Ökologische Tierhaltung doch nicht besser? (Update)

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Dieser Artikel ist eine Einleitung zu weiteren Artikeln zu diesem Thema

So, nun will auch ich mal das Jahr 2010 als Blogger begrüßen. Dabei beschäftigt mich das Thema dieses Artikels schon seit 2009. Irgendwie kennt sie jeder. Schließlich kann man sie im Supermarkt kaum übersehen. Ich spreche von Öko- oder Bio-Produkten. Es gibt sie pflanzlich in Form von Obst und Gemüse oder tierisch als saftiges Steak zum Beispiel. Was bei Pflanzen eher weniger ins Gewicht fällt, spielt bei Fleisch für einige Verbraucher eine wichtige Rolle: die Art und Weise, wie die Tiere behandelt wurden, bevor sie in Form von Fleischhappen in den Küchen des Landes zubereitet werden. Dabei scheint die Sache ziemlich klar: den Tieren aus ökologischer Haltung geht es besser als denen aus konventioneller Haltung. Mit dem Adjektiv "besser" assoziiert der Verbraucher dabei eine dem jeweiligen Tier entsprechend artgerechtere Haltung und eine bessere Behandlung – oder einfach gesündere Tiere – und ist auch bereit, mehr Geld für das Fleisch ökologisch gehaltener Tiere zu bezahlen. Soweit alles klar. Noch. Vor einigen Wochen erfuhr ich dann bei der Lektüre eines Magazins, dass das alles gar nicht so einfach ist. Ökologisch gehaltene Tiere sind gar nicht unbedingt gesünder als konventionell gehaltene Artgenossen. Also habe ich den für diese bestimmte Studie verantwortlichen Wissenschaftler Prof. Dr. Albert Sundrum (Agrarprofessor an der Universität Kassel) gebeten, er möge mir doch bitte etwas Material zusenden. Das hat er dann auch so reichlich getan, dass ich das alles gar nicht in einen Artikel bekomme, weshalb ich hier erstmal den Rahmen zu erläutern versuche.

Wann geht es einem Tier gut? Was bedeutet das?

Auf den ersten Blick erscheint es doch ziemlich einfach, wenn es darum geht, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit es den Tieren gut geht und sie sich wohlfühlen. Die Wissenschaft, die sich mit dieser Problematik beschäftigt, nennt sich Animal Welfare Science, sozusagen die Wissenschaft über das Wohlergehen der Tiere. Fachleute aus Fachgebieten wie den Agrarwissenschaften, der Veterinärmedizin oder auch Juristen versuchen unter dem genannten Oberbegriff nun herauszufinden, welche Bedingungen herrschen sollten, um das Wohlergehen der Tiere zu gewährleisten. Leider gibt es da keine wirklich einheitlichen Standards. Aber was bedeutet es denn nun, wenn ein Tier sich nicht wohlfühlt oder gar krank ist?

Fakorenkrankheiten sind schuld

In einem Vortrag zu diesem Thema formulierte Professor Sundrum es so, dass den Tieren in einem landwirtschaftlichen Betrieb ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit abverlangt werde. So sei davon auszugehen, dass Hochleistungstiere höhere Anforderungen an ihre Umweltgestaltung (Stall, Wiese), Nährstoffversorgung (Art der Futtermittel) und Betreuung stellen als Tiere mit geringeren Leistungen – wie zum Beispiel alte Haustierrassen. Reagieren die Nutztiere auf diese Lebensbedingungen nun mit Gesundheitsstörungen, so ist deute dies auf eine Überforderung des Organimus bezüglich seiner Anpassungsfähigkeit hin. Und damit kommen wir auch schon zum – nach Professor Sundrum – Hauptproblem in den Nutztierbeständen: den Faktorenkrankheiten. Darunter versteht man Erkrankungen, die durch das Zusammenspiel von Faktoren entstehen, wobei diese Faktoren für sich allein zu keiner Erkrankung führen. Demnach kann man die Faktorenkrankheiten nur durch ein umfassendes Gesundheitsmanagement verringern.

Schwachstellen im Gesundheits- und Betriebsmanagement

Das wiederum verlangt nach Kenntnissen,wo in einem Betrieb Schwachstellen sein könnten. Da wäre zum Beispiel das Problem, dass es keine klare Definition gibt, ab wann ein Tier im Betrieb als krank bzw. gesund gilt. Desweiteren gibt es keinen Referenzbereich, der vorgibt, wann eine Erkrankungsrate im Bestand noch tolerabel ist bzw. schon als inakzeptabel gilt. Ein weiteres Problem nach Meinung Professor Sundrums ist die Behandlung kranker Tiere. So werden diese oft durch den Landwirt behandelt, obwohl eine Erstbehandlung durch einen Tierarzt vorgeschrieben sei. Ebenfalls nicht zu unterschätzen seien Gesundheitsstörungen und damit einhergehende wirtschaftliche Einbußen. Häufig werde der betriebswirtschaftliche Nutzen weiterer Leistungssteigerungen höher eingeschätzt als die möglichen wirtschaftlichen Einbußen durch eben genannte Gesundheitstörungen.

Das sind einige Beispiele, wo man das Betriebsmanagement optimieren könnte und damit insgesamt der Idee des "Animal Health and Welfare" ein ganzes Stück näher käme.

Das (noch) vorhandene Vertrauen der Verbraucher muss erhalten bleiben

Und das ist auch bitternötig. Schließlich sind Produkte aus ökologischer Landwirtschaft nunmal teurer als die konventionelle Konkurrenz und werden "nur" deshalb gekauft, weil die Konsumenten sichergehen wollen, dass es dem Tier, dessen Fleisch sie essen, zuvor besser ging, auch wenn sie vielleicht nicht genau definieren können was das heißt. Sollte sich aber die Erkenntnis durchsetzen, dass "Öko" nicht zwingend besser ist, wäre damit auch die Bereitschaft zum Bezahlen eines höheren Preises seitens der Kunden dahin.

Wie könnte man das Vertrauen der Konsumenten erhalten? Professor Sundrum schlägt einen neuen Ansatz vor: weg von Richtlinien und Kenngrößen, hin zu einem Ansatz, der sich am Output orientiert.

Das genügt erstmal für diesen Artikel. Einzelne Studien und neue wissenschaftliche Erkenntnisse werde ich dann folgenden Beiträgen behandeln. Wer sich von sich aus mal ein bisschen über aktuellen Stand der Forschung im Bereich der ökologischen Landwirtschaft informieren möchte, kann das gerne unter www.orgprints.org tun.

 

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

12 Kommentare

  1. WTF?

    Ja, wieder einmal ein wahrhaft Wissenslogs-würdiger Beitrag von unserem vom Hai Gebissenen: Erst suggeriert er in der Überschrift, Tieren in der ökologischen Landwirtschaft ginge es nicht besser als Tieren in der konventionellen Landwirtschaft. Dann schreibt er einen Beitrag, in dem auf diese Behauptung nicht weiter eingegangen wird und dessen Kernaussage darin besteht, dass es schwer sei, zu definieren, wann ein Tier gesund sei. Warum das schwer sein soll und warum sich daraus schließen lässt, dass es artgerecht gehaltenen Tieren auch nicht besser geht als denen in Massentierhaltung, bleibt Geheimnis des Autors, der zum Abschluss — wie so häufig — verspricht, in zukünftigen Beiträgen dann aber wirklich zu erläutern, worauf er eigentlich hinaus will.

  2. Titel tatsächlich äußerst fragwürdig

    Ich muss mich anschliessen: Ich finde es auch äußerst fragwürdig einen “reißerischen” Titel zu wählen, der offenbar ausschliesslich dient Hits zu generieren und dann im Artikel nichts annähernd dem Titel angemessenes zu publizieren.

    Dieser Stil hat aus meiner Sicht in einem Wissenschaftsblog absolut nichts zu suchen!

  3. Natürlich hätte ich diesen Erläuterungen noch en Detail auf die dazu daurchgeführten Studien eingehen können. Dann wäre der Artikel aber schlicht zu lang geworden und kaum jemand hätte ihn gelesen. Dass zu lange Blogartikel nicht mehr gelesen werden, ist wohl ein Blogger-Schicksal, aber leider eine Tatsache.

    Was die Kommentare angeht, zitiere ich mich mal selbst:

    “Also habe ich den für diese bestimmte Studie verantwortlichen Wissenschaftler Prof. Dr. Albert Sundrum (Agrarprofessor an der Universität Kassel) gebeten, er möge mir doch bitte etwas Material zusenden. Das hat er dann auch so reichlich getan, dass ich das alles gar nicht in einen Artikel bekomme, weshalb ich hier erstmal den Rahmen zu erläutern versuche.”

  4. Ja, ja…

    Genau, und wenn der Autor dafür kritisiert wird, dass sein Beitrag schlicht nicht das einlöst, was die Überschrift behauptet, dann beruft er sich darauf, dass er nicht genug Platz hatte, um den Zusammenhang zwischen Überschrift und Beitrag deutlich zu machen — lange Blogbeiträge würden ja bekanntermaßen nicht gelesen. Auch diese Begründung liefert er nicht zum ersten Mal.

    Kleiner Tipp: Schlecht recherchierte und unklar formulierte Blogbeiträge werden auch nicht gelesen, schädigen aber die Marke des Blogportals, in dem sie erscheinen…

  5. Parallelen zur Zootierhaltung

    @Syd Mounep, Alexander Schatten: Ich würde einfach mal abwarten, bis die folgenden Posts zu dem Thema online sind. Wenn die nicht kommen, das wäre ein Grund zum Meckern. Aber sowas hier aufziehen, weil einem der Titel nicht gefällt? Bitte.
    @Sören: Schreib doch ein “Teil 1” ans Ende deines Titels, dann läuft die Kritik ins Leere 😉

    Aber jetzt mal was zum eigentlichen Post: Diese schwamminge Konsumentenhaltung, das Fleisch von Tieren zu kaufen, die _ihrer Meinung nach_ besser gehalten werden, erinnert mich an die heutige Situation in Zoos. Moderne Gehege werden auch nicht in erster Linie nach vollkommen artgerechten Gesichtspunkten angelegt, sondern nach solchen, die Zoobesucher für artgerecht halten. Sprich: Ein Zoogehege ist dann “artgerecht”, wenn sich möglichst wenig Besucher über die Bedingungen beschweren – ohne im Allgemeinen zu wissen, ob das Gehege wirklich den Lebensbedingungen der Tierart gerecht wird.

  6. Geld als Parallele

    Lieber Alexander,

    was die Zootierhaltung angeht, hatte mir der Direktor des Dortmunder Tierparks mal das sogenannte Zoo-Dreieck erläutert. Wie ein Gehege gebaut bzw. gestaltet wird, hängt von drei Faktoren ab, die miteinander korrespondieren müssen: Bedürfnisse der Tiere, Wünsche der Besucher und die Pflege/Instandhaltung des Geheges. All das muss zusammenpassen. Seit dem Auftauchen der Zoo-Soaps passiert auf diesem Gebiet aber einiges. Eine – sehr wichtige – Parallele dürfte der Geldfaktor sein, denn allzu viel davob haben weder die Höfe noch die Zoos.

  7. 4 Normen

    Es könnte ratsam sein die 4 SEHR verschiedenen
    Haltungsnormen , nämlich
    normale Tierhaltungsnormen
    EU-Biorichtlinien
    Bioland-Normen
    Demeter-Normen
    miteinander zu vergleichen , und daran den Unterschied zu erkennen .
    Außerdem ergeben sich über die jeweiligen Produktqualitäten und Lebensumstände der Tiere hinaus , auch noch verschiedene Auswirkungen auf die Umwelt , und somit spätestens mittel- oder lang-fristig ,
    auf die eigene Gesundheit !

  8. Nette Anregung

    Lieber Herr Jung,

    Danke für Ihren Kommentar, aber lassen Sie mich bitte erst noch in den nächsten Tagen auf die angekündigte Studie eingehen. Dann schauen wir mal, wohin die Reise hier zukünftig geht.
    Eine nette Anregung ist es allemal!
    Gruß
    Sören Schewe

  9. Hallo Klaus,

    nein, erledigt hat sich die Diskussion nicht, allerdings ist der letzte verlinkte Artikel von 2005. Lange her – und ich bin zuletzt nicht mehr dazu gekommen, mich dem Thema anzunehmen…

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