Wolfram Hogrebe: Was ist der Mensch? Wer ist der Mensch?

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Salon der zwei Kulturen
GUTE STUBE

Mein erster Gast in der Guten Stube ist Wolfram Hogrebe. Er ist Ordinarius für Theoretische Philosophie an der Uni Bonn und einer der profiliertesten deutschen Philosophen. Kennen gelernt haben wir uns auf der letzten Frankfurter Buchmesse als Teilnehmer eines Podiums über Natur- und Geisteswissenschaften. Dort nahm Professor Hogrebe den eliminatorischen Reduktionismus aufs Korn – also den Versuch der Rückführung auch aller geistigen Prozesse auf reines Naturgeschehen –, der derzeit von einer Reihe prominenter Naturwissenschaftler gepredigt wird – eine Art "Wissenschaftssekte", wie Hogrebe sich in Frankfurt ausdrückte. In der Guten Stube erläutert er, warum es notwendigerweise "Verstehensgrenzen" für die naturwissenschaftliche Methodik gibt. Ein Rest, ein real unknown, bleibe bei der Erforschung des Menschen immer bestehen. Warum auch die Life Sciences nie die Geisteswissenschaften ersetzen könnten. Herzlich willkommen, Herr Hogrebe!

Wolfram HogrebeWas ist der Mensch? Wer ist der Mensch?

Im biologischen Selbstbild versteht sich der Mensch als Mitglied einer Spezies, der ausschließlich durch biologische Eigenschaften definiert ist. Kulturelle Eigenschaften können aus diesem Blickwinkel dem Menschen nicht zugeschrieben werden. Als Mitglied einer biologischen Spezies hat der Mensch daher keine semantisch qualifizierten Eigenschaften, hat er weder Interessen, noch Selbstbewusstsein, Personalität, noch hat er Rechte. Alle diese Eigenschaften sind nur in einem Kulturbegriff des Menschen spezifizierbar. Im Kulturbegriff des Menschen allein versteht er sich selbst, versteht er sich über seine Kultureinbettung hinaus, versteht er sich aber auch in seinen naturwissenschaftlichen Selbstbildern. Denn jedes Selbstbild des Menschen wird gefunden und existiert nur im Kulturbegriff des Menschen.

Dem Begriff nach ist der Kulturbegriff des Menschen also immer das Erste, alle seine Naturbegriffe ein Zweites. Ein Ergebnis seiner kulturbegrifflichen Selbstbildforschung ist dann dies: Der Naturbegriff des Menschen ist der Sache nach das Erste, sein Kulturbegriff ein Zweites. Diese aristotelische Verschränkung muss man klar vor Augen haben, wenn man wissen will, wo man steht, wenn man über den Menschen redet. Das gilt auch dann, wenn man die Verschränkungsmatrize ‚dem Begriff nach’ und ‚der Sache nach’ selber thematisiert, um diese Relate in ein Beziehungsspiel zu bringen.

Daran hat sich die Philosophie seit jeher abgearbeitet. So gibt es nicht erst heutzutage eine deutliche Tendenz, eines dieser Relate, nämlich ‚dem Begriff nach’, streichen zu wollen. Hier tummeln sich auch heute die Spielarten naturalistischer Optionen, Spielarten manchmal geradezu militanter (‚eliminativer’) Reduktionismen. Wo man zwar zugibt, dass es ganz ohne semantische Profile im Selbstverständnis nicht gut angeht, aber gleichwohl zeitgeistkonform ein guter Naturalist bleiben will, verdunkelt sich das Szenario intellektuell in einen Zirkus der Emergenzen. Bisweilen zaubert man in einem Varieté der Wissenschaften aus einem leeren Zylinder Relais-Entitäten wie die sogenannten Meme (Richard Dawkins) hervor. Diese fungieren als missing link zwischen Gen und Geist. Der gesamte Kulturraum bis zur Kunst der Fuge von Bach kann dann im Modell einer evolutionären Kulturtheorie via Memetik mit der neuronalen Ebene kurzgeschlossen werden (Daniel Dennett). Kultur wird so zu einer memetisch aufgeschäumten Genetik.

Im Stile einer Renaissance des 19. Jahrhunderts propagiert man heute, nur um dem Geist ausweichen zu können, Life Sciences, Lebenswissenschaften. Sie sollen die Geisteswissenschaften unnötig machen. Was braucht man Geist, wo man die Gene hat, mit denen Geld zu machen ist?

Nun ist das Leben, von dem die Lebenswissenschaften handeln, aber leider wieder nicht das Leben in seiner kulturbegrifflichen facon d´être, ist nicht das geschichtsfähige Leben in den Kulissen seiner umkämpften Selbstauslegung. Das Menschenbild, in dem Menschen sich in ihrem Programm des Menschenmöglichen wiederfinden, besteht nicht nur in Aussagen über seinen genetischen und zellulären Aufbau, sondern beginnt mit seiner freilich faktizitätsabhängigen Idealität. Ohne diese gibt es überhaupt kein Verstehen, kein Selbstverständnis des Menschen und so kann die sekundäre Idealität des Menschen auch begrifflich nicht unterlaufen werden. Die Differenz von Sinn und Sein kann nicht erklärt werden, weil jede Erklärung von ihr schon Gebrauch machen muss.

Die Frage ‚was ist der Mensch?’ muss daher durch die andere Frage, ‚wer ist der Mensch?’ ergänzt werden. Menschen, wenn sie in ihrem Programmsinn thematisiert werden, sind nicht Entitäten, die in metrisierbaren Relationen zu anderen Entitäten stehen, sie sind vielmehr in Bezüge eingelassen, die Gelingens- und Widerfahrnischarakter haben. Aus solchen Bezügen, aus solchen ‚Spielräumen’ entscheidet sich für den einzelnen wie für die Menschen insgesamt ‚wer’ sie sind. Wenn wir jemanden fragen ‚wer bist du?’, dann fragen wir nicht nach seinen Genen, sondern nach seiner geschichtlichen Identität, über die er zugleich immer auch hinaus ist.

Gerade solche historisch geronnenen Identitäten dokumentieren Möglichkeiten des Menschseins in Alltag, Wissenschaft, Wirtschaft, Religion und Kunst. In dieser Dimension entfalten die Geisteswissenschaften ihre Fragestellungen, sie stehen im Dienste der Antwortarbeit auf die Frage ‚wer’ der Mensch ist. Diese Frage wird von den Life Sciences nicht gestellt und kann von ihnen auch nicht gestellt werden. Personalpronomen sind im Vokabular der Life Sciences amtlich nicht vorhanden.

Der Umstand, dass die Differenz von Sinn und Sein nicht erklärt werden kann, indiziert: Es gibt Verstehensgrenzen. Und das besagt: Der Mensch ist im Programm des Menschenmöglichen in eine Dimension hineingestellt, die kognitiv nicht ganz durchdringbar ist. Ein real unknown muss anerkannt werden. Dieses Wissen um ein reales Nichtwissen als Voraussetzung des Wissens ist der sokratische Adel des Menschen, wie ihn die Philosophie begreift.

 


Institutshomepage von Prof. Dr. Wolfram Hogrebe


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Veröffentlicht von

Carsten Könneker Zu meiner Person: Ich habe Physik (Diplom 1998) sowie parallel Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte (Master of Arts 1997) studiert – und erinnere mich noch lebhaft, wie sich Übungen in Elektrodynamik oder Hauptseminare über Literaturtheorie anfühlen. Das spannendste interdisziplinäre Projekt, das ich initiiert und mit meinen Kollegen von Spektrum der Wissenschaft aus der Taufe gehoben habe, sind die SciLogs, auf deren Seiten Sie gerade unterwegs sind.

23 Kommentare

  1. Der sokratische Adel

    Herr Hogrebe hat in unübertroffener Klarheit den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich möchte in aller Bescheidenheit noch einen Gedanken hinzufügen: Die Offenbarung des Universums als einer komplexen Idee seiner selbstim Gegensatz zum Sein in oder oder außerhalb des wahren Seins von sich ist in sich ein begriffliches Nichts oder ein Nichts in Beziehung zu jeder abstrakten Form des Seienden oder Sein-Sollenden oder in Ewigkeit Existiert-Habenden, und den Gesetzen des Physikalischen in Bezug auf die Nicht-Materie oder das Fehlen objektiven Seins oder objektiven Andersseins nicht unterworfen.

    Ich gebe zu, dies ist ein sehr subtiler Gedanke, doch ich bin zuversichtlich, dass Herr Hogrebe ihn verstehen wird.

    Mit heiderggerschem Gruß

    Woody Allen

  2. Falsche Prämisse

    Schon die Prämisse ist falsch: kulturelle Eigenschaften können dem Menschen (und auch den intelligenteren Tieren) sehr wohl auch aus dem biologischen Blickwinkel heraus zugeschrieben werden. “Kultur” ist eine Eigenschaft eine Gruppe von biologischen Wesen. Da bleibt dann nicht mehr viel Substanz

  3. Wahrnehmungslücke erfordert Sinn-Gebung

    … weil wir selbst nicht bewusst erleben können, wie aus unserem biologischen “Substrat” unser individuelles Bewusstsein sich erhebt.

    Wir stehen vor Tatsache, dass zwischen
    – unserem fremd-beobachtbaren biologischen Sein und
    – dem eigenen bewussten Erleben des eigenen biologischen Seins eine Art kognitives “Niemandsland” besteht, das man einerseits von den Naturwissenschaften her und von der anderen Seite von den Geisteswissenschaften her “aufzurollen” versucht. In diesem “Niemandsland” vollzieht sich emergent im Unbewussten der bislang noch unbeobachtete (unbeobachtbare?) qualitative Wandel von Sein zu Sinn.

    Das Problem scheint nun (reduktionistisch) darin zu bestehen, dass eine bewusste Selbst-Wahrnehmung offenbar eine “höhere” Gehirn-Funktion ist, die erst auf der Grundlage elementarer Gehirnfunktionen möglich ist. Elementaren Gehirnfunktionen steht nun also keine Selbst-Wahrnehmung zur Verfügung, daher entsteht ein “Loch” in der Selbst-Wahrnehmung (evtl. das “real unknown”), das durch nachträgliche Sinngebung, soll heißen: frei erfundene Erklärungsversuche “gefüllt” wird.

  4. Ein sehr schöner Beitrag von Herrn Hogrebe. Ich dachte schon, die Wissenschaftswelt besteht nur noch aus Roths, Singers und der Giordano Bruno Stiftung http://www.giordano-bruno-stiftung.de/

    Man sollte als intelligenter Mensch in der Lage sein die Grenzen der naturwissenschafltichen Methodik anzuerkennen und nicht einfach Dinge für nicht existent zu erklären, weil die Methodik keine passende Antwort darauf gibt.

  5. Schon, aber dann fiele wahrscheinlich auf, dass seine These entweder trivial oder Unfug ist.

    Das ist bei vielen abgehobenen Formulierungen so… 😉

  6. @ Fischer: Praktische Philosophie

    Klar gibt es praktische Philosophie. Aristoteles und Kant etwa unterschieden zwischen theor. Philos. – worunter zum Beispiel Logik und Erkenntnistheorie fallen – und praktischer Philos. – wozu vor allem die Ethik, aber auch die Rechts- und Religionsphilosophie gehören.

  7. @ Fischer

    Ich habe den Kommentar von woody nicht bis zu Ende gelesen und habe dazu auch gar keine Lust. Von daher weiß ich nicht, was er meint, doch wer so etwas verzapft, der gehört nicht verstanden.

    Ich weiß nicht, warum manche sich so schwülstig ausdrücken müssen.

  8. Der Geist fiel nicht vom Himmel

    Ich gebe es reumütig zu – ich bin “Woody Allen”. Mich haben die Ausführungen von Herrn Hogrebe so sehr an die pseudo-intellektuellen Phrasen eines Martin Heidegger erinnert, dass ich einfach nicht anders konnte, als Woody Allens Bemerkung zu zitieren, mit der er sich gekonnt über die nichtssagenden Wortgirlanden von Philosophen à la Hegel, Fichte, Schelling und andere Schleiermacher lustig gemacht hat.

    Aber ganz im Ernst: Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Herr Hogrebe spricht, wenn er behauptet, dass der Mensch aus biologischer Perspektive keine Eigenschaften wie Interessen, Selbstbewusstsein oder Personalität besitze. Personalität und Selbstbewusstsein sind biologische Charakteristika, die Mitglieder bestimmter Spezies auszeichnen – neben dem Menschen zumindest auch die anderen Großen Menschenaffen, wie Schimpanse, Gorilla, Orang-Utan und Bonobo.

    Gleiches gilt selbstredend auch für unsere “Interessen”. Woher meint Herr Hogrebe, dass unser Interesse an der Selbsterhaltung, an Nahrung, Fortpflanzung oder den Schutz unserer Nachkommen stammen? Diese Interessen sind selbstverständlich biologischer Natur und nicht erst eine Errungenschaft der Kultur.

  9. Natur durch Kultur

    In vielerlei Hinsicht ist Kultur “nur” Natur mit anderen Mitteln. Nehmen wir nur das Beispiel des Inzest-Tabus. Die Natur hat viele Mittel und Wege gefunden, um die genetisch deletären Konsequenzen des Inzests, die sog. “Inzuchtdepression” zu vermeiden. So wandern bei den Schimpansen beispielsweise die Weibchen mit Beginn ihrer Geschlechtsreife aus und schließen sich einer Gruppe von Schimpansen an. Dieses Auswandern dient offenbar der Inzestvermeidung – es verhindert, dass ein geschlechtsreifes Weibchen mit seinem eigenen Vater oder einem seiner Brüder kopuliert.

    Bei Menschen gibt es, wie schon Westermarck bemerkte, einen ähnlichen natürlichen Mechanismus, der der Inzuchtdepression vorbeugen soll. Zusätzlich zu den natürlichen Barrieren haben Menschen jedoch noch kulturelle Barrieren gegen den Inzest errichtet – moralische und rechtliche Normen, die den Geschlechtswerkehr zwischen Blutsverwandten untersagen.

    Es gibt zahllose Beispiele dafür, wie die Kultur der Natur zur Hand geht. Das Inzest-Tabu ist nur das bekannteste und offensichtlichste Beispiel hierfür. Viele “kulturelle” Traditionen, wie etwa bestimmte Nahrungstabus oder das postpartum Koitus-Tabu, werden uns sogar erst verständlich, wenn wir ihre biologischen Wurzeln entdecken und ihre evolutionäre Adaptivität begreifen.

    Ich persönlich kann die Angst vor dem Naturalismus nicht verstehen. Wilson, Dawkins, Weinberg, Vollmer, Kanitscheider, Sommer, Voland und andere Mitglieder der geschmähten Giordano-Bruno-Stiftung nehmen uns doch nichts weg. Ganz im Gegenteil, sie geben uns etwas. Sie helfen uns, die Welt und uns selbst zu verstehen.

  10. …womit wir uns als Kulturbanausen geoutet hätten. Aber dass ich Woody Allen nicht prickelnd finde, dazu steh ich: Typ mit Dachschaden in New York – So what?

    Herr Horgrebe überträgt anscheinend den klassischen Dualismus auf die Beschreibung des Menschen: Die Identität ist als “höhere Eigenschaft” des Menschen von seiner Natur getrennt.

    Letztendlich fasst Herr Horgrebe einen bekannten Umstand in sehr viele Worte. Naturwissenschaft betrachtet den Menschen “von außen”, aus der Sicht eines hypothetischen externen Beobachters. Die Betrachtung “von innen”, also nach den Maßstäben, die aus dem Menschen selbst kommen, ist jedoch genauso gültig.

  11. Scheinproblem: Geist versus Natur

    Das Problem der Dualität zwischen Natur und Geist kann meines Erachtens nach seiner Entstehung verstanden werden: Der Mensch hat zu seinem eigenen Körper keinen mentalen Zugang in dem Sinne, dass er z.B. durch rein mentale “Erforschung” seinen biologischen Körper erkennen kann (z.B.: wo der noch nicht schmerzende unoperierte Blinddarm situiert ist, oder: welche Muskeln es gibt). Zur Erforschung des materiellen Körpers ist eben materielle, naturwissenschaftliche Erkundung nötig, die den eigenen Körper wie ein Objekt erforscht.

    Im gesunden, nicht schmerzenden Körper ist dieser Körper dem eigenen Geist eben kaum bewusst. (Das wollte ich durch die oben erwähnte Wahrnehmungslücke darstellen.) Daher empfindet der Mensch meines Erachtens den eigenen Geist vom eigenen Körper in gewisser Form als voneinander getrennt. Und daraus entsteht dann die “Dualität” von Körper und Geist.

    Diese Dualität, diese empfundene Zweiheit von Geist und Natur lässt sich in ihrer Entstehung verstehen, aber als philosophisches Problem sehe ich sie lediglich als Scheinproblem: Körper bzw. Natur und Geist sind eine Einheit, sind nicht getrennt, sind eher wie die beiden Seiten einer Münze zu verstehen: Man kann sie von verschiedenen Seiten betrachten, aber sie sind voneinander abhängige Teile, die jeder für sich die Identität des anderen bestimmen.

    Damit sei aber keiner reduktionistischen Betrachtungsweise das Wort geredet. Wahrscheinlich tut ja eine neue “synthetische” Betrachtungsweise Not, die z.B. das Zusammenwirken von Natur- und Geisteswissenschaften interdisziplinär nutzt. Dazu muss aber zuerst die Dualität zwischen Geist und Natur als Scheinproblem verstanden werden.

  12. @ Edgar Dahl

    “Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Herr Hogrebe spricht, wenn er behauptet, dass der Mensch aus biologischer Perspektive keine Eigenschaften wie Interessen, Selbstbewusstsein oder Personalität besitze.”

    Damit ist wohl gemeint, daß man nicht weiß, wie so etwas wie das Selbstbewußtsein oder auch das Bewußtsein zustande kommt. Mit feuernden Neuronen kommt man da nicht weit. Es gibt keine naturwissenschaftliche Erklärung dafür. Etwas zu beobachten und aufzuzeichen ist ja nicht so der wahnsinnige Erkenntnisgewinn. Das erklärt gar nichts.

    “Ich persönlich kann die Angst vor dem Naturalismus nicht verstehen. Wilson, Dawkins, Weinberg, Vollmer, Kanitscheider, Sommer, Voland und andere Mitglieder der geschmähten Giordano-Bruno-Stiftung nehmen uns doch nichts weg. Ganz im Gegenteil, sie geben uns etwas. Sie helfen uns, die Welt und uns selbst zu verstehen.”

    Ich persönlich habe keine Angst vor dem Naturalismus, ich stehe dem nur sehr kritisch gegenüber. Und ich möchte mir auch nicht von diesen Herren helfen lassen, die Welt besser zu verstehen. Ich bin mit meiner Weltanschauung sehr zufrieden. 🙂 Das sind eh nur Glaubensäußerungen, die ich ablehne.

    • Wie gern würde ich verstehen wollen, die Augen sind mit der Zeit ganz müde geworden. Bitte berücksichtigen Sie alle in diesem nicht allzu (Pardon) belanglosen Kreis die Biologin Meike Stoverock bzw. ihre Arbeiten zum Thema `female choice’ bei Ihren Anschauungen zum Thema. (http://www.fraumeike.de)
      Vielen Dank. 🙂

      Was ist der Mensch? Wer ist der Mensch?

  13. @ Fisch – Letzte Chance zum Widerrufen

    Ich weiß, Woody Allen liebt man oder hasst man. Hier ein letzter, verzweifelter Versuch, Dich umzustimmen:

    “I am at two with nature.”

    “My one regret in life is that I am not someone else.”

    “Life is full of misery, loneliness, and suffering – and it’s all over much too soon.”

    “I don’t want to achieve immortality through my work… I want to achieve it through not dying.”

    “On the plus side, death is one of the few things that can be done just as easily lying down.”

    “If it turns out that there is a God, I don’t think that he’s evil. But the worst that you can say about him is that basically he’s an underachiever.”

  14. @ Fischer – Side Effects

    Stimmt, Woody Allens Bücher sind weit besser als seine Filme (obgleich ich natürlich auch ein Fan von “Manhattan”, “Hannah and Her Sisters” u.a.m. bin).

  15. Erklärungen der verschiedensten Art

    In dem in hochabstraktem Fachjargon gehaltenen Text von Hogrebe wird m.E. lediglich darauf hingewiesen, dass wir uns als Kulturwesen nicht aus dem Blickwinkel einer “Naturwissenschaft” wie etwa der Biologie beschreiben und verstehen können. Auch Naturwissenschaften stellen ja Kulturleistungen dar und keine Naturphänomene. Keine Naturwissenschaft kann sich daher in ihrer eigenen Theorie selbst erklären, außer sie erklärt sich “zu” einem Naturgegenstand und damit “zu” etwas anderem als sie ist. Nur wäre dies keine empirische Erklärung mehr, sondern eine schlichte sprachliche Umdefinition.

    Es ist eine Sache, auf derartige sprachliche Manipulationsmöglichkeiten wie diese und anderer Art hinzuweisen. Eine andere Sache ist es zu lehren und zu lernen diese zu vermeiden. Dies war in Deutschland in den 1960er Jahren Anlass für die Entwicklung einer “methodischen Philosophie”, die in den letzten beiden Jahrzehnten von dem Marburger Philosophen Peter Janich sowie seinem langjährigen Mitarbeiters Dirk Hartmann – jetzt Essen – zum “Methodischen Kulturalismus” ausgebaut wurde.

    Kulturleistungen dagegen als Naturerscheinungen aufzufassen, wie es naturalistisch eingestellte Wissenschaftler tun (die methodisch dann “monistisch” denken und wissenschaftstheoretisch “szientistisch”), hat dagegen bemerkenswerte Konsequenzen.

    So wird ja in naturalistischer Perspektive etwa das eigene Denken nicht dem Denkenden selbst (“als solchem” – begrifflich gefasst als Person oder Individuum) als eigene Leistung zugeschrieben, sondern bekanntlich dem Teil oder Organ, mit dem er denkt. (s. dazu hier) Ein “Werkzeug” (Organ) kann dann als Akteur erscheinen und beispielsweise – ohne dass die damit verbundene subtile Zweiteilung in Hirn und Restkörper dabei groß auffiele – in rückbezüglicher und damit logisch zirkulärer Anwendung auf sich selbst behauptet werden: “Verschaltungen legen uns fest” (so im Untertitel eines deswegen berühmt gewordenen FAZ-Artikels, der hier und mit vollst. Titel und Text unter 2004 hier online steht; s. dazu
    diesen “Offenen Brief”).

    Andere naturalistische Konstruktionen können verwickelter ausfallen. So hat ein Kollege des Autors des in seiner Langfassung auch in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie publizierten Artikels sich nicht damit begnügt, “uns” alle zur abhängigen Variabel unserer Gehirne zu erklären. Er hat sich vielmehr in seinem vielleicht bekanntesten Buch “Das Gehirn und seine Wirklichkeit” zu einem Konstrukt seines Gehirns erklärt, genauer sogar zum Konstrukt des Konstrukts seines Gehirns, das er in offenbar zwei Ausgaben kennt, obwohl er von dem einen, seinem “realen Gehirn” selbst nichts zu wissen vorgibt, aber doch so viel behauptet, dass es das andere, und zwar sein “wirkliches Gehirn” konstruiert hat (s. hier).

    Der Konstruktionen sind offenbar viele möglich…

  16. Natur-Kultur

    Einer Grundaussage von Prof. Hogrebe stehe ich zustimmend gegenüber: die konkrete, personale und auch gemeinschaftliche Identität von Menschen hat immer kulturelle und soziale Hintergründe, die sich nicht allein aus der Biologie herleiten lassen. Deswegen behalten z.B. Geistes- und Sozialwissenschaften ihre Berechtigung.

    Allerdings finde ich gerade auch als Religionswissenschaftler mit Schwerpunkt Evolution der Religion(en) die Unterscheidung Natur-Kultur überholt: denn auch unsere Kultur, einschließlich unserer Religiosität, hat biologische Grundlagen, Kulturfähigkeit ist evolutiv entstanden.

    Konkret: ich würde Herrn Hogrebe zustimmen, dass es keine 1-zu-1 Katholizismus- oder Hinduismus-Gene gibt, sondern dass sich die konkrete, religiöse Identität des Einzelnen wesentlich biografisch und damit historisch, sozial und kulturell herausbildet. Aber die Veranlagungen, die Menschen (in unterschiedlichem Grade) zu religiösem Verhalten disponieren, sehe ich durchaus auch biologisch verankert.

  17. Die Differenz zwischen Sinn und Sein könnte vielleicht erklärt werden, wenn diese aus einer höheren Dimension betrachtet wird. Dreidimensionale Information lässt sich auf einer zweidimensionalen Bran speichern (z.B.:Holographie).

    Erhöht man die Anzahl der Dimensionen nicht, ist vielleicht die Unschärferelation der Grund dafür, warum immer eine endliche Differenz zwischen Sinn und Sein vorhanden sein wird.

    Das diese Differenz existiert, liegt denke ich darin begründet, dass der Raum des “Menschenmöglichen” (noch) ein endliches Volumen hat …?!?!

  18. Die vergessene Dimension – Zeit

    Kausalität ist immer abhängig vom vorher und nachher. Der Denkfehler vieler liegt meiner Meinung nach darin, dass bei der Betrachtung des Menschen, die Abhängigkeiten festgelegt werden. Die Biologie des Menschen wird durch Kultur verändert und ebenso verändert sich Kultur durch die Biologie. Nur eine ganzheitliche vierdimensionale Betrachtungsweise lässt Klarheit entstehen. Lösen Sie sich doch von Schubladendenken und Standesblickwinkeln. Nur wer den Menschen in seiner Gesamtheit betrachtet kann wie es schon die Logik zeigt deduktiv schließen. Und bekanntlich ist dies der einzig wirklich gültige Schluss.
    Wer meine Worte in einfacher, verständlicher Weise hören will, den lade ich ein meine Arbeitsblätter zu besuchen: http://www.dpast.de/arbeitsblaetter.htm
    Dieter Past

  19. Geist oder Materie?

    Es ist verblüffend, mit welcher Eintracht Geistes- und Naturwissenschaften einander gegenseitig zu ignorieren bereit sind, sobald die Gefahr einer Verbindung, bzw. einer Kontinuität vom einen (Natur-) zum anderen (Geist-) ruchbar wird.
    Natürlich ist der Status Quo mit der strengen Trennung der Disziplinen, sowohl vom Standpunkt der personellen Versorgung, als auch von der Komplexität des eignen Faches her durchaus von Vorteil.
    Andererseits wird seitens der Naturwissenschaften der Druck zur Zusammenführung, der etwa durch Disziplinen wie die Quantenmechanik auf die Vertreter der einzelnen Disziplinen ausgeübt wird immer größer.
    Es gibt sogar schon Fernsehsendungen, in denen Natur- und Geisteswissenschafter gemeinsam Themen gestalten, ein Vorgang, der noch vor 50 Jahren völlig illusionär gewesen wäre.
    Es stellt sich für mich die Frage ob es ausser den genannten (sehr menschlichen) Gründen auch übergeordnete Motivationen für diese argwöhnisch behütete Trennung gibt. Möglicherweise ist in folgendem Gedanken so etwas wie Erklärungspotential enthalten:
    1) Der Mensch kann prinzipiell alle Errungenschaften der Geisteswissenschaften ignorieren, ohne sich damit direkt in Gefahr zu begeben (gesellschaftlich und damit indirekt natürlich schon), aber die Naturgesetze kann man ohne direkte Gefahr für Leib und Leben nicht ignorieren.
    Ganz einfach ausgedrückt, ein Rassist zu sein ist prinzipiell nicht lebensgefährlich, aus dem 10. Stock zu springen jedoch schon.
    Das würde an sich für die Gültigkeit der Naturwissenschaften sprechen, andererseits haben die Geisteswissenschaften einen wesentlichen Vorteil: sie sind wesentlich unauffälliger politisch anwendbar. Zwar sprechen böse Zungen auch von einer zunehmenden Politisierung der Naturwissenschaften, aber hier sind natürliche Grenzen gesetzt.
    Die Geisteswissenschaften hingegen sind nahezu traditionell dafür geeignet, Macht und Machtansprüche zu begründen und durchzusetzen.
    Die erste Anwendung steht in der Bibel:
    Geht hin und macht euch die Erde und alles Getier und alle Pflanzen untertan
    (Die Erde ist gerade dabei, uns ihren Unwillen über diese Willkür kundzutun).
    Ja, um dem Einwurf zuvorzukommen, auch die Religion, gerade die Religion ist ein Teil der Geisteswissenschaften, wenn nicht sogar der Ursprung derselben.
    Nun ist es natürlich keineswegs richtig, die Geisteswissenschaften zu verdammen, da wir auf dieser Ebene genauso eine wissenschaftliche Identität brauchen, wie auf der Ebene der Naturwissenschaften.
    Man sollte nur endgültig damit aufhören, das eine neben das andere zu stellen und so zu tun als könne eines ohne das andere existieren.

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