Südafrika: Als die Regierung Mbeki den Zusammenhang HIV/AIDS leugnete

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Fünf Jahre lang (2000-2005) leugnete der damalige Präsident Thabo Mbeki den Zusammenhang zwischen einer HIV-Infektion und AIDS. Während in seinem Land alle zwei Minuten ein Mensch an AIDS starb, schenkte Mbeki, zum Entsetzen der ganzen Welt, einer kleinen Gruppe von AIDS-Dissidenten Gehör, die behaupten, dass AIDS nicht von HIV verursacht werde, dass antiretrovirale Medikamente (die natürlich Nebenwirkungen haben) mehr Schaden als Nutzen bringen. Im Jahr 2000 fand die Welt-AIDS-Konferenz in Durban statt. In Mbekis Beratungsausschuss’ befanden sich die AIDS-Dissidenten Peter Duesberg und David Rasnick. Am ersten Tag schlug Rasnick vor, HIV-Tests prinzipiell zu verbieten und Südafrikas Blutkonserven künftig nicht mehr auf HIV testen zu lassen.

Antiretrovirale Medikamente verlängern das Leben von HIV-Infizierten

Mbekis Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang (1940-2009) wurde unter dem Spitznamen „Dr. Knoblauch“ bekannt, weil sie die Behandlung von AIDS-Kranken mit Knoblauch, Rote Beete, Zitronen und Yamswurzeln anstelle antiretroviraler Medikamente propagierte. Dabei sind antiretrovirale (ARV) Medikamente die wichtigsten Mittel, um das Leben von HIV-positiven Menschen zu verlängern. Antiretrovirale Medikamente hemmen die Vermehrung des Virus im Körper soweit, dass HIV mit den üblichen diagnostischen Methoden nicht mehr nachzuweisen ist („unter der Nachweisgrenze“), können sie jedoch nicht völlig unterbinden. Die Reduzierung der Viruskonzentration im Blut durch die antiretroviralen Medikamente verringert das Risiko das sich eine HIV-Infektion zum AIDS-Syndrom weiterentwickelt und führt zur Rückbildung HIV-bedingter Symptome. Antiretrovirale Medikamente senken die Sterblichkeit von HIV-positiven Patienten sowohl bei HIV-bedingten als auch bei nicht-HIV-bedingten Todesursachen (Leber-, Herz-, Krebserkrankungen).

Tshabalala-Msimang meinte die Forscher sollten zurück ins Labor gehen und noch einmal „vernünftig forschen“. Warum? Weil HIV-Infizierte, die Yamswurzeln zu sich nahmen, nach eigenem Dafürhalten eine Verbesserung verspürten. Jemand hatte beteuert; er oder sie fühle sich besser. Warum sollte man diese Worte anzweifeln, wollte sie wissen, nur weil sie wissenschaftlich nicht nachweisbar waren?

„Wenn jemand sagt, er fühle sich besser, soll ich dann dagegenhalten“ Nein, das glaube ich dir nicht? Ich will lieber Wissenschaft an dir betreiben?“

Sie weigerte sich, medizinisch vernünftige Behandlungsprogramme für HIV-Infizierte zu starten, und lehnte es ab, Medikamentenspenden oder Geld vom Global Fund für den Kauf von AIDS-Medikamenten anzunehmen. Diese gefährliche Entscheidung hat Südafrika zahlreiche Menschenleben gekostet: Etwa 25 % der Bevölkerung waren zum Zeitpunkt der Machtübernahme Mbekis mit dem HIV-Virus infiziert. Zwischen den Jahren 2000 und 2005, schätzt eine Studie, starben 330 000 Menschen unnötigerweise und 35 000 Kinder kamen unnötigerweise mit dem HIV-Virus auf die Welt, weil es nicht gelungen war ein Schutzprogramm einzuführen um die Mutter-Kind-Übertragung von HIV zu verhindern.

Mbeki erliegt den Einflüsterungen der Schlange

Natürlich war dieser Irrsinn nicht aus Mbekis und Tshabalala-Msimangs eigenen Mist gewachsen. Die Einflüsterungen der Schlange kamen aus dem Mund des Lobbyisten Anthony Brink. Brink, ein südafrikanischer Jurist, war Mitte der 90er zu den AIDS-Dissidenten gestoßen und bekam 1999 die Gelegenheit deren Lehren in Südafrika bekannt zu machen. Er schrieb in einer Johannesburger Zeitung einen Artikel über das antiretrovirale Medikament AZT mit dem Titel „Medizin aus der Hölle“. Dieser Artikel führte zu einem öffentlichen Schlagabtausch zwischen Brink und einem führenden Virologen. Brink nahm anschließend mit Mbeki Kontakt auf, sandte ihm Kopien der Debatte und wurde von ihm als Experte begrüßt. Leider konnte er Mbeki und Tshabalala-Msimang davon überzeugen antiretrovirale Medikamente zur Behandlung von AIDS abzulehnen. Damit öffnete Brink eine Tür für seinen Chef, den deutschen Arzt und Vitaminpillenvertreiber Matthias Rath.

Matthias Rath: Ein Vitaminpillenvertreiber mit Sendungsbewusstsein

Rath, ein Kardiologe, ist der Erfinder der sogenannten „Zellularmedizin“, welche mittels hochdosierter Vitaminpräparate die Heilung von Krebs und AIDS verspricht. Das von Rath propagierte Heilverfahren hat sich in vielen wissenschaftlichen Studien als wirkungslos erwiesen – so konnten weder im Tierversuch, noch in klinischen Tests Belege für die Behauptungen Raths gefunden werden. Dies hält Rath nicht davon ab, fest an die Wirkung seiner Produkte zu glauben.

Da die von Rath vertriebenen Vitaminpräparate nicht den in Deutschland gültigen gesetzlichen Bestimmungen für Nahrungsergänzungsmittel entsprechen – aufgrund der teilweise hoch dosierten Wirkstoffe – fallen seine Präparate in Deutschland unter das Arzneimittelrecht. Um die Arzneimittelzulassung in Deutschland zu bekommen, hätte Rath jedoch Studien vorlegen müssen, welche die Wirksamkeit und Ungefährlichkeit seiner Produkte beweisen. Weil er das unterließ, untersagte ihm das Landgericht Berlin den Vertrieb seiner Produkte in Deutschland. Dieses Verbot umgeht Rath unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke, indem er seine Vitaminpräparate von seinem Firmensitz in Heerlen/Niederlande per Postversand verkauft.

Zudem etablierte Rath die Gesundheits-Allianz, ein geschlossenes Netzwerk von Anwendern und so genannten „Gesundheits-Beratern“, welche die Inhalte der Zellularmedizin vermitteln, über eigene Erfahrungen berichten und so auch zur Verbreitung von Raths Produkten beitragen. Unter dem Slogan „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2020″ wird ein grundsätzlicher Umbau des Gesundheitswesens angestrebt. Rath gründete zur Verbreitung seiner Theorien unter anderem eine Werbeagentur (MR Publishing B.V.), welche Werbeveranstaltungen für Rath organisiert und Broschüren zur Zellularmedizin herausgibt. Die Werbeaktionen für die von Rath vertriebenen Produkte, verbunden mit einer an Heiligenverehrung erinnernden Inszenierung von Raths eigener Person, sorgten bundesweit für Aufsehen. Seine Zuhörer bezahlten Eintritt und spendeten teilweise hohe Geldsummen für die unter dem Namen Dr. Rath Health Foundation agierende Organisation. Aus der Dr. Rath Health Foundation ging im Juni 2005 in Deutschland die Kleinpartei Allianz für Gesundheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit (AGFG) hervor, die von Raths PR-Manager Lutz Kliche geleitet wird (Anmerkung: Lutz Kliche ist nicht mehr der PR-Manager von Dr. Rath und die Allianz für Gesundheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit (AGFG) existiert nicht mehr.) und deren stellvertretender Vorsitzender Rath anfangs war.

Schlechter Rath war teuer: Wie Südafrika zum neuen Absatzmarkt für Vitaminpillen wurde

Rath kam nach Südafrika und schaltete dort ganzseitige Anzeigen in Zeitungen. „Das ist die Antwort auf die AIDS-Epidemie“, hieß es dort. Antiretrovirale Medikamente seien toxisch und Mittel einer Verschwörung mit dem Ziel, die Patienten zu töten und dabei Geld zu machen. „Schluss mit dem AIDS-Genozid durch das Pharmakartell!“, lautete eine Schlagzeile. „Warum sollen Südafrikaner weiterhin mit AZT vergiftet werden? Es gibt eine natürliche Antwort auf AIDS.“ Diese Antwort kam in Form von Vitaminpillen. „Eine Multivitaminbehandlung ist wirksamer als jedes toxische AIDS-Medikament.“ – „Multivitaminpillen halbierten das Risiko, an AIDS zu erkranken.“

In einem Interview sagte Rath:

„ARV-Medikamente sind hochgiftige Chemo-Keulen, die die Körperzellen schädigen, vor allem die Zellen des Immunsystems. Deshalb verschlimmert die Einnahme von ARV-Präparaten die bestehende Immunschwäche von AIDS-Patienten noch weiter.“

Raths Firma gründete Behandlungszentren, in denen er seine Ideen umsetzte, und 2005 beschloss er, seine Vitaminpillen in einem Township namens Khayelitsha, unweit von Kapstadt, einer Studie zu unterziehen. Er verabreichte Personen mit AIDS im fortgeschrittenen Stadium sein eigenes Produkt VitaCell.

Das Gericht und die Politik setzen dem Pillenspuk ein Ende

Im Jahr 2008 mussten Rath und dessen Stiftung sich vor Gericht verantworten, nachdem sie den AIDS-Kranken Südafrikas falsche Hoffnungen machten und ihnen von einer antiretroviralen Therapie abrieten. Rath und die Dr. Rath Stiftung dürfen in Südafrika keine weiteren klinischen Versuche mit den Rath’schen Multivitaminprodukten durchführen. Rath hatte gelogen. Entgegen der Behauptung Raths, seine Studienteilnehmer hätten von vorneherein keine antiretroviralen Medikamente eingenommen, sagten deren Angehörige, dies sei falsch, sie hätten die antiretroviralen Medikamente erst auf sein Drängen hin abgesetzt.

Die Versuche widersprächen südafrikanischem Recht, erklärten Richter in einem Gerichtsverfahren „TAC gegen Rath“ am 13. Juni 2008 in Kapstadt. Zudem wurde Rath untersagt, seine Multivitaminprodukte als gegen HIV/AIDS wirksam zu bewerben, ohne diese Wirkungen vom Medicines Control Council, der südafrikanischen Arzneimittelprüfbehörde, überprüfen zu lassen.

Nachdem die Anklage gegen ANC-Präsident Jacob Zuma, dem Korruption vorgeworfen wurde, Anfang September 2008 wegen Formfehlern eingestellt wurde, wurde gegen Mbeki der Vorwurf erhoben, dass er das Ermittlungsverfahren politisch beeinflusst habe. Der ANC forderte daraufhin am 20. September 2008 Mbeki auf, sein Amt als Staatspräsident niederzulegen. Mbeki reichte am folgenden Tag bei Parlamentspräsidentin Mbete seinen Rücktritt ein. Am 25. September wurde sein Rücktritt wirksam; der stellvertretende Vorsitzende des ANC, Kgalema Motlanthe, übernahm bis zur Parlamentswahl von 2009 das Amt des Staatspräsidenten. Im September 2008 entließ Motlanthe Tshabalala-Msimang aus ihrem Amt und ersetzte sie durch Barbara Hogan.

Bei der Eröffnung der Internationalen AIDS-Impfkonferenz 2008 in Kapstadt hat Hogan keine Zweifel daran gelassen, dass AIDS durch das HIV-Virus ausgelöst wird und mit evidenzbasierter Medizin bekämpft werden muss.

Weltkarte der HIV-Infizierten

HIV-Infektionen weltweit
Abb.: HIV-Infektionen weltweit Die Fläche der Kreise ist ein Maß für die Zahl der HIV-Infizierten. Je größer die Fläche des Kreises, desto mehr HIV-Infizierte. Die Y-Achse zeigt den Anteil an HIV-Infizierten bei Erwachsenen (15 -49 Jahre) in Prozent. Die X-Achse zeigt das Bruttoinlandsprodukt pro Person in US-Dollar. (Für eine größere Ansicht auf die Grafik klicken)

Homöopathen ohne Grenzen: Der Unsinn geht weiter

Die scienceblogger Jörg Rings (Diax’s Rake) und Florian Freistetter (Astrodicticum Simplex) berichten über den Unfug, den die Homöopathen ohne Grenzen (HOG) in Sierra Leone und Honduras gemacht haben. Florian erzählt wie die HOG nach Sierra Leone gefahren sind, um dort die Menschen mit Globuli zu behandeln. Wie Homöopathen die Menschen in Sierra Leone verarschen

Jörg berichtet über ein Projekt der HOG in Honduras. Er meint: „Nach Afrika gehen, Menschen betreuen, ok. Wer aber Homöopathie als Alternative zu Medikamenten bei AIDS verbreitet, gehört nicht ausgezeichnet sondern vor Gericht.“ Homöopathen ohne Grenzen e.V. kennt wirklich keine Grenzen

Weiterführende Links

HIV-Übertragung von Mutter auf Kind beim Stillen lässt sich mit Medikamenten fast immer verhindern

330.000 Todesfälle durch unterlassene HIV-Therapie in Südafrika

Studie widerspricht Wunderheiler

Klage eines Krebs-Patienten abgewiesen: Kasse muss nicht 4.200 EUR für Vitamin-Präparate erstatten – Gericht: Keine ausreichenden Indizien für Wirksamkeit – Berliner Sozialgericht bezieht sich auf eine Studie von Forschern der Charité

Rath foundation conduct illegal experiments

Anti-AIDS vitamin advertising banned

Literatur

Kousignian I et al. Effect of HAART, CD4 Cell Counts, and Viral Load on Incidence of AIDS-defining Events. Abstract 592. 12.CROI, 22.-25.02.2005

Boston, Sterne J et al. Long-term Effect of HAART in Preventing AIDS and Death Compared with No Treatment and with Dual Therapy: The Swiss HIV Cohort Study. Abstract 591. 12.CROI, 22.-25.02.2005, Boston

Weber R et al. HIV and Non-HIV-related Deaths and Their Relationship to Immunodeficiency: The D:A:D Study. Abstract 595. 12.CROI, 22.-25.02.2005, Boston

Estimating the lost benefits of antiretroviral drug use in South Africa, Chigwedere P., Seage GR, Gruskin S, Lee TH, Essex M (2008) Journal of Acquired Immune Deficiency Syndromes, 1 December 2008, 49 (4), 410-415.

Tröger U, Meyer F: „Validity of advertising claims for multivitamin preparation Vitacor 20/90 on the internet.“ British Medical Journal 1998, 317, 1069-1071

Die Wissenschaftslüge: Wie uns Pseudo-Wissenschaftler das Leben schwer machen, Ben Goldacre (2010) , Fischer Taschenbuch , 3. Auflage

Bildnachweis

„HIV-Infektionen weltweit“

Gapminder, HIV Chart 2009

Some Licence

Quelle: www.gapminder.org

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Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

3 Kommentare

  1. Helfen AIDS-Medikamente wirklich?

    Du schreibst:
    “Dabei sind antiretrovirale (ARV) Medikamente die wichtigsten Mittel, um das Leben von HIV-positiven Menschen zu verlängern.”

    Die AIDS-Medikamente-Hersteller schreiben jedoch:
    Ziagen® von GlaxoSmithKline (“At this time there is no evidence that Ziagen will help you live longer or have fewer of the medical problems associated with HIV or AIDS.”), Crixivan® von Merck (“It is not yet known whether Crixivan will extend your life or reduce your chances of getting other illnesses associated with HIV.”) und Viramune® von Boehringer Ingelheim (“At present, there are no results from controlled clinical trials evaluating the effects of Viramune on the incidence of opportunistic infections or survival.”)

  2. Mein Sohn hatte einmal das Problem der HIV / AID, die seit Jahren seine Ausbildung betroffen, gab ich ihm verschiedene Medikamente, aber es gab keine Lösung, ich das Netz zu suchen und ich fand den Kontakt von einem Arzt, der mich mit seinem Produkt helfen HIV beim Härten / AIDS, Krebs HERPES, HEP B, er Epilepsie Problem und andere tödliche Krankheiten, versicherte mir auch, dass es sich um eine dauerhafte Heilung ist, nahm meinen Sohn für nur 2 Wochen das Medikament und er war wieder normal. er jetzt getan hat fine.I alles dank Dr. Ariba jetzt geben Sie mir die glücklichste Person aus einem solchen Problem zu helfen, bin auf der Erde seit zwei Jahren für das Sehen mein Sohn besser zu machen again.you kann ihn auch in Verbindung treten auf draribaspelltemple@gmail.com , draribasolutioncenter@yahoo.com oder Sie können anrufen oder whatsApp auf +2348140439497 auch. und erhalten Sie das Produkt.

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