Alles für die Umwelt! Insekten als Fleischersatz

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Wer sich schonmal um die Umwelt gesorgt hat (soll ja vorkommen!) hat sich bestimmt über den CO2-Ausstoß informiert. Vielleicht ist der- (oder die?)jenige dabei auch über Kühe als vermeintliche “Klimakiller” (doofes Wort) gestolpert. Kühe (und andere Nutztiere) emittieren eine ganze Menge Treibhausgase, vor allem Kohlenstoffdioxid (CO2, Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (Lachgas! N2O).

Dabei überrascht mich persönlich, dass Distickstoffmonoxid und Methan anscheinend schlimmere Treibhausgase als CO2 sind – in meinem Kopf war CO2 als Hauptverursacher des Klimawandels abgespeichert. So messen diese Damen und Herren vom Intergovernmental Panel on Climate Change CO2 ein global warming potential (frei: Klimaerwährmungspotential) von 1 GWP zu, Methan bekommt dagegen 25 GWP und Distickstoffmonoxid stolze 298 GWP!

Die Viehzucht trägt bei diesen drei Gasen in der globalen Freisetzung viel bei – bis zu 9% bei CO2, 40% bei Methan und 65% bei Distickstoffmonoxid! Kein Wunder, dass da an Lösungen gearbeitet wird, z.B. indem man den Tieren andere Nahrung verabreicht, oder gegen besonders “gasende” Darmbakterien angeht. Ein weiteres Problem: Die Freisetzung von Ammoniak, dass bei der Versauerung und Nitrifizierung des Bodens ein Problem darstellt. Der Anteil der Viehzucht hier: 64%.

Die billigste und schnellste Lösung wäre sicherlich der Umstieg auf anderes Essen – aber Obst und Gemüse? Da fehlen die tierischen Proteine. Deswegen: Insekten! Liegt ja auch auf der Hand. Wieviel Gas stößt ne Kakerlake denn aus? Darum hat sich ein Team um Dennis Oonincx aus den Niederlanden hat sich einige Insekten als Organismen rausgepickt und Gasemissionen sowie Ammoniakausscheidungen gemessen. Die Ergebnisse erschienen am 29.12. in PLoS ONE.

Frühstuück! Quelle: Peter Halasz, da noch Milch drauf, und fertig!

Folgende Insekten haben sie sich dabei angeschaut: Mehlkäfer-Larven (auch bekannt als Mehlwührmer, siehe Foto), Heimchen-Larven, Wanderheuschrecken-Larven, Kongo-Rosenkäfer-Larven und Schaben-Larven als auch Schaben-Imagos. Schaben und Kongo-Rosenkäfer werden zwar nicht als essbar angesehen, wurden aber trotzdem mit einbezogen, da sie sich trotzdem gut als Quelle f&uum;r tierische Proteine eignen. Essen tun Schaben ja eh alles, das kommt in der industriellen Aufzucht dann auch billiger.

Zur Untersuchung wurden die Tiere grob gesagt in geschlossene Käfige gesteckt, in denen dann der Gasaustausch gemessen wurde. Da Insekten als poikilotherme Wesen (im Gegensatz zu uns gleichwarmen Sägern) ihre Körpertemperatur nicht in einem kleinen Bereich halten müssen, verbrauchen sie weniger Energie, müssen also auch weniger essen. Deshalb sollten die untersuchten Insekten weniger Energie verbrauchen (und damit auch weniger Gase ausstoßen als Kuh und Schwein).

Und siehe da: Die CO2-Produktion pro kg in Gewichtzunahme war zwischen 39% und 129% im Vergleich zu Schweinen (naja), dafür bei 12-54% im Vergleich zu Rindern. In diesem Vergleich gewinnen also die Insekten. Ammoniak schienen zwei der untersuchten Spezies anscheinend nicht zu produzieren – 3-5.4 mg/kg Körpermasse/Tag bei den anderen 3 Spezies gegenüber 14-170 mg/kg KM/Tag für Rindern und 4.8-75 mg/kg BM/Tag bei Schweinen, hier scheinen die Insekten also auch zu gewinnen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die verwendeten Spezies. Ich lass das Ding fürs erste auf Englisch – wer eine Übersetzung benötigt, bitte melden!

tabelle1 Quelle: http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0014445#aff1i, P. marginata Kongo-Rosenkäfer, T. molitor Mehlwurm, B. dubia Schaben, A. domesticus Heimchen, L. migratoria Wanderheuschrecke

Man sieht also – in puncto Umweltfreundlichkeit scheinen die Insekten zu gewinnen, auch wenn es in dieser Studie viele Probleme gibt: so ist die Stichprobengröße bei den Insekten gering, die Literaturwerte für Rinder und Schweine schwanken stark (manche fehlen), zusätzlich gab es anscheinend mehrere Probleme bei den Gasmessungen – so begann das Futter einiger Arten anscheinend zu fermentieren und damit störende Gase freizusetzen, außerdem schwankte der Gasaustausch einiger Arten über den Verlauf des Experiments stark (wahrscheinlich war der Zeitraum zu kurz angesetzt, um die Schwankungen vollends in den Griff zu bekommen). Die Ausscheidungen der Insekten beeinflussten die Messungen je nach Art verschieden – einige fermentierten, einige waren dazu zu trocken.

Also: Wenn ihr wollt, dass die Erde sich nicht noch mehr erwärmt, müsst ihr eventuell in Zukunft auf Schabenkotelett zurückgreifen, anstatt Schweineschnitzel zu servieren. Man muss die Dinger ja nicht direkt essen – Proteine extrahieren und in sowas wie Schnitzelform zu pressen wird wohl reichen. Die Veganer machens vor.

Oonincx DG, van Itterbeeck J, Heetkamp MJ, van den Brand H, van Loon JJ, & van Huis A (2010). An exploration on greenhouse gas and ammonia production by insect species suitable for animal or human consumption. PloS one, 5 (12) PMID: 21206900

Veröffentlicht von

Philipp hat einen Bachelor in Biologie, ein Graduate Certificate in IT und studiert momentan für seinen Master in IT in einem übertrieben großen Land voller Spinnen und Schafe. Für die Bierologie schreibt er zumeist über Biologie, Evolution und allem was an den Rändern der Gebiete noch so angeschwemmt wird.

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