Physik-Nobelpreis 2009 für den Quantencomputer?

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Plasmen im Mittelpunkt
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Nachdem der Kollege Lars Fischer die Vorlage für den Chemie-Nobelpreis gegeben hat, werde ich mich mal an eine Liste der möglichen Kandidaten für den Physik-Nobelpreis machen. Damit ich da nicht bei null anfangen muss, liefert Thomson Reuters jedes Jahr eine Liste der möglichen Kandidaten, die das Ergebnis einer Rechnung ist, in der sowohl Anzahl der Veröffentlichungen und als auch zitierte Veröffentlichungen mit eingehen.

Diese Liste besteht aus 7 Personen, die ich mal in drei Gruppen eingeteilt habe. Da haben wir zunächst einmal zwei Physiker, die sich auf dem Gebiet der Quantenmechanik bewegen, und zwar den israelischen Physiker Yahir Aharonov und den englischen Physiker Sir Michael V. Berry. Ersterer hat sich unter anderem durch die Vorhersage des Aharonov-Bohm-Effektes einen Namen gemacht. Letzterer hat seinen Namen in der Berry-Phase verewigt.

Es folgen drei Physiker, die sich mit Metamaterialen beschäftigen, das sind zum Teil Materialen mit negativem Brechungsindex. Da ist zum einen der englische Physiker John Pendry, der die Metamaterialen theoretisch vorhergesagt hat. Bei den beiden anderen Physiker, Sheldon Schultz und David R. Smith, handelt es sich um in den USA tätige Wissenschaftler, welche die Metamaterialen experimentell und numerisch erforschen. Zu diesem Thema werde ich vermutlich auch mal einen blog-Beitrag verfassen, da auch wir uns am Institut damit beschäftigen. Hier kann man einige schöne Sachen machen, weswegen dem Thema meist auch eine gewisse mediale Aufmerksamkeit sicher ist – Stichwort: Tarnkappe.

Der dritten Gruppe gehören zwei Physiker an, die sich mit Quanteninformatik bzw. Quantencomputern beschäftigen. Der Direktors des MPI für Quantenoptik in Garching, Juan Ignacio Cirac, sowie der österreichische Physiker Peter Zoller gehören dieser Gruppe an. In einem Gemeinschaftsprojekt haben beide die Realisierung eines Quantenlogikgatters vorgeschlagen und damit den Grundbaustein eines Quantencomputers zur Verfügung gestellt.

Gerne wird auch der Name Peter W. Higgs und der einiger Kollegen genannt, wenn es um mögliche Nobelpreise geht. Ich denke aber, dass diese Herren erst dann an der Reihe sind, wenn es im LHC wieder ‘rund geht, und die experimentelle Bestätigung des Higgs-Boson vermeldet wird. Denkbar wäre auch eine Ehrung auf dem Gebiet der Nanoröhrchen, hier wäre dann vermutlich Sumio Iijima zu nennen.

Müsste ich mein Geld auf einer der Gruppen setzen, würde ich die Gruppe um den Quantencomputer wählen. Daumen drücken werde ich aber eher für die Metamaterialen-Thematik, da das ganze auch unserem Institut sicher nicht schaden würde 😉

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Alf Köhn-Seemann hat in Kiel Physik studiert und in Stuttgart über Mikrowellenheizung von Plasmen promoviert. Von 2010 bis 2015 war er dort als Post-Doc tätig. Nach mehreren Forschungsaufenthalten im englisch-sprachigen Raum, arbeitet er von 2015 bis Ende 2017 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Seit Ende 2017 forscht und lehrt Alf Köhn-Seemann wieder an der Uni Stuttgart.

5 Kommentare

  1. ernst gemeint?

    Ich hoffe mal, das ist nicht ernstgemeint – berechnet Thomson die Liste der Nobelpreiskandidaten wirklich nach der Anzahl von Veröffentlichungen und Zitierungen?

  2. ernst

    Naja, ganz so einfach ist das natürlich nicht. Da fließen noch vorherige Preise mit ein, sowie die Bedeutung eventueller Beiträge zu einem Wissensgebiet. Die genaue Formel kenne ich nicht.
    Allerdings ist diese Liste der Nobelpreiskandidaten ja in keinster Weise bindend für irgendwen, es ist nur eine Vorhersage. Die tatsächliche Liste der Kandidaten wird geheim gehalten für 50 Jahre.
    Nebenbei bemerkt lag die Vorhersage von Thomson aber tatsächlich schon ein paar mal richtig.

  3. @ Thilo

    Ja, aber nur zum Teil. Eine (wenig aussagekräfige) Übersicht gibt es hier. Der Grundgedanke ist wohl, dass man den ISI-Index als groben Filter benutzt und dann frei nach Schnauze guckt ob die fragliche Person für irgendein “hot topic” relevant ist.

    Ne Rolle spielen halt auch die Preise, die die Leute bekommen. Die ganzen single-molecule-spectroscopy-Leute haben zum Beispiel den Wolf award, der letzte Kandidat grad jetzt dieses Jahr. Das zeigt schon, dass in dem Gebiet Nobel-Potential ist.

    Ich persönlich glaube aber dass die Stockholmer wesentlich politischer denken als die Thomson-Leute. Insofern glaube ich, dass es keiner aus dieser Liste wird – die Themen passen nicht.

  4. @all: politics

    “Ich persönlich glaube aber dass die Stockholmer wesentlich politischer denken”

    Ja, das ist wohl richtig: Die letzten Jahre zeigen, daß diejenigen ausgezeichnet werden, die “am dransten sind”: Wirklich spektakuläre Neuheiten wahren nicht vertreten – leider.

  5. Treffer von Thomson

    Bei den Tipps für die Kategorie “Physiology or Medicine” hat Thomson ja mit Blackburn,Greider und Szostak schonmal einen Volltreffer gelandet. Mal schauen, wie es weiter geht!

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