Wir sind Englisch

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Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus
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Deutschland darf wieder mal harmlos und hysterisch stolz auf sich sein. Wir sind nicht nur Papst, wir sind jetzt auch Lena — dem Wunder von Oslo sei Dank.

Eigentlich könnte mir das egal sein. Als ich das letzte Mal den Eurovision Song Contest gesehen habe, hieß er noch Grand Prix d’Eurovision, und Katrina and the Waves waren vorhersehbare Sieger. Ich will gar nicht wissen, wann das war, ich merke dann nur wieder, dass ich alt werde. Und Lena Meyer-Landrut geht mir mit ihrer penetranten Ich-bin-nur-ein-neunzehnjähriges-Schulmädchen-aus-Hannover-und-singe-sonst-nur-unter-der-Dusche-Nummer etwas auf die Nerven.

Andererseits ist sie natürlich nur ein neunzehnjähriges Schulmädchen aus Hannover und singt sonst nur unter der Dusche, also kann man es ihr irgendwie nachsehen. Und vor allem hat sie es nicht verdient, wegen ihres englischen Akzents so angefeindet zu werden, wie es der britische Journalist Mark Espiner auf Spiegel Online getan hat:

Ganz im Gegensatz zu ihren eingefleischten Fans, die behaupten, ihr Akzent sei brillant, muss ich allerdings sagen: Lenas Englisch klingt wirklich, wirklich seltsam. Ihre Versuche, die von ihren Helden Adele und Amy Winehouse geliebte Straßensprache Londons zu übernehmen (die selbst wiederum ein Hybrid aus US-Slang, jamaikanischer Gangstersprache und dem Dialekt des East End ist), enden damit, dass sie sich anhört wie ein schwedischer Sprachtherapeut, der Ali G. imitiert.

Lenas Akzent ist kein Mockney, also vorgetäuschter Londoner Arbeiterklassen-Cockney, den man zum Beispiel dem Blur-Sänger Damon Albarn vorgeworfen hat. Noch ist es das voll ausgeprägte „Jafakean“, das künstliche Jamaikanisch, das man oft als den bevorzugten Slang jener Schüler, die gern so klingen wollen, als kämen sie von der Straße, auf den Oberdecks der Londoner Busse hört.

Lena bedient sich in ihrem Sprachmix bei beidem und fügt einen Schuss seltsamer Euromischung hinzu, vermutlich etwas von ihrem Hannoverdeutsch, und etwas, das sich anhört wie Skandinavisch. Das Skandinavische immerhin könnte ein ausgeklügelter Plan sein, um die Osloer Massen für sich zu gewinnen. [SPIEGL ONLINE/Espiner 2010]

Lassen wir mal Espiners merkwürdig verdrehte Charakterisierung der „Straßensprache Londons“ beiseite. Die wäre einen eigenen Beitrag wert, aber den müsste jemand schreiben, der sich besser damit auskennt. Fragen wir uns lieber, was Espiner überhaupt dazu berechtigt, Expertenurteile über Meyer-Landruts Aussprache abzugeben und dabei völlig ohne Not schwedische Sprachtherapeuten und Jugendliche auf den Oberdecks von Londoner Bussen ins Spiel zu bringen.

Ist er Sprachwissenschaftler, Sprachtherapeut, Sprachtrainer, Sprachlehrer, oder beschäftigt er sich sonst irgendwie professionell mit Sprache?

Nein. Er ist „freier Kulturjournalist“, erfährt man aus der Kurzbiografie auf Spiegel online.

Hat er sich denn als Kulturjournalist ausführlich mit Sprache beschäftigt?

Nein. Er schreibt hauptsächlich über Theater und über das Leben eines über Theater schreibenden britischen Journalisten in Berlin.

Ja, woher kommt denn dann seine sprachliche Expertise?

Ach ja, natürlich, er ist ja Engländer, und Englisch gehört schließlich den Engländern, wie er gleich zu beginn seines Artikels klarstellt:

Seit Abba mit „Waterloo“ triumphierte (und das mit einem fast perfekten Akzent), herrscht allerorts der feste Glaube, dass den Song Contest nur gewinnen kann, wer die Sprache ausgerechnet jenes Landes annimmt, in dem man sich standhaft weigert, jemals eine andere Sprache zu sprechen als Englisch. Vielleicht hilft das ja zu erklären, warum Lena das Herz der Deutschen erobert hat, obwohl sie doch in meiner Muttersprache singt. [SPIEGEL ONLINE/Espiner 2010]

Mit einem „fast perfekten Akzent“ meint er natürlich einen englischen Akzent, mit „jenes Landes, das…“ meint er natürlich England, und mit „meine Muttersprache“ meint er natürlich, dass nur Engländer „richtiges“ Englisch sprechen (und zwar wirklich nur Engländer — schon der Dialekt der Nachbarinsel ist für ihn nicht mehr ernstzunehmen, wie ein unmotivierter Seitenhieb gegen „das irische Geträller der Cranberries-Sängerin Dolores O’Riordan“ später im Artikel zeigt).

Aber so plausibel das möglicherweise auf den ersten Blick wirken mag — schließlich kommt das Englische doch aus England, oder? — so absurd ist es bei näherem Nachdenken.

Denn Englisch ist längst nicht mehr die Sprache der Engländer.

Schon, wenn man nur die Sprachgemeinschaften in Betracht zieht, in denen Englisch von der Mehrheit der Sprecher von Geburt an und als einzige Sprache gelernt wird — der indische Sprachwissenschaftler Braj Kachru bezeichnet diese in seinem Modell des Englischen als „inneren Kreis“ –, zeigt sich eine fantastische Vielfalt: England, Wales, Schottland, Irland, die Ostküste der USA, die Südstaaten, die Westküste der USA, Australien, Neuseeland, Malta, Kanada, Südafrika und Teile der Karibik, alle haben sie aus verschieden historischen Sprachstufen des Englischen heraus ihre eigenen Standardvarietäten entwickelt, ganz zu schweigen von Dutzenden von regionalen und lokalen Dialekten. Alle diese Varietäten haben ganz reguläre Sprachwandelprozesse durchlaufen, und alle sind mit anderen Sprachen in Kontakt gekommen und haben sich mit diesen vermischt. Das „englische“ Englisch ist nicht ursprünglicher, reiner oder sonst irgendwie „echter“ als irgendeine andere dieser Varietäten.

Um diesen „inneren Kreis“ liegt, wiederum in Kachrus Worten, ein „äußerer Kreis“, der jene Sprachgemeinschaften umfasst, in denen Englisch zwar nicht alleiniges, aber trotzdem weit verbreitetes und historisch gewachsenes Kommunikationsmedium ist — etwa in Indien, Pakistan, Bangladesch, Malaysia, den Philippinen, Tanzania und Kenia. Das Englische ist dort allgegenwärtig und so haben sich auch dort stabile Varietäten des Englischen herausgebildet, die sich von denen des „inneren Kreises“ im Großen und Ganzen nur dadurch unterscheiden, dass sie deutlichere Zeichen ihres fortwährenden Kontakts mit den anderen Sprachen der jeweiligen Regionen tragen. Aber keine dieser Varietäten unterscheidet sich so stark vom britischen Englisch, wie das heutige britische Englisch sich vom britischen Englisch von vor der normannischen Eroberung unterscheidet. Vor allem sind alle diese Varietäten „echt“, sie werden von echten Menschen zu echten kommunikativen Zwecken verwendet.

Ein solches Kreismodell ließe sich auch für andere Sprachen erstellen. Auch das Französische und das Spanische, um nur zwei offensichtliche Beispiele zu nennen, haben sich weit über ihr ursprüngliches Sprachgebiet ausgedehnt und eine Vielzahl an Varietäten hervorgebracht, unter denen man eine „echte“ nicht mehr identifizieren kann. Die Situation des Englischen ist aber noch komplizierter: Da es internationale Verkehrssprache ist, liegt um Kachrus „äußeren Kreis“ noch ein „erweiterter (oder sich erweiternder) Kreis“ von Ländern, in denen Englisch zwar eine untergeordnete Rolle spielt, aber aus dem Alltag nicht mehr ohne weiteres wegzudenken ist — dazu gehört inzwischen fast die ganze Welt, auf jeden Fall aber Deutschland, wo Englisch verpflichtender Teil aller Lehrpläne ist und eine wichtige Rolle in der Wirtschaft, der Forschung und der universitären Lehre spielt.

Auch in den Ländern des erweiterten Kreises bilden sich natürlich eigene Varietäten heraus, die durch Eigenschaften der jeweils dominanten Sprachen geprägt sind. Im deutschen Englisch werden die Vokale im Vergleich zu britischen oder amerikanischen Varietäten weiter oben im Vokalraum artikuliert (aus [æ] wird [e], aus [ɒ] wird [ɔ], aus [ɔ] wird [o], usw.), und stimmhafte Konsonanten am Wortende werden stimmlos ausgesprochen. Wenn man sehr genau hinhört, findet man bei Meyer-Landrut Spuren davon (aroun[t] statt aroun[d], lo[f] statt lo[v]e, f[o]ll out into the night statt f[ɔ]ll out…, c[e]n’t go a minute without your love statt c[æ]n’t go…). Aber man muss schon sehr genau hinhören, denn tatsächlich ist Meyer-Landruts Englisch erstaunlich gut, nicht nur für eine neunzehnjährige Hannoveranerin unter der Dusche, sondern überhaupt.

Die für das deutsche Englisch typischen Aussprachevarianten gelten aber ohnehin nur deshalb als „falsch“, weil es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, der besagt, dass deutsches Englisch — anders als englisches, schottisches oder amerikanisches Englisch — keine „echte“ Varietät des Englischen ist und dass deutsche Englischsprecher sich deshalb an einer „echten“ Varietät orientieren sollen.

Das wirft natürlich die Frage auf, welche Varietät das sein sollte. Espiner kennt die Antwort: Natürlich darf es nur die Standardsprache Englands sein, so etwas wie „Oxford English“. Und an dieser Varietät orientiert sich Meyer-Landrut ja auch meistens, wobei es stimmt, dass sie ihre Vokale manchmal auch wie im Londoner Cockney ausspricht. Mit einer solchen Dialektmischung steht sie nicht alleine da. Meine eigene Aussprache ist eine Mischung aus einem relativ neutralen britischen Standardenglisch, dem amerikanischen Standardenglisch der US-Fernsehsender, dem texanischen Englisch und dem deutschen Englisch.

Ich würde mich ja um eine stimmige Aussprache bemühen, wenn mir ein gutes Vorbild einfallen würde. Aber wie gesagt, Englisch wird weltweit von konservativ geschätzten 700 Millionen Menschen im inneren und äußeren Kreis als Muttersprache oder früh erlernte und alltägliche Zweitsprache gesprochen. Warum sollten Meyer-Landrut, ich, oder andere deutsche Englischsprecher sich also auf eine bestimmte Varietät festlegen? Meine Dialektmischung reflektiert meine Sprachlernbiographie (Schulzeit in Deutschland und England, Studium in Deutschland und Texas), und Meyer-Landruts Dialektmischung wird eben ihre Sprachlernbiographie reflektieren.

Das muss Espiner (oder den Engländern allgemein) aus ästhetischer Sicht nicht gefallen, aber warum sollte uns das ästhetische Empfinden einer Sprachgemeinschaft interessieren, die nicht einmal zehn Prozent der englischen Muttersprachler repräsentiert? Espiner kann gerne Schatzmeister über die englische Sprache spielen, aber Ernst nehmen kann man ihn dabei nicht. Der britische Sprachwissenschaftler Henry Widdowson hat das in einem 1994 erschienenen Vortrag sehr schön gesagt:

Wie das Englische sich in der Welt entwickelt, geht Muttersprachler in England, den Vereinigten Staaten oder sonstwo absolut nichts an. Sie haben in dieser Angelegenheit kein Mitspracherecht, kein Recht, sich einzumischen oder Urteile abzugeben. Sie sind irrelevant. Die Tatsache, dass Englisch eine internationale Sprache ist, bedeutet, dass keine Nation das Sorgerecht über sie haben kann. Ein solches Sorgerecht zu gewähren würde bedeuten, die Entwicklung der Sprache anzuhalten und so ihre internationale Rolle zu untergraben. Muttersprachler schöpfen Stolz und Befriedigung aus der Tatsache, dass die englische Sprache ein internationales Kommunikationsmedium ist. Aber sie ist nun einmal nur insoweit international, wie sie nicht mehr „ihre“ Sprache ist. Sie ist kein Besitz, den sie an andere verpachten, über den sie aber das Eigentumsrecht behalten. Sie gehört tatsächlich anderen Menschen. [Widdowson 1994: 385, meine Übersetzung]

Die Redakteure des Guardian, die am Samstag Abend den Eurovision Song Contest live gebloggt haben, haben das verstanden und akzeptieren Meyer-Landrut Akzent als Teil des Gesamtkunstwerks. Ihr Kommentar zum Auftritt:

9.37pm: Germany now – my one remaining favourite song left in the competition. Lena, her name is, and you’ll be hard pushed to find anybody more endearing on the face of the planet right now. Look at her, bobbing around and mispronouncing words like a pocket-sized Bjork. She’s adorable. This probably isn’t the place to admit it, but I think I might love Lena a little bit. Or, to put it in a way she’ll understand, I ‘lawfe’ her [GUARDIAN.co.uk 2010].

 

Espiner, Mark (2010) Dialekt-Desaster Lena Meyer-Landrut. Unsere Westerwelle für Oslo. Spiegel Online, 18. Mai 2010 [Link]

Kachru, Braj (1985) Standards, codification and sociolinguistic realism. In: Randolph Quirk (Hg.), English in the World. Cambridge: Cambridge University Press, 11-34.

GUARDIAN.co.uk/Lusher, Tim, Stuart Heritage und Vicky Frost (2010) Eurovision 2010: Liveblogged. The Guardian Online, 29. Mai 2010 [Link]

Widdowson, H.G. (1994) The ownership of English. TESOL Quarterly 28.2, 377-389 [JSTOR].

© 2010, Anatol Stefanowitsch

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Nach Umwegen über Politologie und Volkswirtschaftslehre habe ich Englische Sprachwissenschaft und Sprachlehrforschung an der Universität Hamburg studiert und danach an der Rice University in Houston, Texas in Allgemeiner Sprachwissenschaft promoviert. Von 2002 bis 2010 war ich Professor für Englische Sprachwissenschaft an der Universität Bremen, im August 2010 habe ich einen Ruf auf eine Professur für anglistische Sprachwissenschaft an der Universität Hamburg angenommen. Mein wichtigstes Forschungsgebiet ist die korpuslinguistische Untersuchung der Grammatik des Englischen und Deutschen aus der Perspektive der Konstruktionsgrammatik.

49 Kommentare

  1. Machen wir uns nichts vor, die Engländer können auch kein Englisch! Ich verweise mal auf die Kollegen im Language Log, http://languagelog.ldc.upenn.edu/nll/?p=2338, die sich an einer sehr speziellen Variante des Yorkshire Dialekts versuchten. Und die stehen nicht alleine, ich empfehle jedem, David Peaces Red Riding Trilogie zu lesen oder die gar nicht üble Verfilmung zu sehen – und dann anzugeben [wie gut man das nämlich verstanden hat …].

    Ich vermute ohnehin, diejenigen, die sich über Fräulein Lenas Akzent lustig machen, suchen einfach nur einen angeblich triftigen Grund, warum sie doof zu finden ist. Caveat: Ich habe immer noch nicht mehr als die Anfangsakkorde gehört.

    PS: Ich stamme noch aus einer Zeit, als für Britisches Englisch ‘can’t’ mit langem ‘a’ gelehrt wurde, lautlich wie im deutschen ‘Made’.

  2. Ich hätte ihren Akzent eigentlich mehr in der schottisch-australischen Ecke verortet. Fand ich nach all dem amerikanisch-englisch in der Popmusik eigentlich ganz amüsant.

  3. Ich meine auch, dass Lena Spuren eines australischen Akzents hat (z.B. bei ‘day’), geht wohl in die Richtung Cockney; ab und an mischt sich m.E. auch noch ein wenig irischer Akzent drunter – so gesehen kann ich Gunnar recht geben. Nur weil sie nicht konsequent mit ‘deutschem’ Akzent spricht hat sie jetzt auch wieder n paar Leuten auf die Füße getreten (und die Kritik an ihrem Akzent kommt ja vor allem aus dem Inland).

    Ja, was denn nu? Oettingers deutschen Akzent mag man nicht, Lena triezt man jetzt auch? Wir sind doch eine seltsam schizophrene Gesellschaft.

  4. Immerhin wissen wir jetzt, dass es auch englische Sprachnörgler gibt und das keine rein deutsche Verhaltensweise ist.
    Obwohl es schon beunruhigend ist, wenn englische Sprachnörgeleien nun auch schon in deutschen Blättern publiziert werden, als wären die deutschen nicht genug.

  5. Aggsend und Dialeggd

    Des aam Böbbsche is doch e Hannoveranern, unn da hawwe se ja noch neddemol en deitsche Dialeggd odder Aggsend. Do musse hald gugge, wie se sich ihrn Zungeschlaach zsammestobbeld, weil wannsde heidzudaach nur so babbelsd, wie der de Schnawwel gewachse is, dann verdiensde dademit kaan Blummedibbe. Des muss schon “krossouwern”, damids eschd seksi werd’, aach fer die Linguisde, hawwe se was ze forsche. Je verboochener, desto besser.

    Des is wie wann klaane Kinner im Brabsch schbiele: Haubtsach es bleibt irschendwas babbe. “Aliquid semper haeret” hawwe die Laddeiner gesachd, wann frieher aans aan mid Brabsch geschmisse had. Heit schmeissd mer im Schoubiss mid saam Brabsch erum, ned damider an de annern babbd, sonnern weil mer so billisch an e “Alleinstellungsmerkmal” kimmd.

    “Alle singe “Yeah”, kaaner dud’s versteh’..” hadd mein Babba damals gesachd, als mer midde erschde Biedels-Bladde gekomme sinn…

    Ob misch des alles kradzd? Kaa bisje. Im Gääschedeil: des is’ die Rach’ von de Zwangsanglifizierte am Änglische. Wosse Glick, dass mir Hesse nie zuemme Weldreisch gekomme sinn!

  6. Endlich stellt es mal einer richtig. Mir glaubts ja keiner. Ihr letztes Zitat des Guardian Redakteurs, wurde in irgendeinem Artikel so dargestellt, dass die Engländer sich über sie lustig machen würden.

    Seit ich “Life on Mars” im Original gesehen habe und eine Staffel brauchte um zu verstehen, was die sagen, kann mir keiner mehr erzählen die Engländer würden nur Oxford Englisch reden.

    In Tübingen ist mir auch mal in Deutschland passiert, dass ich nichts verstanden habe. Soviel zum Thema falsche Aussprache. Der Herr Wicht spricht mir da ja aus dem Herzen 😉

  7. Ja, Espiner ist kaum auszuhalten, aber dass Meyer-Landruts Dialektmischung ihre Sprachlernbiographie reflektiert glaube ich nicht. Denn wenn sie Interviews gibt, spricht sie anders. Ich glaube, die Misch-Aussprache ist für das Gesamtkunstwerk “Satellit” einstudiert.

  8. An Armin: Boyes und andere beschreiben die Aussprache von “day” als australisch. Ich spreche aber auch estuary English – als ich in England lebte, war es noch nicht Mode – und wurde manchmal für eine Australieren gehalten. Es hängt damit zusammen, dass die Londoner “Verbrecher” nach Australien geschickt wurden.

  9. @Helmut Wicht

    Glückwunsch! Zwei komplette Absätze in durchgängig stimmigem Hessisch, das hab ich lang nirgends mehr gesehen. Obwohl: Bei uns würde man nicht “saan” sondern “sein” sagen.

  10. Sprachlernbiografie & Australische Days

    @MM

    Ohne jetzt gross Interviews mit ihr gehoert zu haben, das hoert sich fuer mich auch so an. Die Songs sind fuerr den Effekt einstudiert, die freie Sprache weniger. Fast so wie Kate Nash die auch anders spricht als sie singt.

    Fuer das “day” braucht man sich ja nur mal Billy Bragg mit “Saturday Boy”, vielleicht nicht ganz so stark, aber man kann es da auch schon raushoeren. Und viel Englischer als Billy Bragg geht’s ja kaum noch 😉

  11. @suz

    “Oettingers deutschen Akzent mag man nicht, Lena triezt man jetzt auch? Wir sind doch eine seltsam schizophrene Gesellschaft.”

    Oettinger schafft es immerhin, nicht mit deutschem Akzent, sondern mit deutschem Dialekt Englisch zu sprechen 😉 Mir gefällt’s!

    Lena hat sich natürlich längst selbst zu Wort gemeldet:
    http://www.youtube.com/watch?v=Btz9KlVJ0Ug

  12. Mir sind in Espiners Artikel eigentlich noch zwei Dinge augefallen, bei denen ich aber nicht weiß, ob ich sie richtig beobachtet habe, da ich ein Linguist bin, sondern eher seit einiger Zeit interessierter Mitleser.
    Das eine ist die Einführung einer Sprache mit der Bezeichnung “skandinavisch”, die mir noch unbekannt ist. Das andere ist, dass “Headbanger” keineswegs Leute sind, die unentwegt mit dem Kopf vor eine Wand rennen, auch wenn der Ausdruck einmal etwas Ähnliches bedeutet haben mag. Entweder hat Espiner hier den Bedeutungswandel nicht mitbekommen – was mich an Reich-Ranicky erinnern würde – oder er hat das bewußt unterschlagen.

  13. Bang my head (against the wall)

    Ahem, seit wann gibt es denn bei “bang my head (against the wall)” einen Bedeutungswandel? Und wo steht in dem Artikel etwas von einem “headbanger”?

  14. geht mir auch so

    Ich finde es ja immer lustig, wenn man zwanghaft versucht, einen bestimmten englischen Stil wie Irisch zu imitieren. Ich habe einen indischen Einschlag in mein Schulenglisch bekommen. Hauptsache ist, dass man überall verstanden wird.

  15. Interviews

    Interessanterweise hat sie in Interviews in der Tat eher einen deutsch/amerikanischen Akzent. Die britisch/pseudobritischen Einflüsse scheinen wirklich Teil des Gesamtkunstwerkes zu sein.

    Es ist mir allerdings schon häufig aufgefallen, dass Deutschmuttersprachler, die sich professionell mit Singen beschäftigen, dort einen deutlich “besseren”, oder im Sinne des Artikels: deutlich stärker an einer bestimmten Variante des Englischen, Akzent haben.

  16. Eine späte, aber dafür umso gelungenere Antwort auf den unsäglichen Espiner-Artikel, der mich nicht nur durch sein dummes Akzent-Bashing aufgeregt hat, sondern auch durch seine Unfokussiertheit. Irgendwann ging es nämlich überhaupt nicht mehr um Lenas Akzent, sondern um den Titel ihres Albums und einige Passagen ihrer Songtexte, und da wurde es nun wirklich albern. Als ob es dem Mädel vorzuwerfen wäre, dass Pop-Texte in aller Regel nichtig bis dämlich sind.

  17. Was denn nun?

    Da es kein Standardenglisch gibt, an dem man sich orientieren muss, und somit auch kein “richtiges” oder “falsches” Englisch, ist alles irgendwie richtig, und man braucht auch nicht mehr im Englischunterricht aufzupassen.

    Oder wie?

  18. Was Mark Espiner vielleicht meinte …

    Carsten aus Hannover:

    Interessanterweise hat sie in Interviews in der Tat eher einen deutsch/amerikanischen Akzent. Die britisch/pseudobritischen Einflüsse scheinen wirklich Teil des Gesamtkunstwerkes zu sein.

    amfenster:

    […]unsäglichen Espiner-Artikel, der mich nicht nur durch sein dummes Akzent-Bashing […]

    (Na, Sie schenken ja ganz schön ein …)

    Ich kann Mark Espiners Darstellung des wirklich, wirklich seltsamen Englisch” nachvollziehen. Es geht mir auch oft so, gerade wenn ich jüngeren Deutschen im Ausland zuhöre. Er hat Recht. Die klingen wirklich, wirklich seltsam.

    Deutsche sind ein Phänomen. Das wird jeder bestätigen, der mal in einer deutschen Volkshochschule einen Konversationskurs einer Fremdsprache belegt oder gar als ausländischer Sprachlehrer in Deutschland gearbeitet hat.

    Es ist in Deutschland sehr häufig, dass Leute, die noch nicht einmal einen einfachen fehlerfreien Satz in einer Fremdsprache sprechen oder gar zu Papier bringen können, sich gleich für den Konversationskurs einschreiben wollen. Auch deswegen mussten viele Volkshochschulen Einstufungstests einführen.

    Das ganz und gar entgegengesetzte japanische Phänomen ist hierzulande kaum denkbar: in Japan ist es eher so, dass Sprachschüler ihre Kenntnisse eher unter- als überschätzen. Hier aber wird munter drauflosgeplappert, und weil man’s ja kann – oder zu können meint – lässt man sich auch nichts mehr sagen.

    Da sind nun also diese jungen Deutschen im Ausland mit ihrem ganz im Gegensatz zu ihrer hohen Meinung von ihren eigenen Kenntnissen durchaus lückenhaften Wortschatz, ihren mangelhaften Kenntnissen der Grammatik und ihrem zum Schneiden dicken deutschen Akzent. Irgendwie merken sie am Ende dann doch selbst, dass es an allen Ecken und Enden hapert. Aber das wird flugs übertüncht: Mit übertriebener Verwendung aufgeschnappter, vermeintlich Coolness ausstrahlender Modewörter und vor allem mit einem dick aufgetragenen – meist MTV-amerikanischen – Drawl, den so bestimmt kein Muttersprachler pflegt und mit dem man vielleicht unter anderen Deutschen noch ob seiner vermeintlichen Sprachkenntnisse punkten kann – auf die lokalen Muttersprachler wirkt das dagegen wirklich, wirklich seltsam.

    Klar, man findet immer wieder Leute, die einem weismachen wollen, dass es ja gar kein “richtiges” oder “falsches” Englisch gibt und dass es deswegen auch keinen wirklichen Standard gibt, an dem man sich messen lassen könnten. Klingt gut, kommt gut an, ist aber leider nicht so. Es gibt auch im Deutschen Dialekte und Akzente und es ist auch im Deutschen schwierig, den Standard zu definieren. Aber man versuche mal, sich irgendwo mit einer vor Fehlern strotzenden Mappe zu bewerben, dann merkt man sehr schnell, dass – angeblich nicht existierender Richtigkeitsstandard hin oder her – man damit auf keinen grünen Zweig kommt.

    Liebe Leute, steht doch einfach zu eurem deutschen Akzent. So, wie die Franzosen auch zu ihrem französischen Akzent stehen und ihn sogar pflegen. Oder aber, ihr müsst wirklich hart an euch arbeiten, damit keiner mehr schon beim ersten Satz merkt, dass man aus Deutschland kommt. Das ist aber ein Heidenaufwand. Da ist es einfacher, man akzeptiert einfach seinen Akzent, so wie die Franzosen das tun, und versucht nicht, ihn mühsam zu kaschieren. Darauf fällt nämlich ohnehin keiner ‘rein.

  19. jetzt auch ich

    Da ich Samstag abend zwischen Fernseher, Abwasch, Wäscheaufhängen etc. hin- und hergependelt bin, habe ich ja dies und das mitbekommen. Und den Artikel von Espiner hab ich auch gelesen und nicht gemocht.

    1. Lenas Englisch
    Beim Interview fiel auch mir auf, dass ihr Sprechakzent ein anderer ist als ihr Singakzent. Letzteren fand ich ganz süß. Außerdem ist ihr Wortschatz nicht sooo riesig, was zum Teil sicher auf die Situation zu schieben ist. Aber nur zum Teil.

    2. Espiners Deutsch
    Zumindest in meinem Deutsch ist man in einer Sprache nur dann perfekt, wenn man keinen Akzent hat. Wenn Abbas Englisch denn so toll war, würde ich immer sagen, dass sie akzentfrei gesungen haben. Sie waren wohl auch ziemlich nahe dran.

    3. Mein Englisch
    Ist wie bei vielen anderen hier eine wilde Mischung aus Schulenglisch und dem, was man in der Popmusik hört, plus Input aus Ferienreisen, Studienzeit und Konferenzgetümmel. Mangels Exposition zu native speakers wird der deutsche Akzent in letzter Zeit auch wieder stärker.

    4. Espiners Englisch
    Der Arme scheint nicht zu verwinden, dass “God’s own English” selbst nur ein Kreol ist 😉

  20. Keinen Akzent…

    “Zumindest in meinem Deutsch ist man in einer Sprache nur dann perfekt, wenn man keinen Akzent hat.”

    Da fehlt ein Wort. Auslaendischen. Was auch immer das wo sein mag.

    Denn keinen Akzent kann man nicht haben. Jeder hat einen Akzent, auch Espiner wenn er Englisch spricht (wobei ich mir bei dem vorstellen kann dass er mit einem “Oxford English” Akzent spricht).

    Aehnlich wie in Deutschland kann man auch in England bei den meisten Leuten erkennen mindestens aus welcher groben Gegend sie kommen. West Country hoert sich anders an als London, Scouse, Geordie oder Yorkshire sowieso (wobei das teilweise dann schon in Dialekt uebergeht). Wenn man es dann noch auf Schottland, Wales und Irland (Republik und Nordirland) ausdehnt wird es noch mehr (wobei es da dann auch wieder Unterschiede gibt). Von den USA, Australien und anderen Englischsprachigen Laendern will ich gar nicht erst anfangen.

    Da ist dann die Frage welchen davon man als Auslaender annehmen kann und/oder will.

  21. Eigentlich nichts neues

    Ich hätte den Akzent spontan eher auf ein gefaktes Australisch einsortiert. Aber neu ist das alles nicht. Im Reggae tun doch alle möglichen Bands, gerade auch die Deutschen, so als wären sie frisch von Jamaika eingewandert. Da wird nicht mal mehr der Akzent nachgemacht sondern versucht, den ganzen Dialekt zu übernehmen. Interessant ist das allemal, Grund für Anfeindung sicher nicht. I an’ I say peace, man!

  22. Tom S. Fox

    O nein, bitte sagen Sie mir, dass Sie NICHT gerade das alte, abgedroschene “Wir sind Papst” exhumiert haben. Sie hinken der dem Rest der Menschheit wohl zwei Jahre hinterher?

  23. @A. Nonym Tom S. Fox

    Nein, hat er nicht. Die Presse hat das exhumiert, in dem sie die Schlagzeile “Wir sind Lena” erfunden hat. Hätten Sie rausfinden können, wenn Sie auf den Link geklickt hätten.

  24. Naja, Lenas Englisch-Fake finde ich stellenweise auch ziemlich strapaziös. Wenn man von den typischen Vokalunterschieden und der Auslautverhärtung, die keinen Unterschied zwischen bag und back macht, absieht, finde ich es einfach ein bisschen albern, sich seinen eigenen Akzent zusammenzubasteln.

    Es ist wahr, dass das Englische mittlerweile so heterogen ist, dass man nur schwer einen Standardakzent definieren kann, aber wenn man sich schon etwas absichtlich antrainiert, dann wenigstens etwas, das auch irgendwo gesprochen wird.

    Ihr Akzentkonstrukt ist teilweise schon hanebüchen und mischt wild australische (Diphthong in “day”), nordenglische (Vokal in “sad”, “bad”), südenglische (glottal stop in “night”), amerikanische (Diphthong in “go”), amerikanisch/australisch/teilweise britische (tap in “satellite”) miteinander. Es gibt keinen Muttersprachler des Englischen, der das so ausspricht.

  25. “Richtiges” Englisch?

    Sehr schöner Artikel, der genau die richtige Frage stellt: Was eigentlich ist “richtiges” Englisch?

    Dieses ganze Aufhängen an der – zugegebenermaßen komischen – Aussprache nervt sogar noch mehr als der Song “Sattelite” nach dem dritten mal anhören.

    Außerdem zeugt es auch von einer ziemlich arroganz gewisser Engländer, wenn ein/e Sänger/in aus dem Ausland aufgrund ihrer “falschen” Aussprache kritisiert wird.

    Jeder, der mal Amy MacDonald oder Shirley Manson in einem Interview gesehen hat wird deren starke schottische Akzente gehört haben, aber es käme doch nie jemand auf die Idee den beiden zu unsterstellen, sie würden kein “richtiges Englisch” sprechen, nur weil sie z.B. “day” eher wie “deei” (und nicht “däi”) aussprechen?

  26. aber es käme doch nie jemand auf die Idee den beiden zu unsterstellen, sie würden kein “richtiges Englisch” sprechen, nur weil sie z.B. “day” eher wie “deei” (und nicht “däi”) aussprechen?

    Der Vergleich hinkt aber doch. Shirley Manson spricht eine muttersprachliche Variante des Englischen. Lena hat sich aus zig verschiedenen Varianten ihre eigene, nicht-muttersprachliche und somit eben auch nicht authentische Variante zusammengebaut. Ich muss mich darüber auch nicht weiter echauffieren, aber faktisch besteht da ein Unterschied.

    In day spricht Shirley Manson übrigens schlicht [e] — der Laut ist im Schottischen Englisch monophthongiert.

  27. Es gibt keinen Muttersprachler des Englischen, der das so ausspricht.

    Vielleicht zieht Lena ja mal ihre Kinder damit groß, dann gibt es welche.

  28. Der falsche Akzent

    Hannes,

    in den letzten Jahren hat sich das einiges geoeffnet, aber vor nicht allzu langer Zeit hat jemand mit einem Schottischen, Nordenglischen oder Irischen Akzent nur wenig Chancen gehabt einen Job im Radio oder Fernsehen als Sprecher zu bekommen. Auch in anderen Bereichen war es teilweise schwierig mit dem falschen Akzent einen Joh. Da haben sich Leute ihren Akzent abtrainiert um beruflich voranzukommen oder ueberhaupt eine Chance zu haben.

    Auch heute noch wirst Du noch genuegend Leute finden die andere wegen ihres Akzents “diskriminieren” (was uebrigens in beide Richtungen gehen kann, mit einem Englischen Akzent findet man in bestimmten Gegenden in Schottland auch nicht viele Freunde). Ebenso machen sich genuegend (Sued-)Englaender ueber schottische oder Nordenglische Akzente lustig, vom Walisischen mal ganz zu schweigen.

  29. Gareths Kommentar

    “Naja, Lenas Englisch-Fake finde ich stellenweise auch ziemlich strapaziös…..Es gibt keinen Muttersprachler des Englischen, der das so ausspricht.”

    Tja. Der hat Recht. Die ganze Sache sollte keine Kritik herausfordern, darum geht es nicht. Es geht, vielleicht leider, um die Tatsache, dass man als Muttersprachler alles ganz anders hoert als Fremdsprachler. Das der Akzent keineswegs konsequent war faellt uns sofort auf. Haette sie ihren Schulenglischen quasi Amerikanischen(/Hannoveranischen/Skandinavischen wat weis’ ich) Akzent beim Singen sowie Sprechen benutzt, haette es gar nicht so viel Weh getan!
    Wenn ich versuchen wuerde mit einem fremden Akzent zu sprechen, gings bei mir auch genauso.
    (Siehe auch http://www.guardian.co.uk/…crowe-accent-acrimony – es geht nicht nur um Muttersprachler.)
    Schlimm finde ich es also doch, dass ein Journalist in einer deutschen Zeitung etwas daran zu beanstanden hatte. Ganz und gar nicht fair!
    Uebrigens hat ein echter Akzent immer ein konsequentes phonologisches System, der von diesem Lied war leider nur zusammengewuerfelt.

    P.S Eine Eurovision mit vielen Sprachen waer mir viel viel lieber!

  30. Stilmittel – das ist auch die Idee, die mir vorschwebt. Ich stelle mir folgende Situation vor (ohne zu wissen, ob nicht schon irgendwo etwas dazu geschrieben steht): Studio – Probeaufnahmen – Ausprobieren – Rumflachsen. Dann sagt der Produzent (Raab?): Sing nochmal, so wie eben. Dann wird ein wenig rumgefeilt und schon haben wir unseren prima Akzent! Lena ist nicht die gestandene Künstlerin, die bestimmt, wo es langgeht. Sie macht das, was der Produzent ihr sagt. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass sie diesen Akzent so selbst erworben hat. Nach einem Auslandsaufenthalt z. B. würde sie den Akzent von dort mitbringen.

    Zum Thema “falscher” Akzent fällt mir nur ein, wie seltsam wir es finden würden, wenn Herman van Veen mit seinem niederländischen Grundakzent in einem Lied deutsche Akzente mischen würde: ein wenig sächsisch, ein wenig bairisch, ein wenig Ruhrpott, … Das würden wir auch nicht für “richtiges” Deutsch halten.

  31. Lena ist nicht die gestandene Künstlerin, die bestimmt, wo es langgeht.

    Hm. Ihren Akzent hatte sie schon bei USFO, und von Anfang an. Dort soll sie auch gegen den Rat des Bandleaders darauf bestanden haben, Lieder zu singen, die keine Sau kennt, auch auf die Gefahr hin, dann halt rauszufliegen.

    Sicher, das könnte alles bereits zur Konstruktion des Produktes “Lena” gehört haben. Das würde aber voraussetzen, daß man sich schon ganz zu Anfang von USFO sehr weitgehende Gedanken gemacht hatte, welchen Charakter man für die einzelnen Teilnehmer konstruieren möchte. Und die Strategie Lena, mit lauter wenig bekannten Liedern auftreten zu lassen, wäre seltsam riskant. Ich glaube kaum, daß Marketingstrategen auf so einen Plan verfallen würden.

    Wobei sich das Gegenteil natürlich nie beweisen läßt und man immer, wenn jemand erfolgreich ist und dabei etwas ungewöhnlich wirkt, eine perfekte Lancierung im Hintergrund und eine komplett am Reißbrett entworfene Ungewöhnlichkeit, die dann ein ‘Normalo’ bloß in Szene setzt, postulieren kann.

    Nur, daß das Schauspiel- und Verstellungstalent, das man dem betreffenden Normalo dafür unterstellen muß irgendwann, selbst schon wieder nicht ganz gewöhnlich wäre…

  32. Dialekte in England

    Selbstverständlich haben Sie mit diesem Artikel vollkommen recht.
    Nebenbei gesagt habe ich noch nie was von Mark Espiner gehört. Lena kenne ich auch nur aus den News und hab sie weder singen noch sprechen gehört (ich bin Anhänger ehrlicher Rock-, Blues-, Punkmusik usw., über Geschmack lässt sich nicht streiten). Hat sie etwa auch einen englischen Akzent wenn sie deutsch spricht?
    Trotzdem, wenn sie als 19-jährige schon so gut Englisch spricht, dass sie einen ‘Strassenslang’ imitieren kann, dann ziehe ich den Hut, denn dies ist, auch für eine Abiturientin, sehr selten.
    Ich denke, Mark Espiner ist eine Ausnahme, wenn er behauptet nur Engländer könnten Englisch sprechen. Die meisten Briten sind da sehr selbstkritisch und es stimmt, die Dialekte in England selbst sind oft sehr, sehr schlimm.

    Ich war gerade 10 Wochen da und habe folgende (Sprach-)Eindrücke mitgebracht:
    Selbst in der Uni-Stadt Cambridge hatte ich oft Probleme (East-Anglia Akzent). Ein paar Meilen weiter in Colchester (Essex) habe ich so gut wie gar nichts mehr verstanden, wurde aber gewarnt dass es in Nordengland noch viel schlimmer sei. Teilweise richtig, der Dialekt in Merseyside erinnert stark an holländisch aber in Whitby (North Yorkshire) war es wieder einigermassen verständlich. Ab und zu trifft man jemand mit richtig deutlichem Schrift-Englisch. Die Engländer nennen dies ‘Queens-English’.

  33. Trotzdem, wenn sie als 19-jährige schon so gut Englisch spricht, dass sie einen ‘Strassenslang’ imitieren kann, dann ziehe ich den Hut, denn dies ist, auch für eine Abiturientin, sehr selten.

    Es wäre in der Tat beachtenswert, wenn sie einen “Straßenslang” imitieren könnte. Kann sie aber nicht. Falls doch hat sie sich davon jedenfalls nichts anmerken lassen.

  34. Buchtipp

    Was die globale Eigentümerschaft an der Englischen Sprache betrifft: Da gab’s im letzten Jahrtausend mal ein schönes Buch zu dem Thema: “Travel Overland. Eine anglophone Weltreise” von R.W.B McCormack (wahrscheinlich ein Deutscher unter Pseudonym?). Nicht mehr im regulären Handel, aber antiquarisch noch verfügbar und empfehlenswert für einen Einstieg in die Vielfalt der Englisch-Varianten.

  35. Die Kunst kommt zu kurz

    Ich glaube, dass die ganze Sprachexegese totaler Unsinn ist. Hier handelt es sich um die Kunst der Interpretation eines Songs. Die Aussprache muss sich da doch hauptsächlich an der Musik und vielleicht noch ein wenig am Inhalt orientieren. Selbst die Grammatik kann man da missachten, wenn es denn nur toll anhört!

    Zu dem Thema fällt mir auch der Titel “Engel” von Rammstein ein. Von dem gibt es nämlich auch eine englische Interpretation, die sich gräulich anhört. Das Stück lebt von dem Kontrast zwischen dem hart gesungene Grundsound und den weichen Engeln. Das Englisch, was die da nutzen (ich will und kann es nicht auseinander nehmen) hört sich einfach zu weich ein. Ein geeigneter Akzent (von mir aus auch auch ein selbst erfundener) hätte da vielleicht etwas retten können. Aber um das auszutüfteln hätten die Ossis wohl auch keine Lust zu gehabt.

  36. Denglische Aussprache

    Man sollte der Diseuse (oder verlangt die pc heutzutage ‘Diseurin’?) Lena die partiell denglische Aussprache nachsehen, denn sie betrifft ja nichts “echt Wichtiges”. Peinlich wird es aber, wenn es um ernsthafte Vorfälle geht, wie dem von Duisburg, und unsere Radio- und Fernsehsprecher sich fachlich unvorbereitet zeigen. Da wird die ‘Love Parade’ tatsächlich zur “Laugh Parate” [!], wenn “es gut geht” auch nur zur “Luff Parate”. Der germanischen Auslautsverhärtung ungeachtet, täte manchmal ein wenig mehr Respekt vor dem Schicksal der Betroffenen schon gut!

  37. @Perrey

    Wenn diese Auslautverhärtung germanisch ist, warum gibt es die dann im Englischen nicht, me wonders?

  38. @ David

    Die Schöpfer dieses Traditionsbegriffes haben bei der Vokabel ‘germanisch’ sicher nicht an die germanische Sprachfamilie gedacht. Sie werden ‘germanisch’ als ‘deutsch’ verstanden haben. Ob sie wussten, dass auch die Niederländer die Silbenauslautsverhärtung (und damit die Wortauslautsverhärtung) kennen, soll dahingestellt bleiben. Das Herausstellen des ‘Germanischen’ ist in diesem Fall auch deshalb verfehlt, weil beispielsweise sowohl das Tschechische, das Bulgarische und das Russische sowie das Türkische die Auslautsverhärtung kennen.

  39. Unverzeihlich…

    ist es natürlich, wenn Nachrichtensprecher Vokabeln aus fremden Sprachen nicht phonetisch absolut korrekt wiedergeben. Da kann ich nur rufen: In den See, in den See, mit einem Gewicht an den Füßen!