Kick it like Einstein: Städtische Arbeitsmärkte in Kamerun: Ursachen und Trends

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Die UN schätzt, dass ab 2008 mehr Menschen in Städten leben, als in ländlichen Regionen. Besonders in Afrika beschleunigt sich die Rate der Urbanisierung zunehmend und führt zur Entstehung neuer riesiger Megastädte. Leider können nicht im gleichen Maße neue Beschäftigungsverhältnisse in den Städten geschaffen werden. Die Schere zwischen Menschen im formalen und informellen Sektor klafft immer weiter auseinander. In Kamerun hat sich diese bereits weit geöffnet und es stellt sich die Frage, ob die Chancen in den formalen Arbeitsmarkt einzutreten zwischen städtischen Bewohnern und Migranten aus ländlichen Regionen gleich verteilt sind, oder ob es hierbei gesellschaftliche Benachteiligungen gibt.

Ursprung und Hintergründe von Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt

Wie oben bereits erwähnt leben seit 2008 global mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Während die Urbanisierungsraten in Europa und Nordamerika mittlerweile über 70% liegen, sind diese in weiten Teilen Afrika immer noch sehr gering. Die UN schätzt, dass die Stadtbevölkerung in den Ländern südlich der Sahara bis 2030 um jährlich 2,3% wachsen wird. Diese Entwicklung stellt die Politik in den betroffenen Ländern vor annährend unlösbare Probleme, besonders in Bezug auf die städtischen Arbeitsmärkte. Diese entwickeln sich mittlerweile zum Schlüsselelement, um die Armut in der Bevölkerung zu minimieren. Vor allem, da es eine starke Verschiebung von landwirtschaftlicher Produktion hin zu städtischen Produktionsstätten gibt.  
In Kamerun ist die städtische Bevölkerung in der letzten Dekade um ca. 17% gewachsen, die nicht landwirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnisse in Städten dagegen nur um 3,5%. Diese Entwicklung verursacht gewaltige gesellschaftliche Verwerfungen in dem armen Land, in dem die offizielle Arbeitslosigkeit in den Städten bereits bei 49% liegt. Kamerun ist in dieser Entwicklung nicht allein in Afrika. Viele Länder südlich der Sahara haben mit hohen Urbanisierungsraten und einer städtischen Armut gewaltigen Ausmaßes zu kämpfen. Nach einigen Jahren des wirtschaftlichen Wachstums, wurde besonders viele Megastädte in Entwicklungsländern von der aktuellen Finanzkrise getroffen. Dies ist darin begründet, dass viele Entwicklungsländer den Weg Chinas beschritten und ihre Wirtschaft dahingehend transformierten, um mehr Exporte zu generieren. Da die Konsummärkte in Nordamerika, Europa und Japan mittlerweile in die Krise geschliddert sind, sanken auch die Exporterlöse vieler Entwicklungsländer dramatisch ab.

Innerhalb Kameruns entsteht dabei ein sehr hoher Konkurrenzdruck für die Arbeitsmärkte der großen Zentren Douale (ca. 3,5 Millionen Einwohner) und Yaounde (ca. 2 Millionen). Doch gerade Migranten aus ländlichen Regionen, die es in die Ballungsräume zieht, haben keinen Zugang zum formalen Arbeitsmarkt. Ihnen bleibt nur der informelle Sektor der großen Slumgebiete, um einen Lebensunterhalt zu erwirtschaften.

Die Bildungssituation im ländlichen Raum

Der entschiedene Unterschied zwischen städtischer Bevölkerung und ländlichen Migranten ist die Bildung oder weiterführende Qualifikationen. In vielen Entwicklungsländern, so auch in Kamerun, besteht eine Bildungspolitik, die städtische Bewohner bevorzugt. In Kamerun ist ein Großteil der Ausgaben für das Bildungswesen in den Städten verortet. Schulen in ländlichen Regionen erhalten nur einen Bruchteil dieser. Diese Situation hat dazu geführt, dass Kamerun mittlerweile die drittgrößte Anzahl von Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) in Afrika aufweist. Vieler dieser unterhalten ländliche Entwicklungsprojekte, die einen Fokus auf die Bildung legen. Dennoch ist das Bildungsniveau in den ländlichen Regionen signifikant geringer als in den Städten. Dies betrifft sowohl die durchschnittlichen Schuljahre als auch insgesamt die Qualität der Schulen. Zudem besteht im ländlichen Raum eine Bevorzugung von Söhnen in Bildungsfragen. Aufgrund weitverbreiteter Armut, ist es vielen Familien nur möglich ein Kind länger zur Schule zu schicken. Die Wahl fällt dabei häufig auf den ältesten Sohn. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mädchen im ländlichen Raum einen höheren Schulabschluss macht um neun mal geringer als in den Städten des Landes. Gerade die Mädchen müssen schon sehr früh harte Arbeit im Haushalt und in der Landwirtschaft übernehmen.  

Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt

Eine Studie von Sarah Giroux (2008) zeigt, dass  in Kamerun starke Ungleichgewichte auf den städtischen Arbeitsmärkten bestehen. Bei gleicher Qualifikation unterschiedlicher Testgruppen fand Giroux allerdings keine Bevorzugung von städtischen Bewohnern gegenüber Migranten aus dem ländlichen Raum. Aber gerade die starken Unterschiede im Bildungsniveau führen dazu, dass Migranten aus dem ländlichen Raum keinen Zugang zum städtischen Arbeitsmarkt haben. Die Studie zeigt auch, dass die entscheidenden Faktoren für ein gesellschaftliches Ungleichgewicht absolvierte Schuljahre, das Geschlecht und die Stellung innerhalb der Familie sind. Die Politik in Kamerun muss daher schnell handeln, damit sich die derzeitige Situation nicht weiter verschlimmert.  

Von daher ist es wichtig, den ländlichen Raum in Entwicklungsländern stärker zu fördern und mehr Bildungseinrichtungen zu schaffen. Gerade im Hinblick auf die Zukunft der Städte ist es wichtig, dass Migranten aus dem ländlichen Raum einen Zugang zum formalen Arbeitsmarkt erhalten. Ohne diesen Zugang wird die städtische Armut in Kamerun weiter anwachsen.  

Verwendete Literatur

Giroux, S. 2008: Rural Parentage and Labor Market Disadvantage in a Sub-Saharan Setting: Sources and Trends. In: Rural Sociology, 73(3): 339-369.
Eloundou-Enyegue, P. 2003: Economic downturns and Schooling Inequality, Cameroo, 1985-1995. In: Population Studies, 57:183-197.

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

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