Versuchter Massenselbstmord in Frankfurts City

BLOG: Bierologie

Weissbier & Wissenschaft
Bierologie

Bereits im letzten Jahr fand 10^23, von Skeptikern gestartet, in Großbritannien statt. Ziel der Aktion: Ein öffentlich inszenierter Massenselbstmord, mit Hilfe von Homöopathischen Medikamenten. Und bereits letztes Jahr war die Aktion, in Todeszahlen ausgedrückt, nur mäßig erfolgreich. Was auch nicht weiter überraschend ist, ist in den Medikamenten doch kein Wirkstoff mehr sondern nur noch Zucker enthalten. Denn wenn die Nutzer der Homöopathie davon reden, dass sie ja nur ein sanftes, pflanzliches Medikament nehmen, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Sanft ist es nämlich ganz sicher. Die Gesetze von Physik und Chemie stellen nämlich sicher, dass bei den Verdünnungsreihen die man zur Herstellung von homöopathischen Medikamenten verwendet kein Wirkstoff vorhanden ist.

Ausschlaggebend ist dabei vor allem die Avogadro-Konstante, 6.022 * 10^23 (daher auch der Name der Aktion). Diese Konstante gibt nämlich an wie viele Atome oder Moleküle eines Stoffes in einer definierten Stoffmenge vorhanden sind. Und wenn man seinen Stoff jetzt stark unter diese Konstante verdünnt, dann heisst es nichts anderes, dass in der betrachteten Stoffmenge gar kein ganzes Molekül mehr vorhanden ist. Sprich aus einer absoluten Menge an Wirkstoff-Molekülen werden auf einmal nur noch reine Wahrscheinlichkeiten, dass überhaupt noch ein einzelnes Molekül in meinem Medikament vorhanden ist.

Wer glauben möchte, dass man solche Verdünnungen doch bei der Homöopathie nicht herstellt: Falsch! Bereits die „gebräuchliche” Verdünnung (oder „Potenzierung” wie die armen Irren das nennen) der Stufe D23 sorgt dafür, dass ein Stoff 23x um den Faktor 1:10 (oder eben um den Faktor 10^23) verdünnt wird. Und bei solchen Verdünnungsfaktoren hören die Homöopathen natürlich nicht auf. Neben den 10er-Verdünnungsreihen gibt es nämlich genauso gut noch die 1:100er-Verdünnungen. Und bei dem Faktor 100^200 ist die Anwesenheitswahrscheinlichkeit von Wirkstoff im Globuli ähnlich hoch wie die Wahrscheinlichkeit, dass sämtliche Atome meines Körpers spontan auf dem Mars anzutreffen sind.

Um auch in der Öffentlichkeit für diese Scharlatanerie zu sensibilisieren wurde das Experiment Massenselbstmord heute wiederholt, nur diesmal weltweit. Jeweils um 10:23 Uhr Ortszeit. Und auch in Frankfurt, auf der Zeil, wurde sich vor einer Apotheke zur kollektiven Selbstentleibung getroffen. Und was soll ich groß sagen: Es haben alle Versuchsteilnehmer überlebt (Ja auch der Hund, der vermutlich wegen des Zuckerschocks heute Nacht nicht schlafen wird).

Also tut euch, euren Kindern oder auch euren Haustieren den Gefallen und versucht es mit Arzneimitteln die auch wirklich welche sind und über den Placebo-Effekt hinaus wirksam sind. Und falls ihr noch Rest-Globuli habt, die vernichtet werden müssen: Nutzt sie wenn ihr was Süßes braucht, oder keinen Zucker mehr für den Kaffee habt.

Flattr this

Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

9 Kommentare

  1. Globuli als Zucker für den Kaffee, vielen Dank! Musste mich kringeln vor Lachen.
    Danke auch an alle Leute die teilgenommen haben, ich selber wusste davon leider nichts, vielleicht am 23. Oktober.

    Leider geht der Twitpic-Link nicht.

  2. Information :

    http://www.kidmed.de ist seit nun bald 10 Jahren

    DIE Internetseite

    FÜR seriöse (Kinder-)Medizin mit

    eingehender korrekter Elternberatung und

    sehr fundiert und üppig

    GEGEN die massivst um sich

    greifende Scharlatanerie- und Sekten-

    Kriminalität.

    Monatliche Seitenaufrufe über 700.000.

    Täglich weit über 1500 konzentrierte Leser.

  3. Sinnlos

    Das ist ein Schuss in den Ofen. Der Versuch wird den Gläubigen nur beweisen, dass Homöophatie im Gegensatz zu Industrieprodukten auch in Überdosis ungefährlich und im Einklang mit der Natur ist. Wirksam wäre eher der Nachweis, dass Homöophatieprodukte mehr Hydrogeniumoxide enthalten als Industrieprodukte und dass mehr radioaktives C14 drin ist, als Wirkstoff.

  4. @adenosine

    Mit keiner Kampagne der Welt kann man die ernsthaft Homöopathie-Gläubigen davon überzeugen, dass ihre Zucker-Leckerlis Bullshit sind. Aber ich glaube auch nicht, dass diese Leute die primäre Zielgruppe für solche Aktionen sind.

    Sondern die Leute, die relativ ahnungslos Globulis & Co schlucken, eben weil sie glauben, dass es einfach nur pflanzliche Arzeimittel sind und sich bislang keine weiteren Gedanken dazu gemacht haben.

  5. Pingback:Wissenschaft und Esoterik. Wie führt man die Debatte? › Gedankenwerkstatt › SciLogs - Wissenschaftsblogs

Schreibe einen Kommentar