Piraten!

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Spätestens seit im Dezember der Supertanker Sirius Star vor Somalia einen außerplanmäßigen Halt einlegen musste, redet man wieder über Piraten. Und nicht nur das, man schickt sogar Kriegsschiffe hin. Unser Verteidigungsminister Franz-Josef Jung verspricht vollmundig, "der Geißel der Piraterie wirkungsvoll entgegenzutreten". Das ist allerdings nur ein schlechter Witz. Denn während die Bundesmarine Holzboote voller hungernde Somalis jagt, schickt Europa seine eigenen Piratenflotten zum plündern in die weite Welt hinaus.

Unsere Freibeuter jagen natürlich keine Schiffe, das wäre viel zu auffällig. Sie sind hinter Fisch her. Etwa ein Drittel aller Fangmengen, schätzt die Welternährungsorganisation, ziehen Piratenfischer in einigen Seegebieten an Land. Das Prinzip ist bestechend einfach: Um Fangquoten und Kontrollen zu umgehen, flaggen die Fischer aus den Industrieländern ihre Fangschiffe einfach aus – in Billigflaggenländer, die keinem Fischereiabkommen beigetreten sind. Diese "Flags of Convenience" vergeben Fischereilizenzen, ohne sich um Kontrollen oder Quoten zu kümmern. Zu diesen Ländern, die so die Piraterie fördern, gehören neben Belize und Jamaika auch EU-Staaten wie Malta oder die Slowakei.

Auf vier Milliarden Euro wird der jährliche Schaden durch Piratenfischerei geschätzt, und diese Summe wird den Ärmsten der Armen gestohlen. Etwa eine Milliarde Menschen sind vom Fisch als hauptsächliche Proteinquelle abhängig, die meisten von ihnen Küstenfischer in Drittweltländern. Gerade solche Staaten können ihre Seegebiete nicht kontrollieren und schon gar nicht vor den Piratenfischern schützen, mit dem Ergebnis, dass gerade dort besonders viel illegal gefischt wird und für die einheimischen Fischer nichts übrig bleibt.

Die Piraten kommen aus Spanien, Japan oder den USA, und der Fisch, den sie stehlen, landet auf unseren Tellern. Ein Viertel des hierzulande verkauften Fisches sei illegal gefangen, schätzt Greenpeace. Somalia entsteht nach Angaben der Vereinten Nationen auf diese Weise jährlich ein Schaden von 300 Millionen Euro.

Bis zu 1400 deutsche Soldaten sollen jetzt also im Rahmen der Operation Atalanta am Horn von Afrika Piraten jagen. Zumindest die afrikanischen. Die Europäer haben selbstverständlich nichts zu befürchten und dürfen selbstverständlich nach Herzenslust weiter plündern, vor Somalia und anderswo.

Wetten?

6 Kommentare

  1. @ Fische und Fischer

    Schon wahr.

    Nur wird die “Moral von der Geschicht'” ein klein wenig dadurch verwässert, dass die Herren Piraten – zumindest meines Wissens – nicht die Fischtrawler attackieren, die Ihnen die Lebensgrundlage entziehen, sondern sich lukrativere Beute suchen.

  2. Was tun?

    Was kann man dagegen tun? Sich vorher informieren, woher der Fisch kommt? Kann der Verbraucher das überhaupt in Erfahrung bringen? Ich esse kein Fisch und bin damit mal wieder fein aus dem Schneider.

  3. Schnüff…

    “… Holzboote voller hungernde Somalis …”

    Welche rührseligen Schicksale erwarten uns denn künftig noch? Rebellenarmeen ohne Krankenversicherungskarte? Drogenbarone ohne Rentenanspruch? Folterknechte ohne Berufsunfähigkeitsversicherung?

  4. Fisch fängt immer am Kopf zu stinken an

    Nicht nur Fischers Fritz fischt frische -Fische, auch andere wollen sich an den Meeresschätzen bereichern. Wie sollen wir Konsumenten da reagieren und differnzieren? Nur noch deutschen / europäischen Fisch essen? Der somalische Fisch fängt leider wieder mal am politischen Kopf zu stinken an und gegen den kommen keine Kriegsschiffe an!

  5. Globale Piraterie

    Solange die Menschheit existiert,
    werden die kleinen Piraten gehangen und die großen geschützt. Bekanntlich haben die globalen Piraten bzw. Ganoven jene Politiker und Entscheidungsträger bestochen, die sie schützen. Man nennt das “Gemeinschaftsfördernde spenden”, die man steuerlich absetzen kann. Die von unseren Politikern geförderte “Glabalisierung” hat sich als wirtschaftlich internationale Piraterie entwickelt. Einheimische arbeiter und Ingenieure werden entlassen, die Produktion (plus know How) wird an asiatische sklavenhalter vergeben und die Verursacher der globalen Finanzaffären werden – wie immer – geschützt. Der klein mann wirds schon richten!

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