Porträt eines Moleküls

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Züricher Forscher haben erstmals die Struktur des Moleküls Pentacen direkt abgebildet. Das sagt sich so einfach, dabei ist nicht einmal so ohne weiteres klar, was man darunter zu verstehen hat. Je nachdem was man misst, zeigt ein Molekül eine andere Gestalt. Das Bild, das die Schweizer Wissenschaftler erzeugt haben, deswegen so besonders, weil es uns vertraut vorkommt. Es zeigt das Molekül Pentacen, wie wir es aus der klassischen Darstellung chemischer Strukturen kennen. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn für die meisten direkten Messmethoden präsentiert sich das Molekül vollkommen anders.

Die ersten direkten Porträts von Molekülen auf Oberflächen gelangen mit Hilfe der Rastertunnelmikroskopie. Man misst dabei einen Strom, der sehr stark von der Entfernung zwischen Sondenspitze und Molekül abhängt. Gründlich vermessen ist zum Beispiel der aromatische Kohlenwasserstoff Tetracen, ein enger Strukturverwandter des Pentacens. Indem die Spitze des Rastertunnelmikroskops streifenweise das Untersuchungsgebiet abtastet, vermisst sie das Höhenprofil des Moleküls. Das hängt in dem Fall allerdings vor allem von der elektronische Struktur des Moleküls ab. Genauer gesagt die elektronische Struktur des höchsten mit Elektronen besetzten Quantenzustandes (Highest Occupied Molecule Orbital, HOMO), die mit der klassischen Strukturformel, die man gemeinhin mit Chemie verbindet, nichts gemein hat. Das sieht dann so aus wie in den Abbildungen, ein Streifenmuster, das nur noch entfernt an das Tetracen erinnert.


Quellen: Links: Webseite von Prof Neville V Richardson, University of Edinburgh
Rechts: Rada et al. J. Phys.: Condens. Matter 15 (2003) S2749–S2756

Wer statt des gemeinschaftlichen Quantenzustandes tatsächlich die Atomrümpfe und die Bindungen zwischen ihnen sehen will, muss anders vorgehen. Die mechanischen Formen molekularer Strukturen, soweit man das von den elektronischen Strukturen trennen kann, stellt am besten das Rasterkraftmikroskop dar, und mit so einem Gerät ist auch das aktuelle Bild des Pentacens entstanden. Das Rasterkraftmikroskop fährt mit seiner Spitze über die zu untersuchende Oberfläche. Erhebungen oder Einsenkungen machen sich in durch Veränderungen in den Kräften bemerkbar, die auf die Sonde wirken. Man kann diese Veränderung zum Beispiel messen, indem man die Sondenspitze in regelmäßige Schwingungen versetzt, deren Frequenz sich durch Kräfte zwischen der Spitze und der Oberfläche ändert. Diese Methode ist so sensibel, dass man mit ihr Strukturen von Metalloberflächen im atomaren Maßstab kartieren kann.

Bei auf einer Metalloberfläche liegenden Molekülen ist das nicht ganz so einfach, weil deren Struktur deutlich komplexer ist. Unvermeitdliche Unregelmäßigkeiten in der Form der Sondenspitze können die messung ebenso ruinieren wie eine unbeabsichtigte Verschiebung des nur locker auf der Oberfläche liegenden Moleküls. Die entscheidende Idee, diese Probleme zu umgehen, ist eigentlich eine sehr simple: Statt einer makroskopischen Spitze aus Gold benutzt man einfach ein genau definiertes Molekül als Sonde, in diesem Fall Kohlendioxid Kohlenmonoxid. So weiß man nicht nur, dass die Spitze aus genau einem Atom besteht, sondern kann auch zusätzlich noch die Interaktionen zwischen Sonde und Molekül sehr genau simulieren.

Alles weitere erklären die Forscher in diesem kleinen Film.

Gross, L., Mohn, F., Moll, N., Liljeroth, P., & Meyer, G. (2009). The Chemical Structure of a Molecule Resolved by Atomic Force Microscopy Science, 325 (5944), 1110-1114 DOI: 10.1126/science.1176210

5 Kommentare

  1. Helle Enden

    Warum sind im obersten Bild die Enden des Pentacens heller? Sagt das etwas über irgendwelche Eigenschaften aus? Wenn ichs mir so überlege: Welche Information wird überhaupt mit der Helligkeit vermittelt?

  2. @Alexander

    Ich vermute das liegt an der Bindung an die Oberfläche. Die Moleküle sind nicht nur physikalisch adsorbiert, sondern haben auch kovalente Bindungen zur Oberfläche. Zumindest vom Tetracen weiß ich, dass die Bindungen nach unten in der Molekülmitte am stärksten sind und das Molekül zwischen den beiden mittleren Ringen deswegen leicht gewinkelt ist und die äußeren Ringe hochstehen. Im Rada-Paper aus J. Phys. sind gute Abbildungen dazu, IIRC.
    Einen ähnlichen Effekt vermute ich beim Pentacen.

  3. Die Helligkeit

    zeigt die Veränderungen der Schwingfrequenz des Cantilevers an, und die ist direkt abhängig von der Kraft, die zwischen Spitze und Oberfläche wirkt. Und ie hängt halt von der Entfernung zwischen Spitze und Oberfläche ab.

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