Die Bildunterschrift

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Serie Wissenschaftskommunikation – Schreibtipps vom Chefredakteur, Teil 14

Die Bildunterschrift (oder Bildlegende) ist der am meisten unterschätzte Kurztext in der Wissenschaftskommunikation. Während die kleinen Erklärstücke neben Grafiken und Fotos viel Aufmerksamkeit auf Leserseite ernten, behandeln selbst gestandene Journalisten sie oft lieblos und unter Zeitdruck. Achten Sie daher beim Verfassen von Bildunterschriften auf diese 10 Regeln:

 

 

1. Jedes Bild (Foto, Infografik, Illustration) erhält eine Bildunterschrift. Die einzige Ausnahme stellen Cartoons dar.

 

2. Versetzen Sie sich beim Abfassen in die Lage Ihrer Leser bzw. Nutzer: Jede Bildunterschrift muss so verständlich und vollständig sein, dass sie ohne weitere Information aus dem eigentlichen Artikel von der Zielgruppe verstanden werden kann. Beantworten Sie alle wesentlichen Fragen, die sich Betrachtern des Bildes aufdrängen: Welche Personen sind zu sehen? Welche Handlungen führen sie aus? Welchen Ort zeigt ein Bild? Was kennzeichnen die Striche, Kurven und Pfeile in einer Grafik? Was bedeuten die Einheiten an den Achsen eines Diagramms? usw.

 

3. Bei aller gebotenen Ausführlichkeit sollte die Bildunterschrift gemäß den allgemeinen Regeln für gutes Formulieren dennoch möglichst kurz und prägnant sein. Verzichten Sie auf jegliche Information, die nicht wirklich notwendig ist zum Verständnis eines Bildes!

 

4. Sparen Sie dadurch Text ein, dass Sie in Infografiken – und ggf. auch in Fotos – einzelne Bildelemente direkt durch Stichworte an Strichen oder Pfeilen benennen!

 

5. Ist es nicht möglich, eine Bildunterschrift auf wenige Sätze zu beschränken, formen Sie sie in einen Kastentext um. Der Kasten sollte das Bild einschließen und optisch z.B. durch einen Rahmen oder Fond vom Fließtext abgesetzt werden. (Dies ist ein Standardtrick in jeder Redaktion.)

 

6. Achten Sie darauf, dass Inhalt eines Bildes und der zugehörigen Bildunterschrift keinesfalls divergieren (Text-Bild-Schere)!

 

Text-Bild-Schere (Beispiel)


Text-Bild-Schere aus „Telepolis“.
Gezeigt ist ein koronaler Massenauswurf auf der Oberfläche der Sonne, bei dem große Mengen Plasma ausgestoßen werden. Um die Dimension des Phänomens deutlich zu machen, wurde in das Bild maßstabsgetreu die Erde hineinmontiert. All dies hätte die Bildunterschrift (rechts unten neben dem Bild) erklären müssen. Doch die tatsächlich publizierte Bildlegende hat mit Foto und Montage kaum etwas zu tun, sondern wiederholt unmotiviert eine Aussage des Artikel-Fließtextes (Quelle: Telepolis 1/2010, S.25).

 

 

7. Vermeiden Sie inhaltliche Dopplungen! Eine Bildunterschrift sollte nicht wiederholen, was schon in Überschrift und Vorspann des Artikels steht. Das gilt insbesondere für die Bildunterschrift eines Aufmacherbildes, da diese besonders nahe an Überschrift und Vorspann platziert ist.

 

8. Je nach intendierter Wirkung, Medium und Zielgruppe darf eine Bildunterschrift auch witzig oder frech formuliert sein.

 

9. Wenn Sie mehrere Bilder in einer gemeinsamen Bildunterschrift abhandeln, machen Sie Ihren Lesern oder Nutzern stets klar, welche Ihrer Aussagen sich auf welches Einzelbild beziehen. Dazu können Sie die Bilder mit Zahlen durchnummerieren. Die meisten Redaktionen bevorzugen es aber, sachdienliche Hinweise wie „links“, „rechts“, „oben“, „unten“, „links oben“ usw. in der Bildunterschrift zu hinterlegen; meist stehen diese Orientierungsmarken dann in Klammern.

 

10. Vergessen Sie auf keinen Fall, zusätzlich zur Bildunterschrift den Bildurhebernachweis anzugeben. Sofern sie als Autor eigene Fotos und Grafiken verwenden, an denen Sie sämtliche Urheberrechte halten, geben Sie sich selbst als Bildurheber an!

 

 

Zum letzten Punkt „Bildurhebernachweis“ noch ein Nachsatz speziell für Blogger: Ein Original zu verändern (indem man z.B. einen bestimmten Bildausschnitt wählt oder anders einfärbt) berechtigt nicht, sich als Bildurheber auszugeben und das Bild einfach so zu verwenden. Grundsätzlich muss man beim jeweiligen Rechteinhaber die Erlaubnis einholen, ein Bild im eigenen Blogpost zu nutzen. Ist die Bildquelle eine Fachzeitschrift oder ein Lehrbuch – sofern dort nicht explizit ein gesonderter Bildurhebernachweis angegeben ist – nennt man die Textquelle im eigenen Bildnachweis. Wenn an den Bildrändern (oder im Mouse-over) der Bildurheber genannt ist, gibt man diesen 1:1 im eigenen Post wieder. Für ein im Internet gefundenes Bild ohne expliziten Bildurhebernachweis gibt man die Webseite an, auf der das Bild eingebunden ist. Keinen Bildurheber anzugeben heißt “Ich weiß selbst nicht, woher ich das Bild habe” und könnte Folgen nach sich ziehen. Wenn ein Bildurheber nicht herauszufinden ist, empfiehlt es sich, das entsprechende Bild gar nicht zu benutzen.

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Veröffentlicht von

Carsten Könneker Zu meiner Person: Ich habe Physik (Diplom 1998) sowie parallel Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte (Master of Arts 1997) studiert – und erinnere mich noch lebhaft, wie sich Übungen in Elektrodynamik oder Hauptseminare über Literaturtheorie anfühlen. Das spannendste interdisziplinäre Projekt, das ich initiiert und mit meinen Kollegen von Spektrum der Wissenschaft aus der Taufe gehoben habe, sind die SciLogs, auf deren Seiten Sie gerade unterwegs sind.

6 Kommentare

  1. Danke

    Hallo Carsten,

    Danke für die Tipps. Was jetzt noch fehlt, wäre eine Einführung von Martin, wie man Bilder mit Bildunterschriften in die Blogs einfügt.

  2. Hallo Joachim

    das ist mit ein bisschen HTML kein Problem, siehe hier.

    Du kannst einfach dort aus dem Quelltext den entsprechenden Code rauskopieren, in deinen Beitrag einsetzen und die Bild-URL austauschen. Du musst noch die Breite des Feldes (width) an dein Bild anpassen.

  3. @ Joachim

    Ich werde dazu noch ein Videotutorial erstellen. Etwas HTML und CSS, aber mit einem Video ist es einfacher zu erklären.

  4. Ergänzung

    Eine schöne Liste! Darf ich als 11. Tipp noch etwas zitieren, was mir sehr weitergeholfen hat?

    “Mit der Bildunterschrift haben Sie es in der Hand, die Aufmerksamkeit weiter zu lenken: in den Text hinein. Die Bildunterschrift hat also zwei Teile: der erste Teil bezieht sich noch auf das Bild, der zweite verweist in den Text.”
    Gefunden bei Jürg Häusermann: “Schreiben” (UKV, Konstanz 2008)

  5. BU, 2. Teil (@ Laura H.)

    Liebe Laura H.,
    ich kenne diese Regel, würde sie allerdings allenfalls als KANN-Regel aufnehmen, nicht als MUSS-Regel – also ähnlich wie Nr.8. Denn häufig haben BU-Autoren vor allem diesen 2. Teil (das Hinführen auf Aspekte im Fließtext) im Fokus und vernachlässigen den wichtigeren 1. Teil (Regel Nr. 2!!!). Und mit Regel Nr. 3 steht Häusermanns Regel schnell in einem Widerspruch. M.E. muss die Hinführung auf den eigentlichen Artikel von Überschrift und Vorspann geleistet werden. Die Bildunterschrift hat eine andere Aufgabe.
    Liebe Grüße
    Carsten Könneker

  6. Ergänzungsergänzung

    Aber sicher, gerne packe ich meine Ergänzung in die KANN-Kategorie. Es war nur so, dass mir persönlich Ihre 10 Punkte so logisch erschienen; reine Wissenschaft (und deshalb gewiß nicht zu verachten!), weniger Kommunikation. Beim Formulieren von Bildunterschriften hätten mir diese Regeln aber ohne einen kreativen Stups in die richtige Richtung nicht immer weitergeholfen. Daher mein Kommentar. Möge er anderen helfen, die auch manchmal auf dem Kreativitätsschlauch stehen.

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