Ein größerer Hantaviren-Ausbruch steht bevor

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Hämorrhagische Fieber wie Ebola oder Marburg-Virus assoziiert man ja eigentlich eher mit tropischen Regionen, aber tatsächlich ist auch in Deutschland mit dem Hanta-Virus ein Erreger aus dieser Klasse heimisch, der schwere Erkrankungen auslösen kann. Derzeit häufen sich wieder einmal Infektionen mit dem nicht ganz harmlosen Virus, besonders in Baden-Württemberg. Tatsächlich deutet alles darauf hin, dass wir 2010 ein Jahr mit weit überdurchschnittlich vielen Hanta-Fällen erleben werden.

Das vermutet jedenfalls mit guten Gründen das Robert-Koch-Institut. Zum einen spricht eine historische Parallele für diese These. In den meisten Jahren seit der Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 gingen die Fallzahlen nach einem Höhepunkt im Spätsommer über den Winter ein wenig zurück, im Herbst und Winter 2009 jedoch stiegen die Zahlen seit Juli kontinuierlich an. Das gab es bisher nur im Winter 2006/2007, der sich dann als Auftakt zur bisher schwersten Hantavirus-Saison mit fast 1700 Erkrankten erwies.

In den ersten 5 Wochen des Jahres 2010 wurden bereits 100 Fälle gemeldet, mehr als doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum 2007. Außerdem sind die ökologischen Faktoren für den Erreger günstig, und das hängt mit seinem Hauptwirt, der Rötelmaus, zusammen. Die dient nämlich als Hauptwirt für Hantaviren und scheidet große Mengen des Erregers mit Kot und Urin aus. Menschen Infizieren sich, indem sie die Erreger einatmen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist, anders als bei anderen hämorrhagischen Fiebern, glücklicherweise unbekannt.

Übersicht über die aktuellen Hanta-Fälle bei Menschen, nach Landkreisen. Blau schattiert sind die im langjährigen Mittel am stärksten betroffenen Gebiete, die schwarzen Zahlen sind die aktuellen Fälle. Quelle: Epidemiologisches Bulletin 7/2010, Robert-Koch-Institut.

Wegen dieser infektiösen Einbahnstraße hängt die Anzahl der infizierten Menschen von der Gesamtpopulation der Mäuse abhängig: Je mehr Mäuse, desto mehr kranke Menschen, einerseits weil es mehr Kontakt gibt, zum anderen aber auch, weil sich die Viren in der dichteren Wirtspopulation besser verbreiten können. Der Zusammenhang ist so eindeutig, dass man die Intensität einer Hantaviren-Saison allein anhand der Populationsdichte der Mäuse vorhersagen kann.

Es sei angemerkt, dass Hanta wie viele hämorrhagische Fieber relativ kleine Ausbrüche verursacht, mit einigen hundert bis einigen Tausend ernsthaft Erkrankten. Eine Infektion mit den in Europa vorkommenden Serotypen ist auch nur unbehandelt lebensbedrohlich, allerdings ist sie sehr unangenehm und mit einem hohen Risiko gefährlicher Komplikationen behaftet.

Die Krankheit beginnt recht abrupt mit Fieber, Kopf- und heftigen Muskelschmerzen und dauert etwa drei Wochen. Etwa die Hälfte der Erkrankten muss stationär im Krankenhaus behandelt werden. Zu den häufigeren Komplikationen gehören außerdem Nierenprobleme bis hin zum Totalausfall, etwa 10 Prozent der Patienten dürfen vorübergehend an die Dialyse, was nur bedingt lustig ist. Die gute Nachricht: Derartige Schäden sind nur vorübergehend und heilen wieder aus. Trotzdem sollte man das Hantavirus nicht unterschätzen.

Auf jeden Fall deutet viel darauf hin, dass es 2010 wohl relativ viele Mäuse geben wird, und damit auch recht viele Hanta-Fälle bei Menschen. Jedenfalls ist die Nahrungsversorgung für die Nagetiere recht gut, letztes Jahr gab es ziemlich viele Bucheckern, was meist ein brauchbarer Indikator für die Versorgungslage der Mäuse ist. Das Robert-Koch-Institut vermutet auch, dass die Schneedecke die Mäuse vor dem Winter und Raubtieren besonders gut geschützt habe, allerdings werden in anderen Arbeiten eher mildere Winter mit wenig Schnee für besonders viele Mäuse verantwortlich gemacht.

Ein wesentlicher Einfluss ist wahrscheinlich dagegen das normale auf und ab der Mäusepopulation, die in freier Wildbahn einem etwa zweijährigen Zyklus folgt und sich auch in den Hanta-Zahlen niederschlägt: 2002, 2005 und 2007 waren die Hanta-Saisons jeweils stärker als in den Jahren dazwischen. Mit anderen Worten: 2010 ist es einfach mal wieder Zeit.

5 Kommentare

  1. Vielen Dank für den seht informativen Beitrag. Ich lebe ja diesbezüglich in einem stark betroffenen Gebiet (rechts unten auf Ihrer Karte). Hier ist man sich der Situation schon gewusst und es wird immer mal wieder darauf hingewiesen, wie man sich schützen kann.

    „Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist, anders als bei anderen hämorrhagischen Fiebern, glücklicherweise unbekannt.“

    Da muss ich Sie leider enttäuschen, siehe hier:

    http://www.shortnews.de/…4ger-sein-auch-Menschen

  2. Einschränkung

    Der Erreger wurde zwar Speichel der Menschen nachgewiesen, “Ob die Viren tatsächlich über den Speichel übertragen werden, ist damit noch nicht bewiesen”.

    Quelle:
    http://www.focus.de/…hanta-virus_aid_237025.html

  3. Übertragung

    Danke für den Hinweis, allerdings geht es dabei nur um den Nachweis im Speichel und damit die rein theoretische Möglchkeit einer Übertragung. So lange wir nicht alle anfangen, unsere Ausscheidungen wild in der Gegend zu verspritzen, wird es m.E. auch nur eine theoretische Möglichkeit bleiben.

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