notwendig. Außerdem Ferkel dürfen frühestens im Alter von 40 Tagen von ihrer Mutter getrennt werden. Das spätere Entwöhnungsalter hat den Vorteil, dass ernährungsbedingte Probleme vermieden werden können. Daneben muss zu jeder Zeit Raufutter zur Verfügung stehen. Das Hinzufügen synthetischer Aminosäuren ist dabei allerdings verboten.

Probleme in der ökologischen Schweinehaltung

Interessanterweise führt ausgerechnet eine Kombination aus den in der ökologischen Haltung verbotenen Spaltböden, den Außenbereichen und Beschränkungen bei der prophilaktischen Verwendung von Medikamenten gegen Parasiten zu einem Anstieg parasitärer Erkrankungen. Auch die Leber der Öko-Schweine war häufiger erkrankt als die der Tiere aus konventioneller Haltung. Im Kontrast dazu tritt Isospora suis – ein intrazellulärer Parasit, der bei Ferkeln aus konventioneller Haltung in der ersten Lebenswoche zu gefährlichen Durchfällen führen kann – in ökologischer Haltung seltener auf. 

Welche Bedeutung haben diese Ergebnisse für die ökologische Haltung?

Natürlich bedeutet das nicht, dass Tierhaltung unter ökologischen Gesichtspunkten Unsinn oder gar Tierquälerei ist und dass man deshalb voll und ganz bei der konventionellen Haltung bleiben sollte. Vor- und Nachteile gibt es immer. Vielmehr besteht die Herausforderung darin, die vorhandenen Probleme weiterhin zu erforschen und an Lösungen zu arbeiten. Als ich Professor Sundrum per Mail fragte, ob er mir vielleicht weitergehendes Material zu dieser Thematik zusenden könnte, betonte er in der Antwort-Mail, dass die in der ökologischen Haltung vorhandenen Probleme keineswegs mit der Verwendung ungeeigneter Rassen – also jenen Rassen, die für die konventionelle Haltung und Mast optimiert wurden – zusammenhinge. Zitat aus der Mail:

An den Variationsursachen für die Entstehung von Faktoren-Krankheiten ist die Genetik nur mit etwa 3 bis 5% beteiligt. In Einzelfällen können es auch 8% sein.

Mit dieser Ansicht ist er übrigens keineswegs alleine. Aber dazu demnächst mehr…

Was es bedeutet, die vorhandenen Probleme zu lösen und was man unter Faktorenkrankheiten versteht, das hatte ich schon mal in einem Artikel zum Thema erläutert. 

Noch ein kleiner Zusatz: Den ursprünglichen Anstoß für diese etwas ausführlichere Behandlung dieses Themas war ein Artikel in einer Print-Ausgabe SPIEGEL Wissen Ausgabe 3/2009, Seite 76.

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

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