Evolution der Religiosität – Wenn Denkmauern fallen…

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Auch Menschenaffen und Elefanten trauern und kehren an Orte zurück, an denen sie Angehörige verloren haben. Aber erst Homo Sapiens und Homo Neanderthalensis begannen, ihre Toten zu bestatten, sie mit Gaben für das Jenseits auszustatten und mit Jenseitigen rituell in Kontakt zu treten. Heute, kaum 6.000 Generationen später, gibt es kein einziges Menschenvolk, in dem kein religiöses Verhalten zu beobachten wäre. Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie und warum eigentlich der Mensch ein zu Religion(en) befähigtes Gehirn evolvierte?

Denn immerhin ist religiöses Verhalten beobachtbar sowohl für Einzelne wie für Gemeinschaften oft sehr kostspielig und hätte doch eigentlich im Laufe der menschlichen Evolutionsgeschichte aussterben müssen – wenn die Kosten nicht mit biologischen Vorteilen mindestens ausgeglichen würden.

Eine wachsende Zahl internationaler und interdisziplinärer Forscher ist dabei, diese Fragen mit neuen Daten und Hypothesen zu beantworten. Was Biologen, Evolutionspsychologen, Ethnologen, Primatologen, Anthropologen, Zwillingsforscher, Theologen, Philosophen, Ökonomen, Sozial- und Religionswissenschaftler u.v.m. dabei effektiver denn je über Fachgrenzen und Kontinente zu verbinden vermag, sind nicht mehr nur Tagungen und Konferenzbände, sondern vor allem das Internet. Waren die Erkenntnisse einzelner Forscher und Fächer bislang oft in der unüberschaubaren Fülle an Fachpublikationen verschüttet, so erlaubt das WorldWideWeb nun den schnellen und kostengünstigen Austausch von Arbeiten und Daten. Über Netzwerke wie das der Evolutionary Religious Studies werden inzwischen Forschungsergebnisse vernetzt und gemeinsame Projekte ausgetüftelt. Dabei eint atheistische, agnostische und theistische Forscher das gemeinsame Ziel: eine an empirischen Daten entwickelte und überprüfbare Beschreibung der Evolution menschlicher Religiosität und Religionen.

Willkommen zwischen den Stühlen

Schon Charles Darwin selbst hatte in “Die Abstammung des Menschen” (1871) Umrisse einer Evolutionstheorie der Religion entwickelt, die heute wiederentdeckt wird: Demnach hätten sich religiöse Veranlagungen aus normalen Gehirnfunktionen entwickelt und dann auch eigenständige, biologische Nutzenfunktionen übernommen. Denn für ihn stand außer Frage, dass eine so kostspielige Veranlagung des menschlichen Gehirns sich nie hätte erhalten können, wenn sie nicht auch mit biologischen Vorteilen verbunden gewesen wäre.

Dabei zeigte Charles Darwin eine Größe, die leider in den heutigen Diskussionen um Evolution und Religion oft untergeht: die Unterscheidung naturwissenschaftlicher und religiöser Aussagen. Schon weil naturwissenschaftliche Theorien immer überbietbar und also vorläufig sind, können sie transzendente Existenzen wie Ahnen, Götter oder Gott schon per Definition weder abschließend beweisen noch widerlegen. Und umgekehrt: dass auch die religiösen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns insgesamt biologische Überlebens- und Reproduktionsvorteile mit sich bringen könnten, sagt nur etwas über die beobachtbare, biologische Funktionalität, nicht aber die Wahrheit religiöser Überzeugungen aus.

Dennoch gelingt es selbst professionellen Wissenschaftlern oft nicht (mehr), aus den Mauern der eigenen Vorannahmen auszubrechen. Viele Geisteswissenschaftler befürchten schon bei der biologischen Beschreibung menschlichen Verhaltens eine weitere “Reduktion” des Menschen und lehnen den ganzen Forschungsansatz intuitiv ab. Es fällt oft leichter, sich über meist nur halb verstandene, naturwissenschaftliche Hypothesen lustig zu machen, als sich mit ihnen auseinander zu setzen und sie so weiter zu entwickeln. Auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek musste noch die Erfahrung machen, dass sein mutiger Brückenschlag aus der Ökonomie und Sozialphilosophie in die Biologie (gerade auch der Religion) auf allen Seiten schlicht kaum verstanden wurde. Lost in translation, sozusagen…

Umgekehrt erscheint vielen eingefleischten Naturalisten schon der Gedanke unannehmbar, religiöses Verhalten könne mit empirisch nachweisbarem Evolutionserfolg einhergehen. Bei jeder tierischen Fähigkeit würden wir selbstverständlich nach dessen evolutionsbiologischen Grundlagen und Funktion fragen. Aber dass Mitglieder von Religionsgemeinschaften laut einer schnell wachsenden Zahl empirischer Befunde weltweit z.B. deutlich stabilere Sozialbeziehungen, durchschnittlich höhere Lebenserwartungen und vor allem mehr Kinder haben als ihre jeweiligen, säkularen Nachbarn, gilt vielen als Zumutung. Immerhin: Auch der Evolutionsbiologe Richard Dawkins hat inzwischen eingeräumt, dass ihn naturwissenschaftliche Erkenntnisse zum evolutiven Nutzen oder Schaden von Religiosität “auch” interessieren würden.

Und längst steigt die Zahl der namhaften Evolution-Religion-Pioniere auch in Deutschland. Dazu zählen der Soziobiologe Eckart Voland (“Natur des Menschen”, 2007), der Wissenschaftsjournalist Rüdiger Vaas, der Theologe Wolfgang Achtner und der Evolutionspsychologe Harald Euler.

Gefragt sind also Leidenschaft, Mut und Ausdauer…

…und nicht zuletzt auch die Unabhängigkeit zum Platznehmen zwischen den Stühlen. Dafür winkt die Mitwirkung an einem der vielleicht spannendsten und auf jeden Fall interdisziplinärsten Forschungsvorhaben unserer Zeit.

Hier im Wissenschaftsblog “Natur des Glaubens” möchte ich Ihnen vor allem die interessantesten Ansätze und Ergebnisse anderer Forscher unterschiedlichster Fächer und Kontinente präsentieren. Es würde mich freuen, wenn auch Sie sich für das biologische Mosaik eines der großen Menschheitsrätsel “zwischen den zwei Kulturen” der Geistes- und Naturwissenschaften begeistern könnten.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

81 Kommentare

  1. (Religions-)Wissenschaft aus Freude 😉

    Lieber Michael, ein wirklich schöner, spannender und unterhaltsamer Beitrag. Das Video ist allein schon ein Erlebnis für sich. An dieser Stelle möchte ich das einfach zurückmelden ;-)Dein “Motto” wird deutlich spürbar und für mich als religionswissenschaftlichen Laien ist es ganz nebenbei auch sehr lehrreich.

  2. Herzlich willkommen!

    Hallo Michael, heute haben wir das neue epoc-Heft fertiggestellt (Datenfreigabe Druckerei). Da hab ich Deinen Post noch gar nicht lesen können – aber ein “Herzlich willkommen bei den Scilogs” möcht ich Dir doch zwischen Tür und Angel zurufen! Ich freue mich sehr auf die künftigen Diskussionen mit Dir!

  3. Religios-Definition

    Danke,
    da entlang möchte ich, dass es weiter geht.

    Jetzt ist der Punkt, an dem ich dringend den Bedarf für eine Verständigung über den Religions-Begriff anmelden möchte. Ich weiß, da konnte man sich noch nicht einigen. Aber auch das festzustellen wäre sinnvoll. Bzw. sinnvoll, die verschiedenen Linien herauszuarbeiten, auf denen bisher in der Geschichte der RelWissenschaft diskutiert wurde und gegenwärtig diskutiert wird.

    Normal denkt man wohl bei Religion an Jenseitiges, Transzendenz und an Vorstellungen von Gott, Göttern ff.
    Ich denke, dass auch Darwin auf dieser Linie dachte. (Und dass er deshalb Religion wohl als kostspieliges Unternehmen ansah).
    Ich suche eine andere Linie, gewissermaßen ohne Meta-Phsyik, Transzendenz ff, auch ohne festgezurrte Gottesvorstellung.

    Vor mir liegt das Buch von Andreas Feldtkeller “Warum denn Religion?”. Dazu aus dem Klappentext: “Mit der Religion steht nicht Gott auf dem Spiel sondern das Verhältnis des Menschen zu sich selbst”. Oder auch: über das “Missverständnis, Religion sei in unserem Leben allenfalls die Nische für das Außergewöhnliche. Genau das Gegenteil ist der Fall: Religion ist geformt aus den selbstverständlichsten unter den menschlichen Selbstverständlichkeiten.”

    Auf der Linie möchte ich weiterdenken. Das würde doch passen zu “Natur des Glaubens”. Ich würde/möchte vermuten, dass die Vorstellungen der verschiedenen Religionen nicht in erster Linie aus einem Hinter-Denken der Wirklichkeit entstanden sind sondern aus einem Durch-Denken der verschiedensten Lebens-Erfahrungen. Meine Kürzestdefinition von “Religion” deshalb: “Lebensbewältigungs-Strategie”. Also auch (anders als bei einem nur “kostspieligen” Unternehmen) dazu da , um die Kosten, die Schmerzen des Lebens in Griff zu bekommen. Dann können natürlich Leute kommen und fragen: Warum Religion? Das ist doch nur Menschliches… Ich würde dazu gerne sagen: Eben deshalb, als Menschliches: Religion.
    Und Gott? Götter? Nun ja, zuerst einmal Tools, um die Widerfahrnisse des Lebens personhaft benennen zu können. Menschen personifizieren ja gern. Ich nehme das “Personi-fizieren” dabei auch in Bezug auf die Gottes-Vorstellungen mal ganz wörtlich. Wäre interessant, woher das Bedürfnis kommt, dass Menschen so gerne personifizieren, hinter den Wirkkräften des Lebens personhafte Kräfte denken.
    Und, um dem Ganzen noch eine Spitze hinzuzufügen: Ich halte die ganze Fragestellung nach der “Existenz” Gottes oder “ob es Gott gibt” einschließlich der Fragestellung, wie das mit einem göttlichen Schöpfungs-Plan (beim Urknall?) sei, für Sackgasse europäischen Denkens. Man müsste sich mal den Hinweis aus Japan auf der Zunge zergehen lassen: Auf die Frage, ob Theismus oder Atheismus, habe man dort schon geantwortet: “Es geht gar nicht darum, ob Götter ‘existieren’ oder nicht, sondern ob man einen Gott ‘hat’.” Deshalb gebe es dort in Japan auch nicht diese Atheismus-Debatte.

    Hier mal genug. Zwischen den beiden angerissenen Linien für Religions-Definitionen (Jenseitigkeits-Denken – Menschlichkeits-Denken)gibt es natürlich alle möglichen Schattierungen. Ich würde die Möglichkeit begrüßen, a) mehr über die Geschichte dieser verschiedenen Linien zu erfahren b) selber dazu mehr begriffliche Klarheit zu gewinnen und c) durchaus weiter die Linie zu vertreten, dass Religion eine (oder gar “die”) dem Menschen gemäße Lebensbewältigungs-Strategie ist.

    Ich bin auf Weiteres gespannt; und mache auch gerne mit.

    Basty Castellio

  4. @ Carsten

    Danke, gern! Du hast ja entscheidenden Mit-Anteil daran gehabt, dass ich Ja gesagt habe. Jetzt gilts zu bauen.

    Also, auch Dir ein herzlich willkommen bei Natur des Glaubens!

  5. @ Basty

    Finde ich klasse, dass Sie mitdiskutieren! Schon auf meinem Blog haben Sie einige tolle Gedanken und Diskussionen eingebracht.

    Religionsdefinitionen gibt es ja leider tatsächlich wie Sand am Meer. Für die Zwecke der Evolutionsforschung habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, auf Darwin zurück zu gehen. Er definierte “Religion als den Glauben an unsichtbare oder geistige Kräfte” und meinte: “Der Glaube an spirituelle Kräfte wird leicht in den Glauben an die Existenz eines Gottes oder mehrerer Götter übergehen; denn Wilde werden naturgemäß Geistern dieselben Leidenschaften, dieselbe Lust zur Rache oder die einfachste Form der Gerechtigkeit und dieselben Zuneigungen zuschreiben, welche sie in sich selber fühlen.”

    Und wie auch einige andere Annahmen von ihm (die leider recht quer durch die Abstammung des Menschen verstreut sind) lag er damit verblüffend nahe an heutigen Befunden.

    Zumal es bei empirischer Forschung jedoch immer um beobachtbare Fakten (also Verhalten) geht, scheint eine Einschränkung auf Glaubensinhalte jedoch nicht sinnvoll zu sein. Ich arbeite daher im Evolutionsbereich mit der Definition: “Religiosität ist der als Glauben an und entsprechendes Verhalten zu übernatürlichen Akteuren” (wie Ahnen, Göttern, Gott).

    Das ist aber eine Definition, die Forschungsarbeit ermöglicht und schließt natürlich weitere Bedeutungsebenen nicht aus.

  6. Zu eingeschränkter Blick

    Lieber Michael,

    mit Deiner Definition von Religiosität, nämlich “Glaube an übernatürliche Akteure” (- Du sagst selbst, sie ist nur vorläufig), schließt Du eine ganze Menge Formen von Religiosität aus. Wie ich in meinen Anthroposophen-Studien gezeigt habe, gibt es eine ganze Menge konfessionsloser religiöser Menschen, die nicht an “übernatürliche Akteure” glauben, und deren Religosität sich – mit aller Wahrscheinlichkeit – dennoch auf demographische Paramenter (Kinderzahlen etc.) auswirkt. (Denn sonst hätten die Anthroposophen insgesamt nicht so überdurchschnittlich viele Kinder bei überdurchschnittlicher Konfessionslosigkeit.)

    Es wäre schade und sehr den Blick einschränkend, wenn man solche Formen von Religiosität durch eine zu enge Definition von Religioistät nicht in vollgültiger und gleicher Weise in Betracht zieht wie die von Dir genannte. Insbesondere würde man dann nämlich auch jene “Einstein’sche Religiosität” mit einschließen in die Betrachtung, der ja auch Leute wie Richard Dawkins oder Dein Namensvetter Michael Schmidt-Salomon nicht ablehnend gegenüber stehen. (Man würde also Gräben schließen, statt sie zu verbreitern.)

    Auch würde dann nicht eine ganze Bandbreite von vor- und nicht-monotheistischer Religiosität ausgeschlossen. Sagen wir östliche Religionen und Philosophien (Buddhismus, Laotse …). Bevor Mythos und Logos durch die griechische Wissenschaft und Philosophie so streng voneinander geschieden wurden, kann man auch gar nicht sagen, daß man sich mythologische Gestalten vorwiegend “übernatürlich” vorgestellt hätte. Es waren Personifizierungen von Naturkräften oder gesellschaftlichen Kräften selbst. Das muß auch nicht notwendigerweise heißen, man hätte sie sich immer so “übernatürlich” vorgestellt wie bspw. in der “Ilias”, die zur gleichen Zeit entstand wie die Bibel.

    Bspw. der (philosophisch geschulte) Tacitus behauptet noch von den Germanen ziemlich exakt das Gegenteil. Und auch griechische Religiosität und Philosophie selbst (wie etwa der Neuplatonismus), die mit einiger Wahrscheinlichkeit den demographischen Niedergang in der Spätantike in ähnlicher Weise verzögert haben wie die “Namenschristlichkeit” es heute tut, wären aus einer solchen Definition ausgeschlossen.

  7. @ Ingo: Zustimmung

    Lieber Ingo,

    im Grundsatz will ich Dir da nicht widersprechen – und hätte sogar einen Tip für Dich: das Pew Forum unterscheidet in seiner neuen Studie auch innerhalb der Konfessionslosen zwischen denen, die sich als Atheisten, Agnostiker, uninteressiert oder als (sehr) religiös bezeichnen. Und tatsächlich weisen auch diese reproduktive Erfolge auf, wie Du sie bei den Anthroposophen gefunden hast.

    Allerdings sind auch die meisten Antroposophen gottgläubig und wir haben ja gesehen, dass auch innerhalb der Waldorfschul-Absolventen jene reproduktiv erfolgreicher waren, die der Christengemeinschaft oder einer der Kirchen angehörten. Berücksichtigt man, dass natürlich auch Engel, Bodhisatvas etc. übernatürliche Akteure darstellen, so wird noch deutlicher, dass die Arbeitsdefinition viel umfasst.

    Mir geht es also keinesfalls darum, feinere Studien etwa zu Religiosität vs. Spiritualität, organisierter vs. privater Lebensführung, theistischer vs. pantheistischer Überzeugungen o.ä. zu lassen – sondern sie erst zu ermöglichen. Und dazu wird es m.E. nötig sein, erst die großen Linien mit Arbeitsdefinitionen zu bearbeiten, bevor wir uns dann umso fundierter Spezialfällen (wie dem “kosmischen Staunen” Dawkins) zuwenden können. Und zumindest in den reproduktiven Spitzengruppen habe ich bisher auch noch keine einzige Gemeinschaft ohne den Glauben an übernatürliche Akteure gefunden. Die bisher vorliegenden Befunde deuten (auch bei den Anthroposophen und jetzt den US-Daten) vielmehr recht eindeutig darauf hin, dass die “Fülle der Wirkungen” in theistischen Religionen auftritt, spirituelle Gemeinschaften in einem geringeren Grade aber ebenfalls partizipieren. Also genügend Stoff für viele Jahre engagierter Forschung und Publizistik! (-:

    Herzlichst,

    Dein Michael

  8. @ – Basty Castellio: Und noch eine Frage

    “Ich halte die ganze Fragestellung nach der ‘Existenz’ Gottes oder ‘ob es Gott gibt’ […] für eine Sackgasse europäischen Denkens. Man müsste sich mal den Hinweis aus Japan auf der Zunge zergehen lassen: Auf die Frage, ob Theismus oder Atheismus, habe man dort schon geantwortet: “Es geht gar nicht darum, ob Götter ‘existieren’ oder nicht, sondern ob man einen Gott ‘hat’.”

    Möglicherweise denken Asiaten anders als Europäer. Ich habe jedenfalls Probleme zu verstehen, wie jemand von sich behaupten kann, einen Gott zu “haben”, ohne zugleich zu glauben, dass einen Gott “gibt”. Um etwas haben zu können, muss es dieses etwas doch auch geben, oder nicht?

  9. Aaah, da spricht der Materialist

    Der asiatische Standpunkt hingegen basiert anscheinend auf einem Ansatz, der dem Radikalen Konstruktivismus zumindest verwandt ist, wenn ich das richtig verstehe.

  10. religion

    Unsere religiösen Erfahrungen zielen auf Orientierung in dieser chaotischen Welt ab und dürften einem intuitven Erkennen der Realitäten entsprechen, die wir allerdings nur in ihrer Metaphorik begreifen können. Und metaphorische Deutungen gibt es deshalb soviele wie es Religionen gibt.In unserer christlich abendländischen Kultur glauben wir ans “ewige Leben” nach dem Tod und hoffen, in den “Himmel” zu kommen. Die Frohbotschaft dabei ist, dass es durchaus stimmt. Wir müssen z.B. nur zur Kenntnis nehmen, dass die Ewigkeit beginnt, wenn die Zeit still steht, und im Augenblick des Todes tut sie das auch. Zeit und Raum gehen verloren und sind auch quantenphysikalisch betrachtet nur Konstrukte. Was bleibt, ist das “Eingemachte” in uns, und wenn wir das aufgearbeitet haben, kommt die “große ewige Entspannung”.
    Individualleben ist nur ein Aspekt in der kosmischen Holistik, wo sich jeweils im Kleineren das Größere spiegelt. Fragen nach der Zeit vor dem Urknall sind in diesem Sinne gleichzusetzen mit der Frage nach unserem vorgeburtlichen Leben.
    Religion ist somit immer der Versuch, Anworten zu geben unserem ständig fragenden Geist. Und Fragen zu stellen hat sicherlich seinen evolutionären Vorteil.
    (eine Hypothese)

  11. @ – Lars: Materialismus

    Diese Form des radikalen Konstruktivismus hat natürlich seine Reize. Möglicherweise “habe” ich ja drei Frauen, auch wenn es sie gar nicht “gibt” (vorzugsweise die ihren Müttern zum Verwechseln ähnlich sehenden Töchter von Sophia Loren, Gina Lollobrigida und Claudia Cardinale).

  12. @ – Michael: Naturalisten

    “Umgekehrt erscheint vielen eingefleischten Naturalisten schon der Gedanke unannehmbar, religiöses Verhalten könne mit empirisch nachweisbarem Evolutionserfolg einhergehen.”

    Lieber Michael, ohne Dir zu nahe treten zu wollen, doch Deine Vorbehalte gegenüber den Naturalisten erscheinen mir nachgerade “paranoid”. Warum sollten Naturalisten Probleme damit haben, die Religiosiät als ein adaptives Merkmal der biologischen Evolution zu akzeptieren? Pascal Boyers “Religion Explained: The Evolutionary Origins of Religious Thought”, Scott Atrans “In Gods We Trust: The Evolutionary Landscape of Religion”, Daniel Dennetts “Breaking the Spell: Religion as a Natural Phenomenon”, Joan Roughgardens “Evolution and Christian Faith: Reflections of an Evolutionary Biologist”, David Sloan Wilsons “Darwin Cathedral: Evolution, Religion, and the Nature of Society” und Michael Shermers “How We Believe” beweisen doch das genaue Gegenteil. (Das einzige, was man diesen Naturalisten vorwerfen könnte ist, dass sie die Religionen zwar für “adaptiv”, aber dennoch für “falsch” halten.)

  13. Religiosität ohne Absurdität

    Herr Dahl,

    die Einstein’sche Religiosität (sagen wir grob: Pantheismus) hat doch Richard Dawkins in “Gotteswahn” im ersten Kapitel behandelt. Übrigens hat er darauf auch schon Bezug genommen in seinem letzten Buch “Ancestor’s Tale” in den letzten Absätzen.

    – – – “Der Gedanke an eine höhere kosmische Ordnung gibt mir Sinn und Orientierung in meinem Leben.” – Diesem Satz haben 58 % von 1.124 ehemaligen Waldorf-Schülern bejaht. Siehe hier:

    http://studgendeutsch.blogspot.com/…til-als.html

    Es ist das jene Art von “universeller Religion”, die nach Meinung vieler Religionswissenschaftler auch bei konfessionell Gebundenen zunehmend mehr die traditionelle Religiosität überlagert. (Siehe ebenfalls der angegebene Link im letzten Abschnitt.)

    – – – Asiaten übrigens sind nicht so “Grundlagen-Forscher”. Ihnen ist wichtig, daß gesellschaftlich alles möglichst reibungslos funktioniert. Gerät individuell erkannte Wahrheit in Widerspruch zur gesellschaftlich vorherrschenden entscheidet man sich normalerweise als “typischer” Asiate für die gesellschaftlich Vorherrschende. Und dabei hat man schon lange erkannt, daß es gut ist, wenn Menschen Götter haben. Wußte das nicht schon Konfuzius? Traditionelle asiatische Philosophie ist zu großen Teilen Ethik. Und aus der Ethik wird alles andere abgeleitet.

    – – – Herr Dahl, wenn ich übrigens Ihren letzten Beitrag richtig verstehe, sind Sie sich doch mit Michael mehr einig als man aus den Diskussionen der letzten Wochen hätte vermuten sollen. Ich sehe es exakt genauso: Religiosität kann adaptiv sein, OBWOHL sie voller Dummheiten ist oder sein kann. Natürlich kann man sich auch kluge Religiosität vorstellen, die nicht adaptiv ist. Aber es wäre doch sinnvoll, sich solche Art von Religiosität zu erarbeiten, die adaptiv ist, OHNE (Michael, Entschuldigung!) so viele “Dummheiten” (vom heutigen Standpunkt aus) zu enthalten. (Michael nennt sie glaube ich auch “Absurditäten”, nach dem Motto: “Ich glaube, WEIL/oder obwohl es absurd ist.”) Meiner Meinung nach repräsentieren die Anthroposophen ebenso wie Albert Einstein, Werner Heisenberg, Konrad Lorenz, Immanuel Kant, Hegel, Schelling, Hölderlin, Vincent van Gogh etc. pp. wesentliche Wegweiser auf dem Weg zu einer Religiosität, die ohne Absurdität auskommt.

  14. @ – Ingo Bading

    “Herr Dahl,

    die Einstein’sche Religiosität (sagen wir grob: Pantheismus) hat doch Richard Dawkins in “Gotteswahn” im ersten Kapitel behandelt.”

    Arthur Schopenhauer hat in Bezug auf Spinoza und Goethe einmal treffend gesagt, dass “Pantheismus” eigentlich nur ein vornehmerer Ausdruck für Atheismus sei. Denn was hat der Pantheismus noch mit dem traditionellen Theismus der Juden, Christen oder Muslime zu tun? Nichts, rein gar nichts!

  15. @ – Ingo Bading

    “‘Der Gedanke an eine höhere kosmische Ordnung gibt mir Sinn und Orientierung in meinem Leben.’ – Diesem Satz haben 58 % von 1.124 ehemaligen Waldorf-Schülern bejaht.”

    Ja, es scheint, als würde zumindest im Westen die traditionelle Religion mehr und mehr einer unorthodoxen Larifari-Religion weichen. Ich finde das einerseits bedauerlich, andererseits aber natürlich auch erfreulich.

    Wie jemand aus der “kosmischen Ordnung” Sinn und Orientierung für sein Leben gewinnen kann, ist mir allerdings vollkommen schleierhaft. Die “kosmische Ordnung” ist schließlich kein persönlicher Gott, der den Menschen sagt, wie sie sich zu verhalten haben oder ihnen irgendwelche Hoffnungen auf ein ewiges Leben nach dem Tode macht.

  16. @ – Ingo Bading

    “Herr Dahl, wenn ich übrigens Ihren letzten Beitrag richtig verstehe, sind Sie sich doch mit Michael mehr einig als man aus den Diskussionen der letzten Wochen hätte vermuten sollen.”

    Ja, da haben Sie recht. Michael – wollen wir uns, anbei bemerkt, nicht auch besser duzen? – und ich sind uns in nahezu allen Punkten einig. Die wenigen Punkte, die uns möglicherweise noch trennen, habe ich unlängst noch einmal unter meinem Beitrag “Der Gotteswahn” zusammengefasst.

  17. @ Edgar

    *Diese Form des radikalen Konstruktivismus hat natürlich seine Reize. Möglicherweise “habe” ich ja drei Frauen, auch wenn es sie gar nicht “gibt” (vorzugsweise die ihren Müttern zum Verwechseln ähnlich sehenden Töchter von Sophia Loren, Gina Lollobrigida und Claudia Cardinale).*
    Hihi, so kann man’s natürlich auch sehen. Aber der Glaube, also der Nutzen eines Gottes, hängt nicht von seiner physischen Anwesenheit ab, während der Nutzen der genannten Göttinnen primär in ihrer – sagenwirmal – empirischen Erfahrbarkeit liegt. Das ist schon ein Unterschied.

  18. Wen oder was “es gibt”

    Mein Hinweis auf eine Beobachtung in Japan brachte meinen Argumenten vielleicht eine etwas schiefe Gewichtung:
    Die Fragestellung nach der Existenz Gottes/göttlicher Wesen… halte ich schon für eine Sackgasse europäischen Denkens. Aber nicht weil ich ostasiatisches Denken dagegen einführen möchte – da kenne ich mich viel zu wenig aus; der Hinweis auf japanisches Denken (ob Götter existieren oder man sie hat) flatterte mir mal nur in einer kurzen Zwischenbemerkung in einem anderen Forum zu.
    Jetzt also europäisch argumentiert:
    Mir liegen solche Theologen wie D.Bonhoeffer und Paul Tillich nahe, die beide ungefähr übereinstimmend sagten: Den Gott, den es gibt, den gibt es nicht.
    (Zitatnachweis wäre wohl möglich). Ähnlich interessant die Aussage Luthers, der Glaube *mache* Gott, allerdings nicht in sich selbst aber in uns. Und irgendwo schnappte ich mal seine Bemerkung auf, Gott sei eigentlich kein Substantiv sondern ein Verbum, das man konjugieren müsste… Nicht umsonst hat auch Feuerbach sich auf Luther berufen können.
    Für die biblische und nachbiblische Tradition der ersten christlichen Jahrhunderte möchte ich behaupten, dass die Existenz Gottes / der Götter nie ernsthaft diskutiert wurde. Dass da was ist, war ungefähr so selbstverständlich wie dass die Erde eine Scheibe ist, um die u.a. eine Sonne wandert. Neutestamentlich: Du glaubst, dass es einen Gott gibt? Schön und gut, auch die Teufel glauben daran und zittern (Jakobus 2,19).

    Na, nach wohl etwas über tausend Jahren kamen die Gottesbeweise auf. Ich kenne mich in deren Geschichte nicht besonders gut aus. Irgendwann hörte ich mal, dass zunächst mit “Existenz” mehr gemeint war: einen dem Verstand einsichtigen Begriff zu finden – mehr Gottes Konnex mit der Wirklichkeit, Gottes Wirksamkeit verständlich aussagen.
    Na ja, spätestens bei Descartes scheint mir die Weichenstellung in die Sackgasse zu führen: Er fragte ja mal zuerst : gibt es mich wirklich? um dann die Antwort zu finden, dass seine eigenes Denken Existenzbeweis genug sei (cogito ergo sum). Und dann ging’s weiter, ob es Gott gebe. Und bis in die Aufklärungszeit hinein hat man dann wohl gedacht, Gott sei auch so was, was man zur Summe aller möglichen (und möglicherweise schwer beweisbaren) Vorstellungen hinzuaddieren könne; oder eben entsprechend widerlegen.
    Kant hat dem wohl ein Ende gesetzt. Und (spitze Nebenbemerkung in Richtung Theologie): Die meisten Theologen leben wohl davon, dass man eben Gottes Existenz weder beweisen noch widerlegen könne. Pascals “Wette” ist dann emotionales Wasser auf diese Mühle.
    Aber es ist schon für die Theologie eine Fehlentwicklung, wenn Glaube oder Unglaube hauptsächlich an der intellektuellen Einsicht definiert wird, ob es Gott gebe oder nicht. Und wenn ein Irrtum in dieser Sache mit dem höllischen Feuer bestraft wird…

    Jetzt für hier möchte ich einfach sagen:
    Ich möchte Nachdruck drauf legen, dass die Worte “Existenz” und “es gibt” für viele (Lebens-)Zusammenhänge, Erfahrungen des Menschen… nicht besonders brauchbar sind.
    Gut, es gibt zB. schlechtes Wetter. Aber exitiert eigentlich Wetter? Ich glaube an die Freiheit (an die Gerechtigkeit…) Aber mit der Existenz der Freiheit ist es so eine Sache. So ergibt sich öfters mal die Notwendigkeit, an die Freiheit zu glauben, weil es sie (öfters mal) nicht gibt. Nochmals anders: Ich habe einen Hass (oder Liebe oder…). Aber existiert deshalb der Hass? Man könnte auch sagen: Ich habe Glück; aber “existiert” deshalb Glück? Ich habe möglicherweise auch einen Spleen, einen Vogel… (Diese letzten Beispiele habe ich mit Blick auf den Hinweis aus Japan so formuliert).

    Kurz und gut: Ich möchte bei den Begriffen “Existenz” oder “es gibt” drum herum fragen, was man wirklich meint.

    “Gott” könnte ja eine durchaus sinnvolle Benennung von Lebenswiderfahrnissen… sein. Ich mag dann auch die Aussage von Drwermann: Die Gottesidee sei “dazu, dem Menschen zu helfen, seine Menschlichkeit angesichts einer nicht-menschlichen Natur zu bewahren und zu bewähren”. Gott kann wohl auch zur virtuellen Wirklichkeit werden. Und aus anthropologisch einsichtig zu machenden Gründen bekommt “er” schnell anthropomorphe Züge, wird als Person gedacht.
    Letzteres halte ich für einen durchaus verständlichen Weg, den die meisten Menschen in ihren Religionen gegangen sind. Aber es müsste nicht notwendig in die Definition von Religionen hineingehören – so wenig wie ein längliches Schreibgerät (Griffel/ Kuli/ Bleistift) in der Hand zur Definition des Schreibens gehört – obwohl man es statistisch am meisten antrifft.
    Vielleicht ist die Gottesvorstellung auch nur ein mögliches, allerdings sehr häufiges, Tool in der Erfassung und (gemeinschaftlichen)Bearbeitung von Lebenszusammenhängen, in der Lebensbewältigungsstrategie, in der Religion.

    Jetzt reicht’s mir und anderen vielleicht auch:
    Basta –
    Basty

  19. @ Edgar

    Erstmal ein herzliches Willkommen hier in Natur des Glaubens, Edgar! Ich finde es großartig, dass Du hier mitdiskutierst.

    Du schriebst:

    “Lieber Michael, ohne Dir zu nahe treten zu wollen, doch Deine Vorbehalte gegenüber den Naturalisten erscheinen mir nachgerade “paranoid”.”

    Nun, zunächst einmal sei der Hinweis gestattet, dass ich im Beitrag je die Bedenken “vieler” Geisteswissenschaftler bzw. Naturalisten dargestellt habe. Das sind Erfahrungswerte, die mich natürlich in keiner Weise pauschal gegen meine eigenen Fachkollegen, noch gegen Naturalisten einnehmen. Denn “viele” sind nicht alle – und der Widerstand wird ja auch überwunden.

    Die von Dir zitierte Aufzählung kann ich nur bestätigen. David Sloan Wilson leitet die Evolutionary Religious Studies gar selbst (und David war auch derjenige, der mich dorthin eingeladen hat), Dennett ist ebenfalls Mitglied. Es gibt da eben “keine” Berührungsängste, wir arbeiten zusammen. (-:

  20. @ all

    @ Lars Fischer

    “Aber der Glaube, also der Nutzen eines Gottes, hängt nicht von seiner physischen Anwesenheit ab, während der Nutzen der genannten Göttinnen primär in ihrer – sagenwirmal – empirischen Erfahrbarkeit liegt. Das ist schon ein Unterschied.”

    Lars, Du hast es erfasst! (-:

    @ Ingo, Edgar, Basty

    In der aktuellen Spektrum der Wissenschaft 3 2008 ist übrigens ein tolles Interview mit dem Experimentalphysiker (und Mit-Blogger!) Anton Zeilinger. Großartig auch seine Überlegungen zu Religion und Gott, denen ich sehr weitgehend zustimme.

    Er zitiert auch einen berühmte, nur halb humorvollen Rabbiner-Überlieferung:

    “Unter den Schriftgelehrten bricht Streit aus, welcher Gottesbeweis zulässig ist, und schließlich sagt der älteste, von allen respektierte: Ich verstehe euren Streit nicht! Der Herr ist so groß, er hat es nicht nötig zu existieren.”

    Ja, das trifft es m.E. sehr gut! (-:

  21. @ Zeilinger

    Also Zeilinger in allen Ehren: Ein in die Naturgesetze eingreifender Gott widerspricht dem Weltbild der Naturwissenschaft.

    Und das Rabbi-Zitat: Ein Gott, der nicht existiert, verpflichtet zu nichts. Warum sollte ich an etwas glauben, das nicht existiert? Wenn man unter Menschen, die an einen persönlichen Gott glauben (unter Christen, sagen wir), fragen würde, ob Gott existiert oder nicht, wird wohl die große Mehrheit sagen, daß er existiert.

    Die Frage ist doch nur noch: WIE? Entweder so, daß *er* (ich sage lieber: es, also: das Göttliche) im Einklang mit den Naturgesetzen *existiert*, also vielleicht einfach die Naturgesetze selbst identisch mit dem Göttlichen sind oder daß er/es es nötig hat, die Naturgesetze außer Kraft zu setzen, um in “aller Macht und Herrlichkeit” dazustehen und den Menschen zu imponieren (so wie in der Bibel). (Weil sie ERST dann an Gott glauben …, was ein Armutszeugnis ist, meiner Meinung nach – aber typisch für “aufgeklärte Zeitalter”.)

    Nur finden wir die letztere Form von “Gottoffenbarung” heute (und im Gegensatz zu den Menschen vor 2000 Jahren) eher lächerlich oder absurd oder blöd – zumindest wenn wir mit gesundem Menschenverstand darauf schauen. (Und ich hab nix anderes.)

  22. @ Edgar – und “Larifari-Religion”

    Larifari-Religion, darum geht es wohl weder mir noch Albert Einstein, Werner Heisenberg, Konrad Lorenz etc. pp.. Viele Naturwissenschaftler haben die Frage nach Gott oder dem Sinn allen Seins als die Zentralfrage unseres Lebens und Wissens bezeichnet. Aber das Zentrale ist oft verborgen oder gar das Verborgenste selbst. Andererseits sagt Goethe: “Was ist das Schwerste von allem? Mit den Augen zu sehen, was vor den Augen Dir liegt.”

    Larifari-Religion besteht EXAKT dann nicht, wenn man zeigen kann, daß Religion tiefgreifendere Auswirkungen hat auf das alltägliche Leben und bedeutendere Lebensentscheidungen. Und wenn ich sogar zeigen kann, daß sie Auswirkungen hat auf Geburtenraten, dann muß es mehr als Larifari sein. Bei den Anthroposophen, so möchte ich vermuten, ist die Religiosität eingebettet in viele andere Denk- und Verhaltensmuster, in eine ganze “Lebens-” und Alltagskultur”. Das wird wohl typisch sein für evolutionär erfolgreiche Religiosität.

    Also isoliert für sich genommen sind natürlich einzelne religiöse Sätze, Behauptungen “Larifari”. Aber schauen Sie sich doch Anthroposophen an, falls sie welche kennen: In der Regel leben sie “bewußter” als der Durchschnitt. Sagen wir auch: gesünder, nachdenklicher, sozial engagierter etc. pp.. Und wenn ein solches “bewußteres Leben” im Zentrum aufrecht erhalten wird (oder gerechtfertigt wird vor sich selbst und anderen) durch einen Glauben an einen Sinn der Schöpfung, bzw. der Evolution und allen Seins, dann haben wir Religiosität, die jenseits von Larifari liegt, möchte ich doch sehr mit Nachdruck behaupten.

  23. @ – Lars & Michael

    Lars:

    “Aber der Glaube, also der Nutzen eines Gottes, hängt nicht von seiner physischen Anwesenheit ab, während der Nutzen der genannten Göttinnen primär in ihrer – sagenwirmal – empirischen Erfahrbarkeit liegt. Das ist schon ein Unterschied.”

    Michael:

    Lars, Du hast es erfasst! (-:

    Oja, auf die “Erfahrbarkeit” von Sophia Loren wollte ich auf keinen Fall verzichten. (Bevor ich hier der Gerontophilie verdächtigt werde, sollte ich Sophia Lorens Namen langsam mal durch den von Salma Hayek oder Halle Berry ersetzen.)

    Und: Gewiss hängt der “Nutzen” Gottes nicht ausschließlich von seiner physischen Anwesenheit, sprich seiner Existenz, ab. Mein bloßer Glaube, dass es ihn gebe, mag mir Sinn und Halt verleihen und mir Kraft und Trost spenden.

    Doch: Auf diese Weise sind wir zurück bei Dawkins. Wenn Gott lediglich eine Art “Mein Freund Harvey” ist (James Stewarts großer weißer Hase), dann hat Dawkins natürlich den Nagel auf den Kopf getroffen, als er von einer “God Delusion” gesprochen hat – denn der Glaube an Gott wäre der Glaube an ein zwar hilfreiches, aber nichtsdestotrotz vollkommen imaginäres Wesen.

    Zudem: Der Glaube an Gott lebt ja nicht ausschließlich von seinem “Placebo-Effekt” in der Gegenwart, sondern auch von seinen Verheißungen für die Zukunft, also von der Hoffnung auf das Jüngste Gericht, die Auferstehung der Toten und das ewige Leben, wie es im Apostolischen Glaubensbekennnis heißt. Von einem nützlichen, aber imaginären Wesen kann man sich die Erfüllung dieser Träume jedoch schwer erhoffen.

  24. @ – Ingo: Larifari-Religion

    Was ich mit “Larifari-Religion” meine, ist, dass Dogmen, die das Christentum über Jahrhunderte definiert haben, immer weiter ausgehöhlt werden, bis letztlich nichts mehr von ihnen übrig bleibt.

    Ein Christ zu sein, bedeutete früher einmal, dass man mit dem Apostlischen Glaubensbekenntnis sagte:

    “Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus,
    seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
    empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria,
    gelitten unter Pontius Pilatus,
    gekreuzigt, gestorben und begraben,
    hinabgestiegen in das Reich des Todes,
    am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel;
    er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

    Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden,
    Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.”

    Heute bedeutet, ein “Christ” zu sein, offenbar nur noch, dass man sagt:

    “Ich glaube an eine höhere kosmische Ordnung.”

    Dies ist im besten Fall Larifari-Religion, im schlimmsten Fall dreister Etikettenschwindel.

    (Ich ergänze dies gleich noch einmal.)

  25. @ – Ingo: Die kosmische Ordnung

    Es ist selbstverständlich vollkommen legitim, seine Glaubensvorstellungen zu ändern und beispielsweise nur noch an eine höhere “kosmische Ordnung” zu glauben. Doch wenn man dies tut, dann sollte man sich auch nicht länger als “Christen” bezeichnen. Denn dies wäre reiner Etikettenschwindel. Mehr noch: Wenn man nur noch an eine höhere “kosmische Ordnung” glaubt, sollte man auch aufhören, von der Auferstehung der Toten, dem Jüngsten Gericht und von Himmel und Hölle zu erzählen. Vor allem aber sollte man aufhören, anderen Leuten Vorschriften zu machen und sich in Fragen wie der Empfängnisverhütung, des Schwangerschaftsabbruchs oder der Sterbehilfe einzumischen – es sei denn natürlich, Du könntest mir glaubhaft versichern, dass die “kosmische Ordnung” ein Subjekt mit einem eigenen Willen ist, Du ihren Willen auf wundersame Weise kennst und mir gute Gründe dafür liefern kannst, weshalb ihr Wille unbedingten Respekt verdient. Glück auf!

  26. @ – Basty

    Der jüdische Witz von Zeilinger ist in der Tat amüsant. Aber Sätze wie “Einen Gott, den es gibt, gibt es gar nicht”, machen mich vollkommen “meschugge”. Entweder ist der Satz schlichtweg inkohärent oder ein bloßes Wortspiel, mit dem man unterstreichen möchte, dass es Gott nicht in derselben Art und Weise wie Dich und mich gibt – nämlich mit Augen, Ohren, Nase, Mund und weißem Rauschebart. Dennoch muss es ihn in irgendeiner Weise “geben”, wenn er diese Welt geschaffen haben soll und uns eines schönen Tages zu neuem Leben erwecken will.

    Auf den Vergleich von “Gott” und “Gerechtigkeit” komme ich später zu sprechen.

  27. @ Ingo, Edgar

    Ingo schrieb:

    “Nur finden wir die letztere Form von “Gottoffenbarung” heute (und im Gegensatz zu den Menschen vor 2000 Jahren) eher lächerlich oder absurd oder blöd – zumindest wenn wir mit gesundem Menschenverstand darauf schauen. (Und ich hab nix anderes.)”

    Sorry, ich kann mit den Kategorien lächerlich, absurd, blöd nichts anfangen. Soll das Wissenschaft sein? Der “Menschenverstand” ist eben nur ein Teil unseres evolvierten Erkenntnisapparetes, Musik, Liebe und eben Religion ebenfalls Teil unserer Natur. Und ich bin, offen gesagt, froh, dass mein Menschsein bei Millionen Menschen, darunter auch mir und wohl auch Herrn Zeilinger, mehr zulässt als platten Realismus, den gerade auch die Physik längst überwunden hat.

    @ Edgar

    Die “Wortspiele” verweisen darauf, dass Gott als eine jenseitige Existenz geglaubt werden kann – und zwar durchaus auch personell.

    Wenn Du einen Roman schreibst, dann wird es den Charakteren Deines Romans kaum gelingen, Deine Existenz zweifellos nachzuweisen. Und wie Du als Philosoph ja weisst, haben auch wir nicht einmal die absolute Möglichkeit, die Existenz irgendeiner Sache abschließend zu beweisen. Wir konstruieren unsere Welt bestenfalls aufgrund von intersubjektiv überprüfbaren Erfahrungen und nehmen sie als funktionale Realität an.

    “Dein Freund Harry” wäre natürlich nicht zu widerlegen, aber wohl nur subjektiv zugänglich. In Ahnen, Göttern, Gott bündeln sich Erfahrungen und Überlieferungen von Generationen, die miteinander in einem ständigen Ringen und Wettbewerb stehen. Damit sind und werden sie “mindestens” zu (auch biologisch) wirksamen, sozialen Phänomenen. Und für jene Menschen, die religiös musikalisch sind, zu einer Quelle von Erfahrungen, Orientierung, Verpflichtung und auch Hoffnung und Freiheit. Basty, Lars, Zeilinger und viele weitere weisen (m.E. zu Recht) darauf hin, dass der rationalistische Realismus nur eine und vielleicht nicht einmal die tauglichste Option von Weltbeschreibung darstellt.

  28. Das ganze Zeilinger-Zitat

    …verbunden mit dem Hinweis auf o.g. von Richard gestellten Link. Die Lektüre lohnt sich!

    Anton Zeilinger:

    “Ich sehe auch in diesen spirituellen Traditionen einen Weg des Wissens, parallel zur Naturwissenschaft, auf dem man etwas lernen kann über die Welt.

    Jeder Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft ist in meinen Augen ein Missverständnis.

    Die Diskussion über Evolution versus Kreationismus ist intellektuell erschreckend – sowohl, was von fundamentalistischen Vertretern der Religion gerade in den USA vertreten wird, als auch zum Teil von Seiten der Naturwissenschaftler; das Buch von Richard Dawkins, »The God Delusion«, ist so simplifizierend!

    Weder Religion noch Naturwissenschaften werden je die Existenz Gottes beweisen oder widerlegen können.

    Das ist wie in dem berühmten Witz: Unter den Schriftgelehrten bricht Streit aus, welcher Gottesbeweis zulässig ist, und schließlich sagt der älteste, von allen respektierte Rabbi: Ich verstehe euren Streit nicht! Der Herr ist so groß, er hat es nicht nötig zu existieren!

    Mir gefällt die Einstein’sche Position, dass Gott dasjenige Prinzip ist, von dem die Naturgesetze kommen – wobei ich mir durchaus einen Gott vorstellen kann, der in die Welt
    noch heute eingreifen kann …”

    Tja, diesen Worten des Naturwissenschaftlers habe ich schlicht und ergreifend nichts hinzuzufügen, außer einem: Genau! (-:

  29. Im übrigen…

    …möchte ich einfach noch einmal darauf hinweisen, dass es hier in Natur des Glaubens nicht um die Existenz- oder Wahrheitsfrage religiöser Aussagen, sondern um die empirisch beschreibbare Evolution(sbiologie) von Religiosität gehen soll.

    Ich bin immer wieder beeindruckt, wie schnell Diskussionen darüber in den üblichen Sermon (“Wer zum Gott der Bibel betet, ist doof. Gott ist lächerlich. Wer an Evolution glaubt, ist kein Christ.” etc. pp.) abrutschen… )-:

    Daher nochmal mein Appell: lasst uns hier über empirisch feststellbare Tatsachen diskutieren und wechselseitig respektieren, dass sich absolute Wahrheits- und Existenzfragen empirisch nicht abschließend lösen lassen.

  30. @ – Michael: Wortspiele

    “Wenn Du einen Roman schreibst, dann wird es den Charakteren Deines Romans kaum gelingen, Deine Existenz zweifellos nachzuweisen.”

    Dieser Satz macht mich genauso meschugge wie der Satz, dass es einen Gott, den es gibt, nicht gibt.

    Charaktere meines Romans sind lediglich Figuren meiner Einbildungskraft. Sie sind imaginär! Und niemand würde von bloßen Produkten der Phantasie verlangen, dass sie irgendetwas zu beweisen haben.

  31. @ – Michael: Mein Freund Harvey

    >>”Dein Freund Harvey” wäre natürlich nicht zu widerlegen, aber wohl nur subjektiv zugänglich.

  32. @ – Michael: Mein Freund Harvey

    “‘Dein Freund Harvey’ wäre natürlich nicht zu widerlegen, aber wohl nur subjektiv zugänglich.”

    Nun, der Punkt, der, denke ich, von Lars angesprochen worden ist, war, dass Götter nicht objektiv existieren müssen, um subjektiv wirksam zu sein. Auch wenn es “meinen Freund Harvey” gar nicht wirklich gibt”, ich aber nichtsdestotrotz an seine Existenz glaube, kann “Harvey” meine Stimmung aufhellen, mir Mut machen oder Trost spenden.

    Die Frage ist: Haben Juden “einen Freund Jahwe”, Muslime “einen Freund Allah” und Christen “einen Freund Gott”, der wie James Stewarts’ Freund “Harvey” gar nicht existiert, ihnen aber das Leben erträglicher macht?

  33. Das…

    …lieber Edgar, ist genau mein (unser?) Punkt: Einer empirische Erforschung der Religiosität entzieht sich die Gottesfrage. Wenn Religiosität – wie ich und eine wachsende Zahl von Forschern glauben – eine biologische Adaption (bzw. Exaptation) ist, dann beweist das Gottes Existenz weder, noch widerlegt sie sie. Sie beschreibt lediglich, ob und idealerweise wie sich religiöses Erkennen, Erfahren, Verhalten evolvierte und ggf. weiter evolviert. Die Interpretation des Befundes ist dann wieder ein ganz anderes Thema.

    Deswegen kommt es darauf an, zwischen den (“vorletzten”) Fragen der Empirie und den (“letzten”) Fragen absoluter Wahrheit zu unterscheiden. Würden wir Atheisten, Agnostiker und Theisten uns im Rahmen der Evolutionsforscher ständig gegenseitig missionieren, beschimpfen oder abwerten, käme keine seriöse Forschung zustande!

    Übrigens: Thomas Bouchard, der starke Belege für die auch genetische Vererbbarkeit von Religiosität vorgelegt hat, ist z.B. selbst Atheist. Aber eben vor allem auch empirischer Forscher, der Resultate sucht.

  34. @ – Michael: Die letzten Fragen

    Mir ist die Arbeitsteilung durchaus klar. Religionswissenschaftler beschäftigen sich mit der Entstehung, Erklärung und Beschreibung religiöser Vorstellungen. Religionsphilosophen beschäftigen sich dagegen mit dem Wahrheitsgehalt religiöser Vorstellungen.

  35. @ – Michael: Anton Zeilinger

    Lieber Michael, tut mir leid, aber ich kann Deine Begeisterung für die Aussagen von Anton Zeilinger nicht teilen:

    “Ich sehe auch in diesen spirituellen Traditionen einen Weg des Wissens, parallel zur Naturwissenschaft, auf dem man etwas lernen kann über die Welt.”

    ES WÄRE SCHÖN GEWESEN, WENN UNS ZEILINGER EIN BEISPIEL DAFÜR GELIEFERT HÄTTE, WIE MAN AUF SPIRITUELLEM WEGE ETWAS ÜBER DIE WELT LERNEN KANN. SOWEIT ICH SEHE, GIBT ES KEINE SPIRITUELLE, SONDERN AUSSCHLIESSLICH EMPIRISCHE ERKENNTNIS.

    “Jeder Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft ist in meinen Augen ein Missverständnis.”

    DIE KONFLIKTE ZWISCHEN RELIGION UND WISSENSCHAFT WAREN UND SIND REAL. WENN ES HEUTE KEINE DERARTIGEN KONFLIKTE MEHR GIBT, DANN WEIL DIE RELIGION – MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND STEHEND – JEDEN ANSPRUCH AUF HISTORIZITÄT UND FAKTIZITÄT IHRER RELIGIÖSEN DOGMEN AUFGEGEBN HAT.

    “Die Diskussion über Evolution versus Kreationismus ist intellektuell erschreckend – sowohl, was von fundamentalistischen Vertretern der Religion gerade in den USA vertreten wird, als auch zum Teil von Seiten der Naturwissenschaftler; das Buch von Richard Dawkins, »The God Delusion«, ist so simplifizierend!”

    ERSCHRECKEND IST, DASS ES HEUTE ÜBERHAUPT NOCH EINEN STREIT ZWISCHEN EVOLUTIONISTEN UND KREATIONISTEN GIBT.

    DAWKINS KANN IN DIESER DISKUSSION SCHWERLICH ALS “SIMPLIFIZIEREND” BEZEICHNET WERDEN, ZUMAL ER JEDE DEBATTE MIT KREATIONISTEN ABLEHNT.

    “Weder Religion noch Naturwissenschaften werden je die Existenz Gottes beweisen oder widerlegen können.”

    RICHTIG IST, DASS DIE NATURWISSENSCHAFTEN DIE EXISTENZ GOTTES NICHT WIDERLEGEN KÖNNEN, UND ZWAR AUS DEM EINFACHEN WISSENSCHAFTSTHEORETISCHEN GRUND, DASS SICH EXISTENZBEHAUPTUNGEN NICHT FALSIFIZIEREN UND SICH NICHT-EXISTENZBEHAUPTUNGEN NICHT VERIFIZIEREN LASSEN.

    DIE RELIGIONEN HOFFEN INDES DURCHAUS AUF EINEN BEWEIS GOTTES, SCHLIESSLICH MEINEN SIE, IHM EINES TAGES “VON ANGESICHT ZU ANGESICHT” GEGENÜBERZUTRETEN.

    “Mir gefällt die Einstein’sche Position, dass Gott dasjenige Prinzip ist, von dem die Naturgesetze kommen – wobei ich mir durchaus einen Gott vorstellen kann, der in die Welt noch heute eingreifen kann …”

    WENN ÜBERHAUPT, DANN WAR EINSTEIN EIN DEIST, NICHT ABER THEIST. WIE ER WIEDER UND WIEDER VERSICHERN MUSSTE, HAT ER NIE AN EINEN PERSÖNLICHEN GOTT GEGLAUBT.

  36. Begriffliche Fragen…

    wie die nach dem sinnvollen Gebrauch des Wortes “Existenz” in Beziehung auf Gott – gebe ich zu – sind selber keine empirischen Befunde. Trotzdem – denn entsprechende Begriffe sind ja wie Brillen, die schon das Suchen der Befunde beeinflussen – noch einmal dazu:
    Ist schon klar, dass statistisch die meisten Christen von der Existenz Gottes ausgehen. Aber es gibt eben profilierte Vertreter, die keineswegs abseitig sind und die den Begriff “Existenz” bei Gott für ungeeignet halten, wie der Rabbi bzw. Tillich und Bonhoeffer (Den Gott, den es gibt, den gibt es nicht). Als ich (via Diskussionsgruppe der Brights!) jetzt nach dem genauen Tillich-Zitat suchte, merkte ich, dass auch Karl Rahner das auch so gesagt habe. Auch die ganze mystische Tradition versucht, aus dieser begrifflichen Sackgasse auszubrechen.

    Und, das sei auch angeführt: Schon im Konfirmandenunterricht lernte ich , der Glaube beziehe sich ausdrücklich nicht auf die Existenz Gottes. Sondern sei möglichst mit Dativ zu konstruieren: Wem zu glauben ist, Glaube als Vertrauen…
    Nachklapp deshalb zu den Gottesbeweisen des Hochmittelalters: Durchaus möglich, dass damit auch die Existenz Gottes aus dem Bereich des Glaubens herausgenommen werden sollte (und auf das Gebiet des Wissens geschoben).

    Auch die Entmythologisierungsdebatte des letzten halben Jahrhunderts ging in der Richtung: Glaube als Lebensform, Lebensbrille, Lebensregelung… , deren Vorstellungswelt (auch über Gott, Himmel, Hölle, Endgericht ff) auf ihren Lebens-Sinn hin zu interpretieren ist: Es komme weniger auf die Vor-Stellungen, mehr auf die Ein-Stellungen zum Leben an.

    Das hat zunächst wenig mit Religion light zu tun – eher mit (auch psychologischem) Hinterfragen, psychoanalytischem Ausdeuten der Symbolbilder. Und da kann man auch mit Hölle ff was anfangen (und muss das nicht einfach unter den Teppich kehren wie Bischof Huber und sein katholischer Kollege im Gespräch mit Dawkins, was nicht sehr redlich war).

    Nun ja, das alles wurde wohl nie richtig popularisiert; und da hätte ich schon meinen Vorwurf an einen Großteil der Theologen. Auch an die, die gern Bonhoeffer oder Tillich zitieren – im normalen kirchlichen Betrieb läuft es dann doch über die bekannten Formeln. So dass eben der Eindruck (bei Freund und Feind) festsitzt, dass Religion notwendigerweise hinter-weltlerisch sein müsse. Oder auf den Papa-Gott angewiesen sei, der alles schon schön richten wird…

    Daran will ich nicht weiter machen; und höre deshalb jetzt auf – möchte aber anmelden, dass mich am meisten interesieren würde, woher eigentlich die personi-fizierende Gottesvorstellung kommt, die sich in der kulturellen Evolution sehr erfolgreich durchsetzte. Da müsste man wohl noch ein paar Psychologen zu Rate ziehen. Die bisherigen, auch hier angedeuteten Antworten (“Mein Freund Harvey” ) sind ja nicht einfach falsch, aber so noch zu einfach. Daran müsste man noch wesentlich weiter denken.

    Basty

  37. Begriffliche Fragen…

    wie die nach dem sinnvollen Gebrauch des Wortes “Existenz” in Beziehung auf Gott – gebe ich zu – sind selber keine empirischen Befunde. Trotzdem – denn entsprechende Begriffe sind ja wie Brillen, die schon das Suchen der Befunde beeinflussen – noch einmal dazu:
    Ist schon klar, dass statistisch die meisten Christen von der Existenz Gottes ausgehen. Aber es gibt eben profilierte Vertreter, die keineswegs abseitig sind und die den Begriff “Existenz” bei Gott für ungeeignet halten, wie der Rabbi bzw. Tillich und Bonhoeffer (Den Gott, den es gibt, den gibt es nicht). Als ich (via Diskussionsgruppe der Brights!) jetzt nach dem genauen Tillich-Zitat suchte, merkte ich, dass auch Karl Rahner das auch so gesagt habe. Auch die ganze mystische Tradition versucht, aus dieser begrifflichen Sackgasse auszubrechen.

    Und, das sei auch angeführt: Schon im Konfirmandenunterricht lernte ich , der Glaube beziehe sich ausdrücklich nicht auf die Existenz Gottes. Sondern sei möglichst mit Dativ zu konstruieren: Wem zu glauben ist, Glaube als Vertrauen…
    Nachklapp deshalb zu den Gottesbeweisen des Hochmittelalters: Durchaus möglich, dass damit auch die Existenz Gottes aus dem Bereich des Glaubens herausgenommen werden sollte (und auf das Gebiet des Wissens geschoben).
    Auch die Entmythologisierungsdebatte des letzten halben Jahrhunderts ging in der Richtung: Glaube als Lebensform, Lebensbrille, Lebensregelung… , deren Vorstellungswelt (auch über Gott, Himmel, Hölle, Endgericht ff) auf ihren Lebens-Sinn hin zu interpretieren ist: Es komme weniger auf die Vor-Stellungen, mehr auf die Ein-Stellungen zum Leben an.
    Das hat zunächst wenig mit Religion light zu tun – eher mit (auch psychologischem) Hinterfragen, psychoanalytischem Ausdeuten der Symbolbilder. Und da kann man auch mit Hölle ff was anfangen (und muss das nicht einfach unter den Teppich kehren wie Bischof Huber und sein katholischer Kollege im Gespräch mit Dawkins, was nicht sehr redlich war).

    Nun ja, das alles wurde wohl nie richtig popularisiert; und da hätte ich schon meinen Vorwurf an einen Großteil der Theologen. Auch an die, die gern Bonhoeffer oder Tillich zitieren – im normalen kirchlichen Betrieb läuft es dann doch über die bekannten Formeln. So dass eben der Eindruck (bei Freund und Feind) festsitzt, dass Religion notwendigerweise hinter-weltlerisch sein müsse. Oder auf den Papa-Gott angewiesen sei, der alles schon schön richten wird…

    Daran will ich nicht weiter machen; und höre deshalb jetzt auf – möchte aber anmelden, dass mich am meisten interesieren würde, woher eigentlich die personi-fizierende Gottesvorstellung kommt, die sich in der kulturellen Evolution sehr erfolgreich durchsetzte. Da müsste man wohl noch ein paar Psychologen zu Rate ziehen. Die bisherigen, auch hier angedeuteten Antworten (“Mein Freund Harvey” ) sind ja nicht einfach falsch, aber so noch zu einfach. Daran müsste man noch wesentlich weiter denken.

    Basty

  38. @ – Basty

    “Und da kann man auch mit Hölle ff was anfangen (und muss das nicht einfach unter den Teppich kehren wie Bischof Huber und sein katholischer Kollege im Gespräch mit Dawkins, was nicht sehr redlich war).”

    Oja, das Dawkins-Tribunal in der Johannes B. Kerner-Show war ein Highlight theologischer Heuchelei. Die Dreistigkeit, mit der die beiden geistlichen Würdenträger – ohne auch nur eine Miene zu verziehen – eine Lüge nach der anderen erzählten, wird wohl für alle Zeiten unübertroffen bleiben. Gerade auch ihre Behauptung, dass die Hölle in der christlichen Verkündigung längst keine Rolle mehr spiele, war um so verwegener, als uns der Papst nur wenige Monate zuvor noch einmal ausdrücklich an die Existenz der Hölle gemahnte, in die jeder komme, “der die Augen vor Gottes Liebe verschließe”.

  39. @ – Basty

    Ich glaube, ich habe auf meinem Blog schon einmal das gerade von Dir genannte Problem angesprochen, dass sich insbesondere in der evangelischen Kirche zwischen der Theologie der Pastoren und der Theologie ihrer Gemeinde eine nahezu unüberwindliche Kluft auftut. Angeregt durch verschrobene idealistische Philosophen a là Hegel, Schelling, Schleiermacher oder Heidegger, haben sich Barth, Tillich, Bultmann und Sölle dazu hinreißen lassen, dass Christentum so zu verwässern, das es nahezu jeglichen Gehalt verloren hat und sie jetzt, wie es etwa bei Dorothee Sölle wortwörtlich heißt, “atheistisch an Gott glauben”.

    Ich betrachte dies keineswegs als illegitim. Was ich diesen Theologen vorwerfe, ist lediglich intellektuelle Unredlichkeit. Sie sollten redlicherweise mit offenen Karten spielen und gefälligst die Konsequenzen aus ihrem verkappten Atheismus ziehen.

    Da sie dies nicht tun, drängt sich der Verdacht auf, dass sie sich nur nicht um Lohn und Brot bringen wollen. Denn wenn die Gemeinde erfahren würde, dass es den lieben Gott gar nicht gibt, Jesus ein Mensch wie jeder andere war, die Auferstehung Christi lediglich ein Bild ist und es kein Leben nach dem Tode gibt, würden die guten Leute der Kirche rasch den Rücken kehren.

  40. @ – Basty: Die Existenz Gottes

    Da fällt mir ein, dass ich ja noch einmal kurz auf Deinen Vergleich zwischen Gott und Gerechtigkeit zu sprechen kommen wollte.

    Gott und Gerechtigkeit haben einen unterschiedlichen ontologischen Status. Von Gott nimmt man an, dass er objektiv, also unabhängig von uns, existiert. Von der Gerechtigkeit nimmt man dagegen zu Recht an, dass sie lediglich subjektiv existiert, also eine bloße Idee ist, die mit uns in die Welt getreten ist und mit uns auch wieder verschwinden wird.

    Ideen wie Freiheit, Gleichheit oder Gerechtigkeit sind lediglich normative Ideen, die uns helfen sollen, ein friedliches Zusammenleben der Menschen zu ermöglichen. Sie sind bloße Produkte unseres Geistes, der im Laufe der Menschheitsgeschichte lernen musste, dass es keinen Frieden geben kann, wenn man nicht allen Menschen gleichermaßen bestimmte unveräußerliche Rechte zuerkennt. Aber Rechte (wie etwa das Recht auf Leben, Freiheit oder Eigentum) haben wir natürlich nicht in derselben Weise wie wir Nieren haben – sie existieren nicht unabhängig von uns, sondern nur durch uns, indem wir sie allen Menschen “zuerkennen”.

  41. @ – Basty: Die “Idee” Gottes

    Obgleich Gott und Gerechtigkeit traditionell einen unterschiedlichen ontologischen Status haben, könnte man natürlich, wie von Dir vorgeschlagen, behaupten, dass Gott auch nur eine “Idee” sei. Die Idee Gottes ist sogar vergleichbar mit der Idee der Gerechtigkeit. Wie letztere ist auch erstere eine normative Idee, die dem friedlichen Miteinander der Menschen dienen soll. Denn wenn alle Menschen “vor Gott gleich” sind, ist die Gleichheit gewahrt und wenn sich alle Menschen “im Jüngsten Gericht” verantworten müssen, ist die Gerechtigkeit garantiert.

    Ich sehe jedoch nicht, dass die Idee Gottes irgendeine normative Kraft entfalten kann. Denn die “Gleichheit vor Gott” und die “Gerechtigkeit im Jenseits” sind darauf angewiesen, dass es Gott auch gibt, und zwar nicht nur subjektiv als normative Idee, sondern auch objektiv als unabhängig von uns existierendes Wesen.

  42. @ Edgar: Warum?

    “Denn die “Gleichheit vor Gott” und die “Gerechtigkeit im Jenseits” sind darauf angewiesen, dass es Gott auch gibt, und zwar nicht nur subjektiv als normative Idee, sondern auch objektiv als unabhängig von uns existierendes Wesen.”

    Warum? Selbst wenn Gott nichts weiter wäre als ein sozial konstruiertes Phänomen (wie “Gerechtigkeit”), würde dies doch bereits Verhaltensauswirkungen haben. Und dass Personalisierungen evolutiv einsichtig stärker wirken als Abstrakta, kannst Du ja gerade daran ersehen, dass auch Justitia menschenförmig dargestellt wird.

    Wenn ich z.B. glaube, dass mich Gott (oder die Ahnen) beim Ehebruch beobachten und diesen furchtbar bestrafen könnte(n), kann dies dazu führen, dass sich meine Kosten-Nutzen-Einschätzungen verändern und ich zum treueren Gatten werde – völlig unabhängig davon, ob Gott oder die Ahnen tatsächlich vorhanden und interessiert sind.

    Findest Du übrigens schon bei Emile Durkheims: Religion als soziale Tatsache.

  43. @ – Michael: Darum

    Die normative Kraft des Rechts beruht ja nicht auf der Furcht vor Iustitia, sondern auf der Furcht vor der Polizei.

  44. @ Edgar / Anthroposophen

    Reden wir vielleicht aneinander vorbei? Die Anthroposophen sind im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung in Westdeutschland überdurchschnittlich konfessionslos – und zwar schon seit vielen Jahrzehnten. Wie christlich (auch) die nicht-konfessionslosen Anthroposophen sind, ist – soweit ich die Literatur bislang überblicke – ein heftiger Streitpunkt zwischen allen sich damit Beschäftigenden (auch schon seit etwa Gründung der Anthroposophie). (Steiner hat zusammen mit einigen an der Anthroposophie interessierten Theologen eine “Christengemeinschaft” mitgegründet, ohne selbst Mitglied derselben zu werden. Etc. pp..)

    Jedenfalls kenne ich eine ganze Reihe Freidenker und natürlich auch Atheisten unter den Anthroposophen. Aber es ist, soweit ich sehe (und so weit das auch von anderen interpretiert wird), ganz und gar nicht zwangsläufig, daß jene 58 %, die an eine höhere kosmische Ordnung glauben bei den Anthroposophen identisch sind mit denen, die dort bewußter christlich sind. (Vielleicht ist eine solch allgemeine Aussage vielen dezidierter Christlichen auch zu sehr “Larifari”, als daß sie auf die Frage bejahend geantwortet hätten.)

    Aber, wie ist es denn: War Goethe (der für Anthroposophen auch eine große Rolle spielt) CHRIST? Waren so viele andere Geistesgrößen des Abendlandes, auf die sich moderne Religiosität des 20. Jahrhunderts stützt, waren das im wesentlichen Christen? Und doch war und ist ein großer Anteil von ihnen religiös. Die Anthroposophen sind da für mich nur ein leicht zugängliches Beispiel, da sie mehr organisiert heute sind als viele andere konfessionslose aber zugleich religiöse Menschen. (Als fester umrissene Gruppe sind sie relativ gut statistisch erfaßt und auch schon erforscht.)

  45. @ Michael

    Der Unterschied zwischen monotheistischer Religion und – etwa – Musik ist, daß ich als Mensch mit gesundem Menschenverstand in der Regel einem durchschnittlichen Musikwissenschaftler zuhören kann, ohne von vornherein den Kopf zu schütteln. Bei einem Theologen wird die Sache in der Regel sehr schnell gehörig anders. – Und worin liegt der Unterschied? Niemand gründet in der Musikwissenschaft Erkenntnisse auf “Wunder”, die die Naturgesetze durchbrechen und ähnliches. Es geht alles mit “natürlichen Dingen” zu. Das ist eben bei einer Relgion, die an das “Übernatürliche” glauben machen will, gänzlich anders.

    Der Vergleich mit Musik, Liebe und anderen Erfahrungs- und Erkenntnisbereichen ist deshalb meiner Meinung nach nicht durchgängig gültig, wenn es um supernaturalistische Religiosität geht und das ist ja gerade ihre Einzigartigkeit. Auch in der Musikwissenschaft kann ich kaum mit einem anderen Erkenntniswerkzeug operieren und kommunizieren als mit dem des “gesunden Menschenverstandes”. Ich kann nicht sagen: Auch wenn es absurd klingt – meine Behauptung stimmt und gerade die Absurdheit ist ein (oder sogar: DER) (Haupt-)Hinweis für ihre Richtigkeit und Stimmigkeit.

    Wenn es in der Quanten- und Relativitätstheorie unanschaulich wird, weil dort die Dinge nicht mehr so streng in Raum und Zeit eingeordnet sind, wie in unserer Alltagswelt, so ist doch dort dennoch die Herangehensweise an die Dinge wiederum gerade nicht so wie es eine supernaturalistische Religiosität unternimmt. Die Naturgesetze lassen hier Spielräume. Aber das ist ja gerade das Erstaunliche, daß Spielräume, nicht exakt Festlegbares, Wahrscheinlichkeiten nicht im Widerspruch zu unserer sonstigen Alltagserfahrung steht.

  46. Abgesehen davon…

    …dass ich doch hoffe, dass sowohl Religiöse wie Atheisten Überzeugungen auch hin und wieder ohne Strafandrohungen vertreten – bieten sich, um in Deinem Bild zu bleiben, überweltliche Akteure als unschlagbare, “transzendente Polizei” an: Sie sind im Idealfall omnipräsent, allwissend, von sich aus zur Strafverfolgung motiviert, nahezu unbestechlich, furchtbar, aber gerecht, können bis über den Tod hinaus strafen etc.

    Eine Gemeinschaft, die einander durch kostspielige Signale dieses Glaubens versichert, wird also mehr Regeltreue, Vertrauen und damit mehr Kooperationschancen (auch, aber nicht nur in Ehe und Familie) realisieren als eine Gesellschaft ohne diese geglaubte Realität.

    Genau das ist der empirische und auch biologisch wirksame Befund!
    Siehe genau (!) dazu auch:

    Johnson, D. D. P. & Bering, J. M. (2006). Hand of God, mind of man: Punishment and cognition in the evolution of cooperation. Evolutionary Psychology, 4, 219-233

    Als pdf hier:
    http://www.qub.ac.uk/…/Filetoupload,90239,en.pdf

    PS: Danke für die Post, kam heute an! (-:

  47. @ Michael

    Wer an den Gott der Bibel glaubt, ist nicht per se doof. Aber wer die Bibel in vielen Teilen wörtlich nimmt (und das fordert sie ja von dem Gläubigen), wer glaubt, die Welt sei in sieben Tagen erschaffen worden, das Meer hätte sich geteilt, und ausgerechnet noch zu dem Zeitpunkt als es die Israeliten besonders nötig gehabt hatten und so unglaublich viele ähnliche Dinge mehr, Jesus sei auf dem Wasser gegangen …., ja, da würdest Du, glaube ich, auch anfangen, den Kopf zu schütteln – oder etwa nicht?

    Die Geschichten, die wir uns HEUTE erzählen müssen, um religiös zu sein, müssen doch ganz andere sein. Ist das nicht offensichtlich?

    So etwas darf in jedem Wissenschaftszweig gesagt werden, warum also nicht auch bei der evolutionären Erforschung von Religiosität?

  48. @ Ingo: Von vornherein?

    Lieber Ingo,

    sowohl Naturwissenschaft wie Religion(en) überschreiten unsere derzeitigen Erkenntnisgrenzen – es ist seit Jahrhunderten ihr Vorrecht und ihre Pflicht, unsere etablierten Realitätsannahmen auch immer wieder in Frage stellen zu dürfen. Die von Dir hier eingeführten Bewertungen wie “lächerlich”, “absurd”, “widerspricht dem Weltbild der Naturwissenschaft”, die Du hier aus vermeintlich höherer Warte gegen Theisten und selbst gestandene Experimentalphysiker anbringst, sind von der gleichen “Qualität”, wie sie es schon gegen Galileo und Newton waren.

    Wenn Du schreibst “daß ich als Mensch mit gesundem Menschenverstand in der Regel einem durchschnittlichen Musikwissenschaftler zuhören kann, ohne von vornherein den Kopf zu schütteln. Bei einem Theologen wird die Sache in der Regel sehr schnell gehörig anders.” dann zeigt das m.E. genau das Problem: Ich verstehe ernsthafte Wissenschaft so, dass sie gerade das zu verstehen sucht, was bisher nicht verstanden ist – statt dass ich, wie Du wörtlich schreibst “von vornherein (!!!) den Kopf schüttele”. Es sei Dir ja unbenommen, abertausende Theologen aller Weltreligionen und Milliarden Gläubige einfach für dumm zu halten – aber damit bringst Du Dich eben um die Chance, zu verstehen, was da draußen wirklich vor sich geht.

    Wir hatten die Diskussion ja schon öfter: den Unterschied zwischen Beschreibung und Bewertung. Mir scheint, dass empirische Wissenschaft in der Lage sein sollte, Phänomene erst einmal bio-logisch zu beschreiben, “bevor” sie sie bewertet. Wer dagegen das Vor-Urteil (gegen wen oder was auch immer) schon gefällt hat, bevor ein umfassendes Verständnis da ist, bringt sich m.E. um die Fähigkeit zu echtem Erkenntnisgewinn.

    Mit herzlichen Grüßen, ganz ohne Kopfschütteln

    Michael

  49. @ Ingo: Präzise

    “Wer an den Gott der Bibel glaubt, ist nicht per se doof.”

    Danke, fühle mich geehrt. (-:

    “Aber wer die Bibel in vielen Teilen wörtlich nimmt (und das fordert sie ja von dem Gläubigen), wer glaubt, die Welt sei in sieben Tagen erschaffen worden, das Meer hätte sich geteilt, und ausgerechnet noch zu dem Zeitpunkt als es die Israeliten besonders nötig gehabt hatten und so unglaublich viele ähnliche Dinge mehr, Jesus sei auf dem Wasser gegangen …., ja, da würdest Du, glaube ich, auch anfangen, den Kopf zu schütteln – oder etwa nicht?”

    Nö. Mich würde brennend interessieren (bzw. interessiert brennend) “warum” Menschen solche Glaubensinhalte vertreten, welchen “Sitz im Leben” sie haben. Schon Wildbeutervölker haben prachtvolle Mythologien über sprechende Tiere, Helden, die zur Sonne klettern u.ä. – ohne dass sie deswegen im Alltag schlechter funktionieren würden. Im Gegenteil: Gerade dieser Aspekt der conditio humana gehört zu unserem Erfolgsrezept, Glaubende sind (siehe den Genetik-Beitrag) derzeit nachweisbar biologisch erfolgreicher als rationalistische Atheisten.

    Ich finde das alles viel zu spannend, um da von vornherein Werturteile abzugeben und wahlweise Glaubende oder Atheisten zu verspotten oder auch nur innerlich abzuwerten.

    “Die Geschichten, die wir uns HEUTE erzählen müssen, um religiös zu sein, müssen doch ganz andere sein. Ist das nicht offensichtlich?”

    Offensichtlich nicht. Milliarden Menschen sind mit ihren religiösen Mythen sehr glücklich und nicht selten erfolgreich. Dagegen sind die Kirchen mit moderner Theologie (Larifari, wie sie Edgar nennt) gerade auch diejenigen, die schrumpfen… Persönlich würde ich mir durchaus auch theologische Weiterentwicklungen wünschen. Aber eben nicht per ordre de mufti, sondern aus dem religiösen Leben der Menschen selbst erwachsend.

    “So etwas darf in jedem Wissenschaftszweig gesagt werden, warum also nicht auch bei der evolutionären Erforschung von Religiosität?”

    Weil die evolutionäre Erforschung von Religiosität zunächst einmal eine empirische und keine polemische Angelegenheit ist. Und wer da nicht in der Lage ist, das zu untersuchende Phänomen zunächst wertungsfrei zu beobachten und zu beschreiben, wird kaum für voll genommen.

  50. @ – Ingo: Anthroposophen

    “Reden wir vielleicht aneinander vorbei?”

    Möglicherweise! Soweit ich mich erinnere, wollte ich wissen, was “Anthroposophen” eigentlich sind oder was sie miteinander verbindet.

    Der andere Punkt betraf, wenn ich mich recht entsinne, die “höhere kosmische Ordnung”, von der einige Menschen behaupten, dass sie ihnen Orientierung im Leben gebe.

    Solange sich hinter der “kosmischen Ordnung” kein personales Wesen mit einer eigenen Intelligenz und einem eigenen Willen verbirgt, kann ich mir nicht vorstellen, wie man aus ihr Orientierung schöpfen will. Das gleiche gilt für die Anbetung der “Harmonie”, der “Symmetrie”, der “Energie” oder irgendwelcher anderer “Prinzipen”.

    Ich habe mal versucht, mich mit der Schwerkraft gutzustellen, bin dabei aber buchstäblich auf die Schnauze gefallen…

  51. @ – Michael: Die Idee Gottes

    Den Menschen liegt nicht an der Idee Gottes, sondern an der Existenz Gottes! Zwar muss Gott nicht unbedingt existieren, um den Menschen Hoffnung, Trost und Zuversicht zu geben. Aber dieser Zauber wirkt nur solange die Menschen von der Existenz Gottes wirklich überzeugt sind. Sobald Du ihnen sagtest, dass Gott gar nicht existiere, sondern lediglich eine Idee sei, ist der Zauber für immer dahin.

    Den Menschen liegt an der Existenz Gottes schon deshalb mehr als an der Idee Gottes, weil Gott existieren muss, damit sich wirklich ereignen kann, was sie sich erhoffen. Wenn Gott nicht existiert, ist ihre Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten, ein Jüngstes Gericht und den ewigen Frieden im Himmel vereitelt.

  52. @ Edgar

    “Aber dieser Zauber wirkt nur solange die Menschen von der Existenz Gottes wirklich überzeugt sind.”

    Ja, genau. Erinnerst Du Dich, dass Basty statt von einer empirischen Existenzannahme lieber von einem Vertrauen in eine überweltliche Realität gesprochen hat? Diese muss gegeben sein.

    “Sobald Du ihnen sagtest, dass Gott gar nicht existiere, sondern lediglich eine Idee sei, ist der Zauber für immer dahin.”

    Als empirischer Wissenschaftler kann ich das aber gar nicht sagen. Wenn wir Gott als soziale Realität beschreiben, beschreiben wir quasi den Bereich, der empirisch zugänglich ist. Ob es dahinter eine größere, übernatürliche Realität Gottes gibt, entzieht sich unserer Erkenntnisfähigkeit. Deswegen kann ich persönlich, wie Du weisst, einerseits mit Begeisterung naturalistisch forschen und dennoch nicht minder begeistert glauben. Wie Anton Zeilinger würde ich hier schlicht von zwei Erkenntniswegen sprechen.

    “Den Menschen liegt an der Existenz Gottes schon deshalb mehr als an der Idee Gottes, weil Gott existieren muss, damit sich wirklich ereignen kann, was sie sich erhoffen. Wenn Gott nicht existiert, ist ihre Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten, ein Jüngstes Gericht und den ewigen Frieden im Himmel vereitelt.”

    Ganz genau. Und deswegen ist Religion, swoeit wir wissen, nicht substituierbar. Selbst wenn sich eine zunehmend präzise Beschreibung der bio-logischen Mechanismen religiöser Vergemeinschaftung abzeichnet – ohne das Vertrauen in eine übernatürliche Existenz hat sie keine Wirkung. Genau deswegen fanden und finden wir keine einzige säkulare Gemeinschaft, die über mehrere Generationen hinweg den gleichen Reproduktionserfolg erzielte wie z.B. Amische, orthodoxe Juden o.ä.

    Und genau also weil er sich nicht ersetzen lässt, wird sich der Glaube, soweit wir absehen können, in einer freiheitlichen Gesellschaft immer wieder sowohl biologisch wie kulturell reorganisieren und durchsetzen. Ich finde das als Wissenschaftler spannend – und als religiöser Mensch bewegend.

  53. @ Edgar: Übrigens…

    …wollte ich Dir noch dafür danken, dass Du m.E. sehr schön herausarbeitest, warum ein personaler (theistischer) Glaube sehr viel verhaltensprägender und damit (auch) biologisch erfolgreicher ist als eine apersonale Mystik.

    Theistische Religionen streben für gewöhnlich, sich die Liebe der jenseitigen Akteuren (Ahnen, Göttern, Gott) zu erwerben, die aktiv in das eigene Leben und Fortpflanzung bejahen eingreifen.

    Apersonale Religionen (z.B. Buddhismus, Jainismus, einige Zweige des Hinduismus etc.) streben dagegen eine Befreiung vom als negativ erfahrenen Daseinsgesetz an. Von Dingen wollen wir uns nichts sagen lassen. Um überhaupt überleben zu können, werden diese Lehren volksreligiös quasi-personal umgedeutet: die Laien beten dann eben “zum” Buddha, Bodhisatva, Tirthankara, niederen Göttern etc.

    Ingo und Lars haben mich bisweilen verdächtigt, die monotheistischen Religionen zu bevorzugen. Aber das stimmt nicht, die Daten sind halt nur eindeutig: poly-, heno- und auch monotheistische Religionen sind reproduktiv einfach viel erfolgreicher. Deswegen hatte z.B. der Hinduismus in Indien den Buddhismus bereits weitgehend überwuchert, bevor der Islam die letzten Stätten erlöschen liess.

    Also, langer Rede, kurzer Sinn: Wie von Dir vermutet, scheint sich die volle religionsdemografische Wirkung bei personalen Gottvorstellungen einzustellen, apersonale, mystisch-spirituelle etc. Systeme sind weniger erfolgreich.

  54. @ – Michael: Die Idee Gottes

    Edgar:

    “Aber dieser Zauber wirkt nur solange die Menschen von der Existenz Gottes wirklich überzeugt sind.”

    Michael:

    “Ja, genau. Erinnerst Du Dich, dass Basty statt von einer empirischen Existenzannahme lieber von einem Vertrauen in eine überweltliche Realität gesprochen hat? Diese muss gegeben sein.”

    Tut mir leid, doch dies erscheint mir als ein bloßes Spiel mit Worten. Das “Vertrauen in eine überweltliche Realität” ist doch nichts anderes als das Vertrauen darauf, dass es Gott wirklich gibt.

    Wie auch immer, alles, was ich sage, ist, dass Christen darauf angewiesen sind, die “Existenz Gottes” und nicht nur die “Idee Gottes” zu proklamieren. Sobald die Kirchen ihrer Gemeinde sagten, dass es “einen Gott, den es gibt, gar nicht gibt”, werden die Kirchen leer bleiben.

    Wenn Du nicht von der Existenz Gottes überzeugt wärest und ihn lediglich für eine Idee hieltest, würde er Dich, um bei Deinem Beispiel zu bleiben, auch nicht vom Ehebruch abhalten können.

  55. @ Edgar: Existenzfragen

    Lieber Edgar,

    Dir scheint der Existenzbegriff ein Wortspiel, weil Du ihn stets als empirisch zugänglich denkst.

    Der religiöse Glaube geht aber von vornherein von einer “übernatürlichen” und also empirisch nicht einholbaren “Existenz” aus. Das eben bedeutet: den Gott, den es gibt, gibt es nicht. Oder in einem berühmten Zen-Wort: Wenn Du den Buddha findest, töte ihn. (D.h., lass Dich nicht täuschen – er ist im Nirvana, keine empirische Realität mehr, “kann” also gar nicht mehr empirisch zugänglich sein.)

    Deswegen findet die Gottes- (oder Ahnen- etc.)frage auf einer anderen Ebene statt als z.B. die Existenzfrage nach dem Yeti: Der letztere ließe sich empirisch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit widerlegen oder beweisen – für Gott oder die Ahnen gilt das nicht. Das schließt nicht nur Gotteswiderlegungen, sondern auch Gottesbeweise aus. Die Annahme kann also nur aus persönlicher (letztlich sozial & biologisch ggf. auch transzendent vermittelter) Evidenz, Erfahrung – aus Vertrauen erfolgen. Und ohne dieses “funktioniert” Religion auch demografisch beobachtbar tatsächlich nicht.

    Vielleicht hilft es, wenn wir einfach klar begrifflich zwischen natürlichen und also empirisch zugänglichen und übernatürlichen und also empirisch nicht einholbaren Existenzannahmen unterscheiden.

  56. @ – Michael: “Wortspiele”

    Lieber Michael,

    während meines Theologiestudiums hatte mir ein Professor einmal vorgehalten, ich würde griechisch und nicht hebräisch denken. Ich konnte (und kann) mit dieser Bemerkung nichts anfangen. Möglicherweise erklärt sie aber, warum ich die Unterscheidungen, die Du triffst, nach wie vor als bloße Wortspielereien betrachte.

    In meinen Augen kann man die Existenzfrage nicht als sekundär abtun. Religiosität besteht ja, streng genommen, nicht in dem Glauben an übernatürliche Wesenheiten, sondern in dem Glauben an die EXISTENZ übernatürlicher Wesenheiten.

  57. @ – Michael: Existenzbehauptungen

    Du schriebst:

    “Deswegen findet die Gottes- (oder Ahnen-)frage auf einer anderen Ebene statt als z.B. die Existenzfrage nach dem Yeti: Der letztere ließe sich empirisch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit widerlegen oder beweisen – für Gott oder die Ahnen gilt das nicht.”

    Existenzfragen lassen sich grundsätzlich nicht widerlegen. Dies gilt für den Yeti genauso wie für Gott oder Russells himmlische Teekanne. Wo auch immer wir suchen mögen, sie könnten immer noch woanders sein. Daher macht auch die von Dir vorgeschlagene Unterscheidung keinen Sinn:

    “Vielleicht hilft es, wenn wir einfach klar begrifflich zwischen natürlichen und also empirisch zugänglichen und übernatürlichen und also empirisch nicht einholbaren Existenzannahmen unterscheiden.”

    Existenzbehauptungen sind immer empirischer Natur, selbst wenn sie sich der empirischen Forschung entziehen. Die Behauptungen, dass es einen Gott, eine unsterbliche Seele oder einen freien Willen gebe, sind empirische Fragen, auch wenn sie sich empirisch nicht zufriedenstellend, geschweige denn abschließend beantworten lassen. Die empirische Forschung kann die Behauptungen von der Existenz Gottes, einer unsterblichen Seele oder einem freien Willen überflüssig machen, aber nicht widerlegen.

    Natürlich könnte man zwischen Fragen unterscheiden, die sich mit Hilfe empirischer Forschung beantworten lassen und solchen, die sich nicht mit Hilfe empirischer Forschung beantworten lassen. Doch angesichts der Vorläufigkeit all unseres Wissens, ließe sich eine solche Grenze kaum ziehen. Selbst die Fragen, die wir empirisch beantwortet zu haben meinen, könnten schließlich falsch sein.

  58. @ Edgar: Griechisch, hebräisch (-:

    Lieber Edgar,

    Du schriebst:

    “während meines Theologiestudiums hatte mir ein Professor einmal vorgehalten, ich würde griechisch und nicht hebräisch denken. Ich konnte (und kann) mit dieser Bemerkung nichts anfangen. Möglicherweise erklärt sie aber, warum ich die Unterscheidungen, die Du triffst, nach wie vor als bloße Wortspielereien betrachte.”

    Ja, das ist gut zusammen gefasst! (-; Natürlich ist es eine grobe Unterscheidung, aber im Grundsatz waren griechische Erkenntnisinteressen immanent-diesseitig orientiert, auch die Götter wurden als empirisch verortbar geglaubt, wurden in Bildern verehrt und wohnten auf dem Olymp und waren recht früh auch das Ziel entsprechenden Spotts.

    Die hebräische Tradition, und in der Folge auch der christliche (obwohl stark griechisch beeinflußte) und islamische Monotheismus, verorteten Gott entschieden transzendent-jenseitig. Gott mag auf dem Sinai gesprochen haben, er “wohnt” jedoch jenseits der Sterne und ist auch im Tempel nicht bildhaft verortbar.

    Es gab übrigens einen Neurologen, der die Entstehung dieser unterschiedlichen Gotteswahrnehmung auch aus der unterschiedlichen Verarbeitung vokalarmer (wie Hebräisch, Arabisch) bzw. vokalisierter (wie Griechisch, Lateinisch) Alphabete ableitete, Dtelef Linke. Bei Interesse siehe hier:
    http://religionswissenschaft.twoday.net/…122256/

  59. @ Edgar: Existenzfragen, die Xte

    Du schriebst:

    “Existenzfragen lassen sich grundsätzlich nicht widerlegen. Dies gilt für den Yeti genauso wie für Gott oder Russells himmlische Teekanne. Wo auch immer wir suchen mögen, sie könnten immer noch woanders sein.”

    Genau deswegen schrieb ich “Der letztere ließe sich empirisch (!) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit widerlegen oder beweisen (!) – für Gott oder die Ahnen gilt das nicht.” Selbstverständlich war und ist mir klar, dass es in der Naturwissenschaft auch für immanente Phänomene keine absoluten Existenzbeweise geben kann. Nur wäre ein immanenter Gott dennoch dazu verurteilt, sich in schrumpfende Lücken und Wahrscheinlichkeiten zurück zu ziehen, was für den Religionskritiker vielleicht aufregend, für den reflektierten Theologen aber einfach nur absurd ist.

    Ich kann Dich einfach nur bitten zu verstehen, dass transzendente Existenzannahmen “von vornherein” überempirisch angelegt sind. Zum Yeti kannst Du Expeditionen aussenden und mit einem Fund dessen Existenz mit hoher Wahrscheinlichkeit beweisen, mit jedem Misserfolg von einer sinkenden Wahrscheinlichkeit ausgehen.

    Die transzendente Existenz Gottes gilt dagegen dem Glaubenden von vornherein nur dann als erfahrbar, wenn er sich offenbart – Expeditionen, Raketen, Teleskope oder auch Doppelblind-Gebetsstudien stellen daher keine geeigneten Instrumente zur empirischen Klärung der Gottes-Existenzfrage dar. Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht.

    Klar formuliert: Wenn morgen eine Expedition aus dem Himalaya vom Fund eines Yeti berichtet und Haarproben mitbringt, würde das zu Recht elektrisieren. Wenn aber morgen die Kollegen von der ISS berichten würden, Gott wäre auf einen Besuch in der Raumstation vorbei gekommen und hätte ein Barthaar zurück gelassen, so wäre auch seitens der großen Theologie(n) zunächst eher ein (interessantes) psychologisches Phänomen zu vermuten.

    Denn der Yeti gilt den an ihn Glaubenden als immanente Existenz, Gott aber als transzendente Existenz. Deswegen können wir (Du, ich, Zeilinger usw.) über die Fülle aller empirischer Phänomene einer Meinung sein und dennoch unterschiedlich die (transzendente) Existenz Gottes glauben bzw. nicht glauben. Diese Grundfreiheit kann Dir und mir keine Wissenschaft und keine Rationalität abschließend nehmen.

  60. Möchten tät ich schon…

    … aber können gerade nicht.
    Ich würde schon rasend gerne noch Bemerkungen loswerden zu der Diskussion, die fast nur noch zwischen Michael Blume und Edgar Dahl läuft. Aber diese Woche vielleicht doch nicht mehr. Ich habe noch komplizierte medizinische Untersuchungen vor mir und muss vorher einige Dinge auf die Reihe bringen.
    Und eben auch dazu: Das alles ist, wie von Michael Blume am 16.3. um 11:48 angemahnt, ja keine Religionswissenschaft mehr sondern Religionsphilosophie bzw. (sprach-)philosophische Klärung von Begrifflichkeiten. Ist ja nötig, das begriffliche Handwerkszeug immer wieder neu anzusehen, aber vielleicht wäre es doch geschickt, dazu mal (im Blog von Edgar Dahl?) ein neues Fass anzustechen.

    Woran ich gern weiter machen würde:
    – Existenz-Begriff
    – ontologische Ebene von Gerechtigkeit, Gott ff
    – Transzendenz – biblisch – griechisch
    – hebräisch-griechisch (aletheia und ämät)

    Im übrigen habe ich – anders als Michael Blume (in derselben Äußerung am 16.3.) – nicht so einen negativen Eindruck, dass es in bloße Beschimpfung/ Verächtlichmachung… abrutscht.

    Aber genug für heute, sonst werde ich nicht fertig.

    Macht’s gut –
    fröhliche Ostern und dazu einen fröhlichen aufrechten Gang.

    Basty

  61. @ Basty

    “Im übrigen habe ich – anders als Michael Blume (in derselben Äußerung am 16.3.) – nicht so einen negativen Eindruck, dass es in bloße Beschimpfung/ Verächtlichmachung… abrutscht.”

    Habe ich auch nicht mehr. Mir wurde nur bange, als von lächerlichem Glauben etc. die Rede war. Das sind m.E. weder empirische noch philosophische Kategorien. Aber ich glaube, diese Diskussion hat den Umschwung geschafft.

    Dir alles Gute – wir freuen uns, wenn Du wieder mitdiskutierst, zumal bei vielen Fragen hierzu eine theologische Innensicht der besprochenen Begriffe und Phänomene ausdrücklich gut wäre!

  62. Es geht weiter – wenn’s so geht

    War alles doch nicht so schlimm bzw. nicht sooo zeitraubend langwierig; und morgen kann man ja ausschlafen, dank der christlichenn Feiertagsstruktur…

    Also, woran ich gerne weitermachen würde.

    (Aber bitte: nötigenfalls in einem neuen thread) – dazu schrieb ich:

    – Existenz-Begriff
    – ontologische Ebene von Gerechtigkeit, Gott ff
    – Transzendenz – biblisch – griechisch
    – hebräisch-griechisch (aletheia und ämät)
    – nehme ich noch dazu: Innerpsychische Entstehung der Gottesvorstellung.

    Existenz:

    Ich habe in Philosophie sicher manches verpasst u bin deshalb nicht sicher. Von Sprachphilosophie, gar Wittgenstein ff hörte ich damals nichts u weiß jetzt nicht viel.

    Ich wollte bloß Wert darauf legen, dass die Rede von verschiedensten Wirklichkeiten, Ereignissen, auch Vorstellungen… sinnvoll sein kann, auch wenn der Bergiff Existenz nicht passt. Dazu gehören wohl Ereigniswörter wie Zeit oder Wetter – existieren Zahlen? Oder sind das “nur” Ideen? Ideen können möglicherweise existieren, können auch zur materiellen Gewalt werden… Existiert Musik? Ein theologischer Psychologe erklärte uns mal: Wenn man sage, der Löwe, von dem einer geträumt hat, existiere in Wirklichkeit gar nicht – dann habe man zuwenig vom Traum begriffen. Aber eigentlich passt der Begriff Existenz doch nicht.

    So – und da geht’s also um die ontologische Ebene: “Gott” möchte ich nicht so verstehen wie Yeti oder das “gasförmige Wirbeltier” (Häckel?); auch nicht als “Grund des Seins” (Tillich u.a.). Sondern als Ereigniswort verstehen – wie Wetter oder Zeit oder Hass oder Gerechtigkeit (und mich da anlehnen an das, was ich bruchstückhaft von Luther mitbekam (in einem Buch von Althaus?), Gott müsse man eigentlich konjugieren. Aber durchaus auch an den mit ihm geistesverwandten Feuerbach.

    Versuche ich die Schneise mal so zu schlagen: Das geistige Klima, das durch die Wirkkräfte des Lebens in der Rezeption durch den Menschen entsteht und das der Mensch durch seine Bemühungen um Lebensbewältigung auch selber aktiv formt – das wird zur (geistigen) Luft um ihn, in ihr atmet er. Das wird zur virtuellen Wirklichkeit – so virtuell wie Daten auf einer virtuellen Festplatte – zumeist (aber nicht notwendigerweise) als Gott personi-FIZIERT. Jetzt grinst sich der Feuerbach eins: Also doch! der Mensch als Schöpfer Gottes! Nun ja, es kommt einiges gewissermaßen jedem Menschen schon voraus: Die Wirkkräfte des Lebens (alles zwischen Angst u Hoffnung)- [“ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat” und ich nicht alles zuerst selber schaffen musste. Ich “verdanke” mich] ; und es gibt Schöpfungen des Menschen, derer er sich nicht zu schämen hat. Jedenfalls bündelten sich in dieser virtuellen Wirklichkeit so viele Kräfte, dass es die bekannten adaptiven Erfolge der Religionen ergab. Aber nicht automatisch jeder Religion. Und auch nicht jeder Religion zu jeder Zeit, auch den Christen nicht als Bestandsgarantie. Und erfolgreiche Kräfte können auch erfolgreich destruktiv wirken. Das alles natürlich einkalkuliert.

    Zur Transzendenz:

    Ich möchte damit gewissermaßen immanenter bleiben als ich es zumeist von Religionsphilosophen (und auch Religionsisenschaftlern) höre. Ich halte auch die hoch-philosophischen Gottesbegriffe – “Grund des Seins” (Tillich) – “Wirklichsein der Wirklichkeit” (anscheinend Thomas von Aquin), auch Spinozas Pantheismus oder Einsteins Gott… für clever, aber man kann es im Grunde religiös nicht handhaben – ergibt kein gescheites Handling. (Am ehesten noch die Mystiker, die eine interpsychische Kraft auch innerpsychisch zu entdecken versuchen). Und dringender Verdacht, dass (fast) die ganze Bibel (ähnlich wie die vorphilosophische griechische Religion) mit diesen hochphilosophischen Gottesvorstellungen nichts anfangen könnte. Bloß – warum bloß? vielleicht war’s der Eingott-Glaube? – hat sich schon das frühe Christentum (wie das Septuaginta-Judentum) lieber an der griechischen Philosophie gemessen als an “normalen” Religionen. Und damit wurde aus der Theologie eine ziemlich außer-weltliche-überweltliche Gedankenakrobatik.

    Konkreter sind die (personifizierten) Wirkkräfte des Lebens – das (personifizierte) geistige Klima, in dem der Mensch agiert – die Wünsche, Träume, Hoffnungen, aus denen und mit denen der Mensch lebt… — da kann ich mir plausibel machen, dass Menschen zu Gottesvorstellungen gekommen sind. Und finde ich sogar einen Weg, solche religiösen Äußerungen wie Gebet zu erklären, als Bündelung von Gedanken und Hoffnungen, Bannung von Ängsten…

    Lasse ich mal das – jetzt ist doch schon wieder Mitternacht.

    Kurz zu den anderen Punkten:

    griechisch-hebräisch: Ich lernte es mal so: griechisches Verständnis von Wahrheit sei: Aufdecken – der “lethe”, dem Vergessen entziehen. Der Jüngling von Sais spiele da mit; aber ich suche ihn jetzt nicht heraus.

    Hebräisch sei Wahrheit viel näher bei “Vertrauen” – das, was sich bewährt. (Und insofern sehr nahe zu dem, was man “evolutionäre Erkenntnis-Theorie” genannt hat. Auch übrigens sehr nahe bei Glaube=Vertrauen-Treue. )
    Ich unterstelle deshalb, dass die Unterscheidung von hebräischem und griechischem Denekn nicht auf die Transzendenz Gottes passt. Gott ist, hebräisch-biblisch gedacht, wohl uverfügbarer als die Götter der griechischen Religion, auch als die Götter der verschiedenen vorderorientalischen Staatsreligionen; aber nicht einfach transzendenter. Eher überraschender. Ich denke bei der Unverfügbarkeit Gottes an die früh schon einsetzende prophetische Kritik an der Opferpraxis. Oder eben daran, dass die Unheilspropheten immer wieder den politisch unbequemen Gott ansagten. Aber da könnte man lange darüber reden. Eigentliche Transzendenz wird, wie oben gesagt, wohl erst spät, in der Anpassung an griechisch-philosophisches Denken, gedacht.

    Am meisten würde mich, wie öfters angerissen, interessieren, warum Menschen zu ihrer Lebensbewältigungsstrategie personale Gottesvorstellungen entwickelten. Ich deutete ja schon mal an, dass ich Dawkins Idee mit dem von Kindern eingebildeten großen Begleiter nicht nur für falsch halte. Aber auf typisch dawkinsche Art eben beschränkt (!) auf eine Herleitung, die auch noch desavouierend wirken soll.

    Die Augen der Raubtiere, vor denen sich (nicht nur) frühe Menschenhorden in Acht zu nehmen hatten, sind wohl auch zu benennen. Ich kam früher mal auf noch eine Idee: Der Mensch ist ein extremer Nesthocker – er kann nicht ohne erwachsene Fürsorge die ersten Jahre überleben. Da schauen Augen auf einen herunter, bevor man die Welt selber begeht und begreift. Auch das dürfte mitspielen. Und ganz wichtig: die durch verinnerlichte Eltern-Einflüsse bewirkte Gewissensbildung. Ich halte zB die Stimme Gottes in den biblischen Ur-Erzählungen “Adam, wo bist du” bzw. “Kain, wo ist dein Bruder Abel?” als durch Nach-außen-Projizierung dargestellte Gewissens-Stimme.

    Jedenfalls ist es typisch für den Menschen, der Wort und Antwort als Lebenselixier braucht wie die Luft zum Atmen und das fortführt in einem ineren Dialog mit seinem Gewissen, dass er diesem Geschehen ein Gesicht gibt.

    Und wenn da kindische Elemente mitschwingen, wie z.B. Dawkins durch sein einseitiges Beispiel nahelegt oder wie andere – psychologisch schon versierter – vermuteten: als nicht überwundene Bindung zur Mutterfigur? Dann würde ich sagen: es gibt viele Betätigungen von Erwachsenen, in denen kindlich/kindische Anteile sind: Genussmittel verschiedenster Art oder Spiele. Auch die Art, wie Menschen ihre Arbeit bewältigen. Aber wenn man etwa das Weinschlotzen oder das Schachspiel oder Workaholismus nur als nicht überwundene Kindheit entlarvt, dann hat man auch noch nicht sehr viel verstanden. So ist es auch gut, wenn man Religion nicht nur als das oder jenes entlarvt, sondern die verschiedensten Ebenen zu verstehen sucht.

    Schon wieder unendlich viel –
    jetzt ist weit über Mitternacht.

    Bevor der Hahn dreimal kräht, schalte ich den Computer ab.

    Macht’s gut – Basty

  63. @ – Basty

    “Ideen können möglicherweise existieren, können auch zur materiellen Gewalt werden…”

    Du klingst ja wie mein Staatsbürgerkundelehrer – bist Du etwa auch im Osten großgeworden?

  64. @ Edgar, die Ideen

    Na,ich bin im Südwesten Deutschlands aufgewachsen. Aber ich weiß, was “Stabi” im Osten gewesen ist. Das mit den Ideen zur “materiellen Gewalt” war auch ein indirektes Marx-Zitat. Was ich an Marx für gut (und zitierfähig) halte, habe ich (u.a. 1968) gelernt — in bewusstem Widerspruch zu dem, was im Osten als Marxismus-Leninismus (u.a. in Stabi) gelehrt wurde.
    Dabei sah ich auch (und sehe bis heute) gewisse strukturelle Parallelen von herrschenden Ideologien, den Ideologien der Herrschenden – ob in autoritär strukturierten und allein selig machenden Religionen oder in Ideologien einer Partei, die davon singen lässt, dass sie “immer recht hat”. Ich mag die jeweiligen Ketzer, Dissidenten… lieber – es wäre aber auch eine religionswissenschaftlich interessante Frage, warum auch Ketzerbewegungen gerne in Orthodoxie erstarren.

    Man könnte auch fragen, warum Religionen, die sicher zu einem guten Teil “Seufzer der bedrängten Kratur” sind, “Protestation gegen das Elend” (wie jetzt in Tibet) dann oft auch selber Elend produzieren. Dasselbe müsste man natürlich auch Marxisten fragen.
    (Und auch da scheint mir der begriffliche Unterschied Theismus-Atheismus nicht als das eigentlich Entscheidende).

    Basty

  65. @ Basty: Warum..?

    Du schriebst:

    “Man könnte auch fragen, warum Religionen, die sicher zu einem guten Teil “Seufzer der bedrängten Kratur” sind, “Protestation gegen das Elend” (wie jetzt in Tibet) dann oft auch selber Elend produzieren.”

    Meiner Meinung nach gilt hier das gleiche wie z.B. für revolutionäre Parteien, gerade auch dann, wenn diese aus realen Nöten heraus geboren wurden: Nicht erst im Inhalt oder gar den Idealen der Aktivisten beginnt hier das Problem, sondern in der Versuchung der jeweiligen Spitzenfunktionäre, die einmal erworbene Machtstellung als Monopol aufrecht zu erhalten. Nicht umsonst gehen die Unterdrückungsmaßnahmen nach außen daher auch regelmäßig mit “Säuberungen” nach innen umher, wo ebenfalls keine Vielfalt mehr geduldet wird.

    Wo immer das geschehen ist, bestand und besteht zwischen religiösen und atheistischen Gruppen tatsächlich kaum ein Unterschied… Deswegen ist die positive wie negative Religionsfreiheit von so unaufgebbarer Bedeutung, sie ist -als Recht zur Dissidenz- das Fundament von Freiheitlichkeit.

  66. Das Wort “Gott”

    @ Basty
    ich wüßte gerne mehr über das Wort “Gott” als zu konjugierendem Ereigniswort.

    Deutschlehrerhaft möchte ich aber daran erinnern, daß die Beugung/Flexion eines Substantivs (der, die oder das Gott) allerdings Deklination genannt wird und nicht Konjunktion.

  67. Gott konjugieren @ Edgar

    Ganz schnell, Edgar:

    Mir begegnete die Aussage, dass Luther mal mit dem Gedanken spielte, man müsse Gott eigentlich als Verb nehmen und folglich konjugieren – das begegnete mir vor über 30 Jahren in einem Buch über Luthers Theologie (von Paul Althaus? FGogarten? GEbeling?).
    Ich finde es hier nicht mehr.

    Ich fand jetzt im Internet
    http://www.predigtdatenbank.de/…hp3?predigt=3571

    folgendes Luther-Zitat:
    “Si Deus pro nobis, quis contra nos? [sc.: Römer 8]Wenn wir das Pronomen nos und nobis wohl könnten deklinieren und verstehen, so würden wir das Nomen Deus auch wohl konjugieren und aus dem Nomen ein verbum machen, dass es hieße: Deus dixit et dictum est; da würde die Präposition contra zu allen Schanden werden und endlich ein infra nos daraus werden, wie doch geschehen wird und muss Amen.” (Martin Luther)

    Ehrlich gesagt, ich versteh nicht, was Luther da wirklich wollte – was Mystisches? Gott in uns?

    Für *mich* hat sich eben aus der Erinnerung an den vor über 30 Jahren gelesenen Hinweis zu Luther (der sich *vielleicht* eben auf dieses Zitat bezog) der Gedanke herausgebildet, man könne ja “Gott” zwar nicht als Verbum aber doch immerhin als Ereigniswort nehmen (wie Zeit, Gerechtigkeit, Freude). Ich will gar nicht behaupten, dass ich da mit Luther einig wäre; aber ich möchte schon unterstellen, dass Luther manche Gedanken geäußert hat, die über die normale Begrifflichkeit hinausgehen.
    [Berühmt ist ja seine Formulierung, dass der Glaube Gott *mache* (nicht an sich, aber in uns). Aus der Ferne lässt Feuerbach grüßen – wäre doch auch reizvoll, dem mehr nachzugehen.]
    Und auch anhand dieses grammatikalisch sicher unmöglichen aber doch reizvollen Vorschlags könnte man ja mal (durchaus über Luther hinaus) *weiter* denken.

    Im Übrigen sind mir die grammatischen Begriffsunterschiede schon klar zwischen Deklination und Konjugation (so heißt es doch wohl). Aber das ist eben der Clou, dass für ein Substantiv, bei Luther “Nomen” , vorgeschlagen wird, man solle doch probieren, es zu konjugieren.

    Sonst: Ich schreibe schon wieder mal auch mit. Aber ich will zuerst noch an dem Hayek rumdenken und lesen; und lese, wie man sieht, auch immer mit. Aber genau da ist einer der Haken: Man kann in diesem Blog (und wenn man einigen Links nachgeht) so viel lesen, dass man gar nicht mehr zum Schreiben kommt.

    Macht’s gut.
    Basty

  68. @ Basty Gott konjugieren

    Tatsächlich, es heißt Konjugation für Verben, nicht Konjunktion hab ich verwechselt. Ist jedenfalls ein spannender Ansatz, weil es vom denken und sprechen auch zum handeln kommt. Ich denke dabei an Max Weber der zum Beispiel das Menschenbild des calvinistischen Protestantismus so beschrieb , daß der Mensch Gottes Werkzeug ist, nicht Gottes Tempel ist und demnach aktiv sein soll und nicht passiv.

  69. Wirtschaftstheologie

    Bin dem Zusammenhang von Wirtschaft und Religion noch etwas gefolgt und habe bei Wolfgang Palaver den interessanten Begriff “Wirtschaftstheologie” entdeckt, sowie eine Beschäftigung mit Walter Benjamins Konzept des “Kapitalismus als Religion” (1921). Bin auf eure Gedanken dazu gespannt!

    s.a.:
    “Die Katholische Soziallehre angesichts eines religiösen Kapitalismus”
    http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/html/532.html

    “Kapitalismus als Religion”
    http://www.volksbuehne-berlin.de/…lter_benjamin/

    “Wirtschaftstheologie”
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftstheologie

  70. spannendes, höchst interessantes Gebiet

    In meiner Freizeit interessiere ich mich für Philosophie ebenso wie für Gebiete der Hirnforschung.
    Einige Geanken, der mich zum Suchen im Internet veranlasst haben:
    Mensch-Tier-Grenze:
    Bewusstsein u. a. bzgl. Tod, unerforschte Weiten und enorme Bedeutung des Unbewussten als Kriterien

    Ich würde mich freuen, mer zu dieser spannenden Thematik erfahren zu können und vielleicht sogar mein Gedankengut irgendwie einbringen zu können.

  71. @ Claudia Saar

    Herzlichen Dank für Ihr Interesse – und willkommen in den Chronologs, wo Sie auch zum Mitdiskutieren herzlich eingeladen sind!

    Und wenn Ihr Interesse an der Evolutionsforschung zur Religiosität weitergeht: Am 7.10. erscheint genau dazu ein Buch von Rüdiger Vaas und mir, siehe Ankündigung & Flyer dazu hier:
    http://religionswissenschaft.twoday.net/…202720/

    Vielleicht also bis bald!

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