Zehn Jahre Gen-Mais in Spanien – eine (ökonomische) Bilanz

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Seit 1998 bauen Landwirte in Spanien transgenen Mais kommerziell an. Die Pflanzen enthalten ein zusätzliches Gen, in dem das Bt-Toxin codiert ist. Das Insektizid schützt die Feldfrucht vor dem Maiszünsler, einem verbreiteten Pflanzenschädling. 2006 wuchs der Bt-Mais auf 53.000 Hektar Ackerland, etwa 15% der gesamten Maisanbaufläche in Spanien.

In der Öffentlichkeit werden fast ausschließlich die ökologischen und gesundheitlichen Aspekte der Grünen Gentechnik thematisiert. In der aktuellen Ausgabe von Nature Biotechnology legen spanische Agrarwissenschaftler jetzt eine ökonomische Bilanz des genetisch veränderten Mais vor. 

Es handelt sich nur um eine Zuschrift und keinen eigentlichen Artikel, die Daten sind nicht durch den Peer Review gegangen. Die Zahlen und die resultierenden Schlussfolgerungen klingen trotzdem ganz brauchbar, die Autoren sind vom JRC der EU-Kommission und der Uni Cordoba. Die Forscher haben – leider sagen sie nichts über die Methodik – Bt-Mais und konventionellen Mais gegenübergestellt und Erträge, Saatgut- und Pestizidkosten und Reingewinne pro Hektar gegenübergestellt. Die Ergebnisse sind gemischt, aber aufschlussreich.

In der Region Zaragoza erhöhte der Einsatz des veränderten Getreides die Hektarerträge um mehr als zehn Prozent. Außerdem sank der Einsatz von Pestiziden beim Bt-Mais um fast zwei Drittel – Nach Angaben der Autoren verzichteten 70 % der Bauern dort ganz auf Pestizide. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern bringt auch dem Landwirt bares Geld. Insgesamt stieg der jährliche Reingewinn pro Hektar um bis zu 122 Euro, etwa ein Zehntel des Gesamtgewinns.  Derartige Erfahrungen sprechen sich herum. In Gebieten mit hoher Maiszünsler-Dichte verwenden nach Angaben der Autoren bis zu 60 % der Landwirte den Bt-Mais.

Allerdings ist die Verwendung des Gen-Maises keineswegs grundsätzlich sinnvoll. Die Vorteile verschwinden, sobald der Maiszünsler nicht mehr in großen Mengen auftritt. In den beiden anderen spanischen Regionen, die von den Autoren ausgewertet wurden (Albacete und Lleida), brachte die Gen-Pflanze weder gesteigerte Hektarerträge noch zusätzliche Gewinne. Die Einsparungen beim Pestizideinsatz waren deutlich geringer als in Zaragoza und wurden durch die höheren Kosten des Saatgutes wieder aufgefressen.

Weshalb setzen Landwirte auch in kaum vom Maiszünsler betroffenen Gebieten dennoch den Bt-Mais ein? Die meisten Bauern gaben an, auf diese Weise präventiv das Risiko jährlicher Schwankungen durch Schädlingsbefall zu reduzieren – um Planungssicherheit zu erlangen.

Die Untersuchung zeigt: Gentechnisch verändertes Saatgut ist beileibe kein Wundermittel, ihr Einsatz ist jedoch für die Bauern durchaus ökonomisch sinnvoll. Ertragssteigerung, Planungssicherheit, das sind knallharte Argumente, die für den Bt-Mais sprechen.

Verglichen damit bieten die weit verbreiteten Bedenken gegenüber der Grünen Gentechnik wenig Greifbares. Ich hatte hier und hier schon einmal versucht, die Probleme und Risiken von GMO-Feldfrüchten zusammenzustellen. Ingesamt ist das Resultat eher dürftig, obwohl ich sogar darauf verzichtet habe, die aufgezählten potentiellen Risiken gegen die Vorteile abzuwägen, die Grüne Gentechnik mit sich bringt.

Auf der einen Seite handfeste wirtschaftliche Vorteile, auf der anderen diffuse Ängste und Risiken – in dieser Konstellation werden sich derartige Nutzpflanzen über kurz oder lang auch im Rest der EU durchsetzen.

Dank an Argent23 von Holliday Junction für den Hinweis.

Manuel Gómez-Barbero, Julio Berbel, Emilio Rodríguez-Cerezo (2008). Bt corn in Spain—the performance of the EU’s first GM crop Nature Biotechnology, 26 (4), 384-386 DOI: 10.1038/nbt0408-384

2 Kommentare

  1. Die “diffusen Ängste” sind…

    Ich habe ja Deine letzten Artikel zu Risiken und Chancen der grünen Gentechnik gelesen und freue mich über die gewohnt souveräne Behandlung der Thematik.

    Es gäbe zu diesem Thema freilich noch viel mehr zu sagen, aber prinzipiell stimme ich Dir zu, daß es keinen Anlaß für eine übergroße Furcht vor gesundheitlichen Gefährdungen gibt. Daß diese aber nicht zur Gänze auszuschließen sind, daß ökologische “Kollateralschäden” ebenfalls einkalkuliert werden müssen, darf aber nicht unter den Tisch fallen (was Du ja nicht machst, ich erwähne es dennoch nochmal).

    In einem Punkt muß ich Dir allerdings widersprechen. Du schreibst:

    “Auf der einen Seite handfeste wirtschaftliche Vorteile, auf der anderen diffuse Ängste und Risiken…”

    Hier muß ich (auch aufgrund eigener empirischer Studien) reklamieren, denn die Tatsache, daß Ängste/Vorbehalte sich nur “diffus” äußern, heißt ganz und gar nicht, daß sich die Ablehnung solcher Technologien mit der Zeit von selbst erledigen wird.

    Ganz im Gegenteil: gerade die Diffusität der Risikowahrnehmung kann als Erklärung für die relativ geringe Akzeptanz der grünen Gentechnik angesehen werden.

  2. Ich denke auch nicht

    …dass die Vorbehalte in der allgemeinen Bevölkerung weggehen werden. Im Gegenteil.

    Aber mir geht es hier vor allem um die Anwender, also um diejenigen, die konkret vor der Entscheidung stehen, ob sie Gentechnik einsetzen oder nicht. Und bei denen wird sich die Ablehnung in dem Moment erledigen, wenn sie Kosten und Nutzen abwägen.

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